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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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ein Turban ein wenig dramatisch um Merricks Kopf geschlungen war. »Sie haben sich doch hoffentlich nicht in einen von diesen verdammten Sikhs verwandelt, oder? Ich habe ja gewußt, daß es ein Risiko ist, ein Team verdeckter Ermittler ins Schwulenviertel zu schicken, aber ich habe nicht erwartet, daß es in religiösen Wahn ausartet!«
    Merrick lächelte schwach. »Ich dachte, mit dem Turban auf dem Kopf könnten Sie mich nicht zur Strafe zu den Uniformierten versetzen, weil ich die Sache vermasselt habe.«
    Cross lächelte grimmig zurück. »Also, dann legen Sie mal los. Warum haben wir einen verdammten bolschewistischen Schotten-Arsch in der Arrestzelle sitzen?«
    Brandon, der dicht hinter Cross stand, ergriff vor ihm das Wort.
    »Ehe Sergeant Merrick uns von den Ereignissen des Abends erzählt, möchte ich Dr.Hill erklären, warum wir ihn so spät in der Nacht hergeholt haben.« Tony richtete sich auf und nahm sein Notizbuch zur Hand. »Als Sie neulich Ihren Vortrag hielten«, fuhr Brandon fort, ging an Cross vorbei und setzte sich auf die Kante eines Schreibtischs, »haben Sie erwähnt, daß Psychologen den Polizeibeamten oft Hinweise geben können, wie man ein Verhör anpacken sollte. Haben Sie in dieser Situation auch Tips für uns?«
    »Ich denke schon«, sagte Tony und nahm die Kappe von seinem Füller.
    »Was soll das heißen, ›ein Verhör anpacken‹?« fragte Cross argwöhnisch.
    Tony lächelte. »Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Ein Sonderkommando, dem ich als Berater angehörte, hatte einen Verdächtigen in zwei Fällen von Vergewaltigung verhaftet. Er war ein ausgesprochener Macho-Typ, großmäulig und muskelbepackt. Ich schlug vor, ihn durch eine Kriminalbeamtin verhören zu lassen, wenn möglich eine kleine, sehr feminine Beamtin. Das versetzte ihn von Anfang an in Wut, weil er Frauen verachtete und daher meinte, er werde nicht mit dem ihm zustehenden Respekt behandelt. Ich riet der Beamtin vor dem Verhör, bei ihren Fragen die Linie zu verfolgen, daß sie ihn nicht für den Vergewaltiger halte, da sie gar nicht glauben könne, daß er zu so etwas fähig sei. Das Ergebnis war, daß bei ihm die Sicherung durchbrannte und er prahlerisch damit herausrückte, daß er nicht nur für die zwei in Frage stehenden Vergewaltigungen, sondern auch noch für drei weitere, von denen die Polizei bisher nicht einmal etwas wußte, verantwortlich war.«
    Cross gab keinen Kommentar dazu ab. »Okay, Sergeant Merrick, jetzt sind Sie dran«, sagte Brandon.
    Merrick erzählte, was in und außerhalb der Bar geschehen war, wobei er häufig Pausen einlegte, um sich zu konzentrieren. Am Ende seines Berichts schauten Brandon und Carol erwartungsvoll Tony an. »Was halten Sie davon, Tony? Ist einer der beiden ein möglicher Verdächtiger?« wollte Brandon wissen.
    »Ich glaube nicht, daß lan Thomson in Frage kommt. Der Killer ist viel zu vorsichtig, als daß er sich auf etwas so lächerlich Dummes einlassen würde wie eine Schlägerei auf der Straße. Auch wenn Don kein Polizist wäre, hätte Thomson damit rechnen müssen, in Schwierigkeiten zu geraten, wenn er mit einem halben Backstein in der Hand auf jemanden losgeht. Und das selbst in einer Stadt, in der Angriffe auf Schwule in der Prioritätenliste der Polizei keinesfalls an erster Stelle stehen.«
    Cross runzelte finster die Stirn. »Schwule werden von meinen Jungs genauso behandelt wie jeder andere auch«, fauchte er.
    Tony wünschte, er hätte das nicht gesagt. Er wollte auf keinen Fall mit Tom Cross in einen Streit über die Einstellung der Polizei von Bradfield geraten, nach der Schwule und Schwarze nicht zählten. Er entschloß sich, Cross’ Kommentar zu ignorieren, und fuhr fort: »Darüber hinaus gibt es, soweit wir bisher wissen, keinen Anlaß zu der Annahme, der Killer sei ein schwuler Sadomasochist. Er sucht sich mit Sicherheit sein Opfer nicht in der Schwulenszene aus. McConnell hingegen könnte für Sie interessanter sein. Wissen wir schon, welchen Beruf er hat?«
    »Er ist Manager eines Fitneßstudios im Stadtzentrum. Es handelt sich dabei um das Studio, das Gareth Finnegan häufig besucht hat«, antwortete Cross.
    »Hat man ihn schon mal verhört?« fragte Brandon. Cross zuckte mit den Schultern.
    »Einer von Inspector Matthews’ Männern hat mit ihm gesprochen«, schaltete Carol sich ein. »Ich weiß das aus seinem Bericht, den ich bei der Sichtung des Materials für Dr.Hill gefunden habe«, fügte sie hastig hinzu, als sie sah, daß Cross das Gesicht

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