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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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A, aber kein Wirbelsäulentrauma, was die Möglichkeit einer Folter auf der Streckbank ausschließt. Große Anzahl kleiner, sternförmiger Brandwunden auf dem Torso. Penis postmortal abgeschnitten und dem Opfer in den Mund gesteckt.
    Frage: Befanden sich Damien Connollys Handschellen noch in seinem Haus oder seinem Spind in der Polizeistation?
    Frage: Warum werden die Leichen stets in der Nacht von Montag auf Dienstag abgelegt? Wieso muß der Täter montags nicht arbeiten? Arbeitet er nachts und hat von Montag auf Dienstag frei? Ist er vielleicht verheiratet und kann montags unbemerkt weggehen, weil seine Frau sich dann mit Freundinnen trifft, zum Beispiel zu einem regelmäßigen Damenabend? Oder ist es so, daß der Montag
kein
traditioneller Tag zum Ausgehen ist und er deshalb sicherer sein kann, seine Opfer zu Hause anzutreffen?
    Carol merkte, daß Tony zurückkam, aber sie las weiter, nur die Hand hebend und ihm damit zeigend, daß sie seine Rückkehr registriert hatte. Als sie am Ende der Zusammenstellung angekommen war, atmete sie tief durch und sagte: »Nun, Dr.Hill, Sie waren verdammt fleißig.«
    Tony lächelte und stieß sich vom Türrahmen ab, an den er sich gelehnt hatte. »Ich glaube nicht, daß es da irgendwas gibt, das Sie nicht bereits sauber in Ihrem Kopf abgespeichert haben.«
    »Das stimmt, aber es macht alles viel klarer, wenn man es so zusammengefaßt vor Augen hat.«
    Tony nickte. »Er hat ein ganz spezielles Strickmuster.«
    »Wollen wir gleich darüber sprechen?«
    Tony schaute auf den Boden. »Ich möchte es lieber zunächst dabei bewenden lassen. Ich muß das alles erst einmal verarbeiten und noch den Rest der Zeugenaussagen durchgehen, ehe ich daran denken kann, ein Profil zu erstellen.«
    Carol vermochte eine leichte Enttäuschung nicht zu unterdrücken. »Ich verstehe«, war alles, was sie sagte.
    Tony lächelte. »Haben Sie mehr erwartet?«
    »Nicht wirklich.«
    Er lächelte noch breiter. »Nicht mal ein kleines bißchen?«
    Jetzt mußte auch Carol lächeln. »Gehofft habe ich darauf, erwartet habe ich es nicht. Übrigens, eines habe ich nicht verstanden. Was bedeutet DOP , DMP , VOP und VMP ?«
    »Derzeit ohne Partner. Derzeit mit Partner. Vorher ohne Partner. Vorher mit Partner. Initialwort-Schöpfungsdrang. Das ist die Krankheit, die uns alle befällt, die wir in den ›nicht-exakten‹ Wissenschaften wie Psychologie oder Soziologie tätig sind. Wir wollen damit die Uneingeweihten beeindrucken. Tut mir leid. Ich werde in Zukunft versuchen, die Dinge sowenig wie möglich durch Fachchinesisch zu erschweren.«
    »Damit Sie uns geistig Minderbemittelten nicht verwirren, wie?« scherzte Carol.
    »Es ist eher eine Art Selbstschutz. Ich will auf keinen Fall den Skeptikern einen Stock in die Hand geben, mit dem sie auf mich eindreschen können. Es ist schon schwer genug, die Leute dazu zu bringen, daß sie meine Berichte überhaupt lesenswert finden, da will ich sie nicht auch noch mit all dem pseudowissenschaftlichen Kauderwelsch vor den Kopf stoßen.«
    »Ich glaube Ihnen«, erwiderte Carol in ironischem Ton. »Wollen wir aufbrechen?«
    »Ja. Aber da ist noch was, was ich Ihnen zu denken geben möchte«, sagte Tony, plötzlich wieder ganz ernst. »Es betrifft die Opfer. Alle gehen davon aus, daß der Killer es auf schwule Männer abgesehen hat. Nun, wir haben Hunderte, wenn nicht gar Tausende von männlichen Homosexuellen in Bradfield. Wir haben außer London die größte Schwulenszene im ganzen Land. Aber keines der Opfer hatte eine uns bekannte homosexuelle Neigung. Was können wir daraus folgern?«
    »Handy Andy verheimlicht seine Homosexualität und macht sich an Männer ran, die sie ebenso verheimlichen«, riskierte Carol als Antwort.
    »Vielleicht. Aber wenn die Opfer sich alle sexuell normal verhalten, wie trifft er sie dann?«
    Carol strich das Papier vor sich glatt, um Zeit zu gewinnen. »Kontaktmagazine? Zeitungsanzeigen? Telefondienste von Schwulen für Schwule? Das Internet?«
    »Okay, das sind alles Möglichkeiten. Aber es gab den Berichten der Polizeibeamten nach, die die Häuser der Opfer durchsucht haben, keinerlei Hinweise auf ein Interesse an solchen Dingen. In keinem einzigen Fall.«
    »Was wollen Sie denn nun damit sagen?«
    »Ich glaube nicht, daß Handy Andy sich was aus schwulen Männern macht. Ich glaube, er mag sie normal.«
     
    Sergeant Don Merrick hatte noch nie so die Schnauze voll gehabt wie jetzt. Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, daß Popeye ihm wegen

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