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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Pause. »Schön zu sehen, daß du mich vermißt hast«, sagte Carol trocken und begab sich unter die Dusche. Als sie wieder daraus auftauchte, hatte Nelson sich eindeutig entschlossen, ihr zu verzeihen. Er folgte ihr überallhin, schnurrte dabei liebevoll und setzte sich auf jedes Kleidungsstück, das sie aus dem Schrank nahm und aufs Bett legte.
    »Du böser Junge«, schimpfte Carol und zog ihre schwarzen Jeans unter ihm weg. Nelson hörte nicht auf, sie schmachtend anzuschnurren. Als sie die Jeans anhatte, bewunderte sie den Schnitt und den Sitz im Spiegel des Kleiderschranks. Es waren Jeans von Katharine Hammett, aber sie hatte in einem Secondhandshop in der Kensington Church Street nur zwanzig Pfund dafür bezahlt. Dort ging sie zweimal im Jahr hin, um sich die Designerkleidung als Schnäppchen zu kaufen, die sie so gern trug, sich aber neu nicht leisten konnte, nicht einmal jetzt mit dem Inspector-Gehalt. Das cremefarbene Leinenhemd stammte von French Connection, die gerippte graue Strickjacke hatte sie im Geschäft einer Ladenkette für Männerkleidung gekauft. Carol zupfte ein paar schwarze Katzenhaare von der Jacke und bemerkte dabei Nelsons vorwurfsvollen Blick. »Du weißt, daß ich dich liebe, aber ich brauche dich nicht auch noch an mir zu tragen«, erklärte sie.
    »Du wärst geschockt, wenn er dir antworten würde«, sagte eine männliche Stimme von der Tür her.
    Carol drehte sich zu ihrem Bruder um, der sich in seinen Boxershorts gegen den Türrahmen lehnte, das blonde Haar zerzaust, die Augen noch verschlafen. Sein Gesicht war Carols sehr ähnlich, als ob jemand ein Foto von ihr in einen Computer gescannt und dann vorsichtig die weiblichen Züge in männliche umgestaltet hätte. »Ich habe dich doch nicht aufgeweckt, oder?« fragte sie besorgt.
    »Nein. Ich muß heute nach London. Die Geldleute kommen.« Er gähnte.
    »Die Amerikaner?« Carol ging in die Hocke und kraulte Nelson hinter den Ohren. Der rollte sich daraufhin prompt auf den Rücken und hielt ihr den vollen Bauch hin, um auch dort gestreichelt zu werden.
    »Richtig. Sie möchten sich ausführlich zeigen lassen, was wir bis jetzt auf die Beine gestellt haben. Ich habe Carl gesagt, daß wir noch nichts besonders Beeindruckendes zu bieten hätten, aber er meinte, sie würden sich hauptsächlich rückversichern wollen, daß sie das Geld, das sie in die Entwicklung stecken, nicht in ein Faß ohne Boden schütten.«
    »Die Freuden der Software-Entwicklung«, erwiderte Carol und kniff Nelson in sein Fell.
    »Super-Spitzen-Software-Entwicklung, wenn ich bitten darf. Und was machst du heute? Was spielt sich in der Killerszene so alles ab? Ich habe in den Nachrichten gehört, daß ihr die nächste Leiche in der Serie gefunden habt.«
    »Ja, sieht so aus. Unsere Bosse haben sich endlich dazu durchgerungen, die Morde als die eines Serienkillers zu betrachten. Und sie haben einen Psychologen ins Spiel gebracht, der mit uns zusammenarbeiten und eine Profilanalyse des Verbrechers erstellen soll.«
    Michael pfiff durch die Zähne. »Donnerwetter, die Polizei von Bradfield wagt den Schritt ins zwanzigste Jahrhundert! Wie hat Popeye das denn aufgenommen?«
    Carol verzog das Gesicht, senkte dann die Stimme und machte Tom Cross’ Bradfield-Akzent nacht: »Er mag das etwa so, wie wenn ihm jemand mit einem spitzen Zahnstocher eine Fliege aus dem Auge popelt. Er meint, es sei nichts als verdammte Zeitverschwendung. Und als Brandon mich zur Verbindungsbeamtin zu dem Psychologen ernannt hat, hat er die Ohren gespitzt.«
    Michael nickte, zynisch grinsend. »Er will zwei Fliegen – dich und den Psychologen – mit einer Klappe schlagen.«
    Auch Carol grinste. »Nun ja, das wird er nur über meine Leiche schaffen.« Sie richtete sich auf. Nelson miaute protestierend. Carol seufzte und ging zur Tür. »Ich muß wieder zur Arbeit, Nelson. Danke, daß du mich von meinen Leichen abgelenkt hast.«
    Michael trat zurück, um sie durch die Tür zu lassen, und drückte sie kurz an sich. »Dein Schlachtruf, meine liebe Schwester, muß lauten: Es werden keine Gefangenen gemacht!«
    Carol schnaubte in gespielter Empörung. »Ich glaube, mein lieber Bruder, du hast die ethischen Grundprinzipien der Polizeiarbeit außer acht gelassen.«
    Als sie hinter dem Steuer ihres Wagens saß, waren Michael und Nelson vergessen. Sie war wieder bei ihrem Mörder.
    Jetzt, zwei Stunden und einen Stapel Ermittlungsberichte später, kam ihr ihr Zuhause so fern vor wie die Erinnerung an einen

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