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Das Lied der schwarzen Berge

Das Lied der schwarzen Berge

Titel: Das Lied der schwarzen Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gestohlen hatte, entfachte er die Schnur und sah, wie die kleine, blaue Flamme mit rasender Geschwindigkeit die Schnur entlanglief und den Felsen höher und höher kletterte … den Sprenglöchern entgegen … dem riesigen Tod des ganzen Landes …
    Auch Meerholdt sah die kleine Flamme den Berg hinaufzischen … er schrie noch einmal auf und stürzte vorwärts.
    Jossip stand mit dem Rücken an den Felsen gelehnt und ließ den großen Knüppel kreisen … immer um sich herum wie einen großen Kreis der Vernichtung. Meerholdt stand vor ihm, zerrissen, blutend … auf die kleine blaue Flamme starrend.
    »Jossip! Das ist Irrsinn!« keuchte er. »Reiß die Schnur ab! Du weißt nicht, was du tust!«
    »Ich weiß es!« schrie Jossip zurück. »In drei Minuten seid ihr alle ersäufte Ratten!« Er lachte grell und hieb um sich, als sich Meerholdt auf ihn stürzen wollte.
    »Was haben dir die tausend Arbeiter getan?« brüllte Meerholdt. »Was haben dir die Bauern getan … deine Freunde, deine Brüder, das Vieh … du wirst sie alle vernichten! Reiß die Schnur ab …«
    »Die Welt soll untergehen!« Jossips Gesicht war nicht mehr menschlich … er grinste und hieb um sich. Den Schweiß, der über sein Gesicht und seinen Mund lief, leckte er auf … ein Untier war er in diesem Augenblick seines höchsten Triumphes, ein Körper ohne Seele, ohne Gedanken, ohne Empfinden, ohne Gehör und Gesicht. Er schwankte vor Wonne und schrie dazu mit einer Stimme, die Meerholdt frieren ließ.
    »Du sollst alles bekommen, Jossip.« Meerholdt stand machtlos vor dem Irren und seinem kreisenden Knüppel. »Du sollst die 100.000 Dinare bekommen, die Freiheit, keine Strafe … du sollst alles haben … nur lösch die Schnur aus! Du weißt nicht, was du tust …«
    »Gib mir Rosa!« schrie Jossip zurück.
    Meerholdt schloß die Augen. Vor seinen Lidern flimmerte es. In wenigen Minuten wird der Felsen aufreißen … der eingeschlossene See wird hervorstürzen, er wird das Tal ersäufen mit allem, was in ihm ist … tausend Arbeiter … die Soldaten … die Herden … die Bauern … die Häuser … den Staudamm … das Turbinenhaus … das Lager … die Wagen, das Material, Millionenwerte … alles, alles wird vernichtet sein … wegen Rosa …
    Meerholdt ballte die Fäuste … seine Fingernägel rissen die Handflächen auf.
    »Ich gebe dir auch Rosa!« schrie er grell. »Nur reiß die Schnur ab …«
    Jossip blickte sich um … auf halber Höhe zischte die Flamme empor … noch drei Minuten, und der Felsen riß auseinander. Da sah er über dem Berg eine dichte Rauchwolke aufsteigen … kerzengerade stand der Rauch über dem Plateau, hinter dem seine Hütte verborgen war.
    Jossip umklammerte seinen Knüppel. Die Hütte … Elena … sie hat die Hütte in Brand gesteckt … sie ist frei … meine Hütte brennt … die Hütte für mich und Rosa …
    »Sterben sollt ihr alle!« schrie er mit sich überschlagender Stimme. Er weinte plötzlich, und weinend, vor Wut weinend, schlug er auf Meerholdt ein und trieb ihn vor sich her, weg von der Schnur, die den Tod bedeutete.
    Im Tal sah Hauptmann Vrana den Feuerschein in den Bergen und die dichte Qualmwolke. Er zeigte hinauf und rannte zu seinen Soldaten. »Sieben Mann mit mir!« kommandierte er. »Wenn etwas brennt, dann kann es nur Jossips Hütte sein! Wir haben ihn! Jungs – wir haben ihn!«
    Die acht Mann kletterten den Hang hinauf.
    Noch immer wälzte sich der Strom der Flüchtenden aus Zabari hinaus. Die letzten Herden wurden weggetrieben, die Arbeiter am Wall räumten die Maschinen weg … Stanis Osik stand auf einem Seitenhügel und sah hinüber zu dem Rauch, der aus den Felsen stieg.
    Elena, dachte er. Elenanja … Wenn sie dich retten, stifte ich eine Million für eine neue Kirche in Zagreb!
    Ralf Meerholdt hatte sich gebückt … mit Steinen bewarf er Jossip, der noch immer den großen Knüppel kreisen ließ.
    In diesem Augenblick berührte jemand Ralfs Arm. Er fuhr herum und ließ die Steine, die er eben aufgenommen hatte, fallen. Rosa stand hinter ihm, bleich und schmal, mit großen, brennenden Augen.
    »Rette dich!« schrie er grell. »Mein Gott … rette dich! Gleich ist es vorbei!«
    Sie ging an Meerholdt vorüber, auf Jossip zu. Wie wild schlug Jossip um sich, als er sie kommen sah.
    »Fort, du Hure!« kreischte er. »Fort! Fort!«
    »Ich will bei dir bleiben, Jossip.« Rosa hob beide Hände, flehend, mit einer kindlichen, fast betenden Gebärde. »Ich will deine Frau werden … nur tu es

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