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Das Lied der schwarzen Berge

Das Lied der schwarzen Berge

Titel: Das Lied der schwarzen Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sekundenschnelle, wenn er den Felsen aufsprengte und den See wie eine Sintflut über die Täler kommen ließ.
    Jossip berauschte an diesen Gedanken sein aufgewühltes Innere und steigerte seine Rache in die Bereiche göttlicher Vergeltung. Gott hat mir den See gezeigt, dachte er, um damit alle zu strafen, die mir Leid antaten. Aber bevor sie ertrinken, will ich Rosa retten. Rosa, den einzigen Menschen, den ich liebe und der mir gehört … versprochen in der Wiege von unseren Vätern nach alter Sitte.
    Er saß jetzt öfter als sonst in den Schneisen des Waldes oder hinter hervorspringenden Felsnasen und blickte hinunter auf den Bau der Talsperre. Er lächelte über den Eifer der tausend Menschen. Wie schnell würde alles vernichtet werden, wenn er den Felsen öffnete. Wie einst die Posaunen von Jericho die Mauern umbliesen, so würde das Wasser seines Felsens auch diese starken Mauern aus Eisen und Beton zersplittern wie dünnes Reisig. Und nichts würde dann sein als ein riesiger See, über dem er allein der Herr war, ein König in einer gewaltigen Landschaft.
    Nachts besuchte er nach der Schneeschmelze oft seinen eingeschlossenen See. Mit Fackeln in der Hand schlich er durch den Wald und verschwand in der kleinen Höhle, die sich erst langsam weitete, bis die riesige Halle mit dem See vor ihm lag. Aus Rinden und Hölzern hatte er sich am Rande des Sees, auf dem glitschigen Felsen, ein Boot gezimmert, überzogen und dicht gemacht mit geschälten Hammelhäuten, die er in flüssigen Tiertalg tauchte und dann trocknen ließ. Mit diesem Boot und einem geschnitzten Ruder fuhr er eines Nachts hinaus auf den See, die Fackel in der einen Hand, mit der anderen rudernd.
    Das Wasser war wie Silber … er sah auf seiner Fläche seine Fackeln wieder, sein Gesicht, den Kiel des Bootes und den Stiel des Ruders. Er ruderte mit Schrecken im Herzen, denn noch immer reichte der Schein seiner Fackeln nicht bis zum anderen Ufer und der gegenüberliegenden Felswand. Auch die Höhe blieb dunkel und geheimnisvoll … sie war wie die riesige Kuppel eines Domes.
    Ab und zu warf er große Steine in die Tiefe … er hörte ihren Aufschlag nicht, solange er auch zählte. Da unterließ er, von Grauen gepackt, das Zählen und ruderte vorsichtig weiter. Immer geradeaus, der gegenüberliegenden Wand entgegen.
    Nach vielen, vielen Ruderschlägen stieß er endlich am jenseitigen Ufer an … einer steilen Wand, die keinerlei Standmöglichkeit bot. Hier war auch das Rauschen stark wie bei einem Wasserfall. Jossip sah an der Oberfläche, daß in diesem Teil des Sees eine Strömung war … ein unsichtbarer Fluß mußte sein Wasser in diese Riesenhöhle abgeben … wohin es wieder abfloß, wußte Jossip nicht … vielleicht in einen langen, unterirdischen Kanal, der irgendwo, kilometerweit entfernt, als starke Quelle zu Tage trat und einen oberirdischen Fluß gebar. Vielleicht die Piva oder die Tara?
    Jossip ruderte an der Wand entlang, um den See herum, bis er wieder zu der Stelle kam, an der sein Rock, sein Handwerkzeug und neue Fackeln lagen. Die alten waren niedergebrannt – nur eine einzige leuchtete noch schwach. Mit ihr entzündete er die anderen und verbrannte dann das Boot am Ufer des unterirdischen Sees. Niemand sollte mehr über dieses Wasser fahren – er allein war sein Herr geworden, kannte sein Geheimnis und wußte um seine Größe.
    In dieser Nacht schlief Jossip nicht … er starrte durch das Fenster hinaus auf die dunklen Felsen und den klaren Himmel, dem er so nah war wie keiner in Zabari. Das Ungeheure seiner Entdeckung warf auch ihn zu Boden. Er begriff, was es bedeutete, dieses Geheimnis als einziger zu besitzen, ein Geheimnis über Leben und Tod einer ganzen Landschaft.
    Das Eintreffen Elenas in Zabari und die Wegfahrt Osiks, allein und ohne die fremde Frau, wie Jossip beobachtete, mußte eine Wendung herbeiführen. Jossip spürte es. Nie würde Rosas Ehre es ertragen, neben Elena zu leben … entweder ging die fremde Frau – oder Rosa ging. Und dann kam sie zu ihm, zu Jossip, dem Hirten, der eine Hütte für sie gebaut hatte und dreißig Schafe hatte, die sie ernähren konnten. Sie, Jossip und viele Kinder …
    Am nächsten Abend stieg Jossip von seinen Felsen hinab nach Zabari. Er wollte in der Dunkelheit noch einmal zu der Hütte der Suhajas schleichen und Rosa sprechen. Er wollte ihr erzählen von der Größe seines geheimen Reiches und von dem Wohlstand, den sie beide haben würden, wenn er dieses Geheimnis verkaufte an die

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