Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
hast du recht. Und ich glaub’ nicht, daß der Mörder mehr im Sinn gehabt hat als ein bißchen Spaß.«
    Merrick hob die Augenbrauen. »Du meinst, er hat Spaß dran, Leute abzumurksen?«
    Stevie schüttelte den Kopf. »Nein, nein, da hast du mich nicht richtig verstanden. Ich denk’ nicht, daß er von vornherein drauf aus ist, die Kerle zu killen. Nein, es ist so was wie ein Unfall, wenn du verstehst, was ich meine. Sie machen ihre Spielchen, und unser Mann verliert die Kontrolle über sich, die Sache gleitet ihm aus der Hand. Er ist anscheinend stark, so wie er die Leichen durch die Gegend schleppt. Er ist bestimmt kein weichlicher Schwächling, meinst du nicht auch? Wenn er ein echter Bodybuilder ist wie ich, kennt er vielleicht die Grenzen seiner eigenen Stärke nicht. Könnte jedem passieren«, fügte er nach einer kurzen Pause hinzu.
    »Viermal?« fragte Merrick ungläubig.
    Stevie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht haben sie’s herausgefordert. Verstehst du, was ich meine? Haben ihn gehänselt oder verspottet oder so was. Ich kenn’ das, Don, und ich sag’ dir, es hat Situationen gegeben, da hätt’ ich manchen dämlichen Bastard am liebsten auch erwürgt.«
    Der Spürhund in Merrick zerrte an der Leine. Carol Jordan war nicht die einzige, die sich mit der Psychologie von Serienkillern beschäftigt hatte. Merrick hatte von Fällen gelesen, in denen Mörder solche Rechtfertigungen vorbrachten und damit vor anderen prahlten. Wie er wußte, hatte der Yorkshire Ripper seinen männlichen Freunden gegenüber damit angegeben, er »kümmere sich« um Prostituierte. Merrick wollte Stevie im Verhörzimmer haben. Das Problem war nur, wie er ihn dorthin kriegen sollte.
    Er räusperte sich. »Ich glaube, der einzige Weg, das zu vermeiden, ist der, daß man, bevor man mit jemandem ins Bett steigt, sich die Zeit nimmt, ihn kennenzulernen.«
    »Genau das sag’ ich auch. Sollen wir von hier abhauen? Vielleicht ’ne Tasse Kaffee in der Imbißstube trinken, damit wir uns ein bißchen näher kennenlernen?«
    »Gute Idee«, antwortete Merrick und stellte seine Bierflasche auf einen Tisch in der Nähe. »Gehen wir.« Sobald sie draußen waren, ließ sich sein Minifunkgerät auf »Senden« stellen, und eines der Unterstützungsteams würde sofort zur Stelle sein. Und dann konnten sie Stevies angeberisches Verhalten in der Scargill Street unter die Lupe nehmen.
    Obwohl es schon nach Mitternacht war, war in den Straßen um das Höllenloch noch eine Menge los. »Da lang«, sagte Stevie und zeigte nach links. Merrick steckte die Hand in die Jackentasche und drückte den Schalter des Funkgeräts in die richtige Position.
    »Wo gehen wir denn hin?« fragte er.
    »In Crompton Gardens ist eine Imbißstube, die die ganze Nacht über auf hat.«
    »Sehr gut, ich habe große Lust darauf, ein Schinkensandwich zu verdrücken«, sagte Merrick.
    »Sehr schlecht für deine Gesundheit, all das Fett«, erwiderte Stevie ernsthaft.
    Als sie um die Ecke der Gasse bogen, die zum Crompton Square führt, hörte Merrick, daß hinter ihm jemand aus einem dunklen Torweg trat. Das Geräusch der Schritte ließ ihn herumfahren.
    Wie in der Silvesternacht, war sein letzter bewußter Gedanke, als tausend Lichtblitze hinter seiner Stirn aufzuckten.

[home]
Auf 3 ½-Zoll-Diskette, Beschriftung: Backup. 007 ;
Datei Love 007 .doc
    Es dauerte nicht so lange, wie ich gedacht hatte. Als er nach der Dislokation seiner Gliedmaßen in Ohnmacht gefallen war, erwies es sich als unmöglich, ihn da rauszuholen. Ich wartete stundenlang, aber nichts brachte ihn wieder zu Bewußtsein – weder Schmerz noch kaltes Wasser noch Wärme. Ich war sehr enttäuscht, wie ich zugeben muß. Seine Qualen waren nur ein Schatten meiner eigenen gewesen, seine Bestrafung nicht ausreichend für den Treuebruch, der die Ursache dafür war. Kurz nach Mitternacht brachte ich zu Ende, was zu Ende gebracht werden mußte, ordentlich und schnell. Dann nahm ich ihn von der Streckbank und schob ihn in Hockstellung in einen breiten Sack für Gartenabfälle. Diesen wiederum steckte ich in einen amtlich von der Stadtverwaltung von Bradfield ausgegebenen schwarzen Müllsack. Es war schwierig, das schwere Paket die Treppe hinauf und in die Schubkarre zu bugsieren, aber die vielen Stunden, die ich mit dem Stemmen von Gewichten zugebracht hatte, zahlten sich jetzt aus.
    Ich vermochte es kaum zu erwarten, nach Hause an meinen Computer zu kommen und die Erlebnisse des Abends zu einem transzendenten

Weitere Kostenlose Bücher