Das Lied der Sirenen
finster verzog. Er durfte um Gottes willen nicht den Eindruck bekommen, sie wolle in seine Kompetenzen eingreifen oder seine Stellung unterminieren. »Soweit ich mich erinnere, war es eine routinemäßige Befragung, um herauszufinden, ob Gareth spezielle Freunde oder Kontakte in dem Studio hatte.«
»Was wissen wir über seine privaten Verhältnisse?« fragte Tony.
»Er wohnt mit zwei verkorksten Typen in einem Haus zusammen«, antwortete Cross. »Er sagt, sie seien auch im Bodybuilding-Geschäft tätig. Was ist nun, könnte er ein Verdächtiger sein oder nicht?«
Tony malte Strichmännchen auf sein Blatt. »Schon möglich. Wie stehen die Chancen, einen Durchsuchungsbefehl für das Haus zu bekommen?
Brandon ergriff jetzt wieder das Wort. »Bei dem Material, das wir bis jetzt in der Hand haben, nicht gut. Und für eine Durchsuchung ohne richterliche Zustimmung fehlt ein Grund. Wir können auf keinen Fall behaupten, eine kleine Schlägerei würde uns die Berechtigung geben, McConnells Haus nach Beweisen im Zusammenhang mit den Serienmorden zu durchsuchen. Und außerdem, wonach sollten wir denn suchen?«
»Nach einem Camcorder. Nach Hinweisen dafür, daß er Zugang zu einem einsamen, abgelegenen Ort hat, zum Beispiel einem früheren Lagerhaus, einer aufgegebenen Fabrik, einem leerstehenden Haus oder auch nur einer Garage.« Tony fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Polaroid-Fotos, sadomasochistische Pornographie, Andenken an die Opfer, die Wertgegenstände, die bei den Opfern vermißt werden.« Er schaute auf und sah Cross’ spöttisches Grinsen. »Und man sollte, auch wenn das noch so abwegig erscheint, in seiner Tiefkühltruhe nachsehen, ob er die Fleischstücke, die er aus den Leichen geschnitten hat, dort aufbewahrt.« Er sah mit einer gewissen Befriedigung, daß Cross’ spöttischer Gesichtsausdruck von Ekel verdrängt wurde.
»Entzückende Vorstellung. Aber zunächst einmal müssen wir mehr Fakten in die Hände kriegen, um zielstrebig weitermachen zu können. Irgendwelche Vorschläge?« fragte Brandon.
»Lassen Sie Sergeant Merrick und Inspector Jordan den Mann vernehmen. Die Entdeckung, daß der Typ, den er sich aufgabeln wollte, ein Polizist ist, wird ihn verunsichern, wird ihm aufzeigen, daß er sich auf seine Instinkte nicht verlassen kann. Es besteht auch die Möglichkeit, daß er Probleme mit Frauen hat …«
»Natürlich hat er Probleme mit Frauen«, unterbrach Cross. »Er ist schließlich ein verdammter Arschficker.«
»Nicht alle schwulen Männer können Frauen nicht ausstehen«, sagte Tony in ruhigem Ton. »Aber bei vielen ist es so, und vielleicht ist McConnell einer von ihnen. Auf jeden Fall aber wird Carol ihm ein Gefühl der Bedrohung vermitteln. Gesprächssituationen nur unter Männern bieten ihm die Möglichkeit zur kumpelhaften Gemeinsamkeit, und die wollen wir ihm nehmen.«
»Also versuchen wir das doch mal«, sagte Brandon. »Wenn Sergeant Merrick sich das schon wieder zutraut.«
»Ich bin dabei, Sir«, erklärte Merrick.
Cross machte den Eindruck, als ob er sich nicht entscheiden könnte, ob er Brandon oder Tony verprügeln sollte. »Dann kann ich ja nach Hause gehen«, fauchte er.
»Gute Idee, Tom. Sie sind in letzter Zeit sowieso kaum zum Schlafen gekommen. Ich bleibe hier und schaue mir an, was McConnells Verhör ergibt.«
Cross stapfte an dem hinter ihm stehenden Kevin Matthews vorbei aus dem Raum, und sofort wurde die Atmosphäre freundlicher. »Sir?« sagte Matthews. »Dieser Ian Thomson scheint als Verdächtiger für die Morde nicht in Frage zu kommen.«
Brandon runzelte die Stirn. »Wir waren uns doch einig, die Morde gar nicht ins Spiel zu bringen. Wir wollen Thomson nur mit dem Überfall auf Don konfrontieren.«
»Ich habe die Morde ja auch nicht angesprochen«, verteidigte sich Matthews. »Aber es ist im Verlauf des Verhörs herausgekommen, daß Thomson dreimal in der Woche abends als Discjockey arbeitet, montags, dienstags und donnerstags. Hard Rock in einem Schwulenclub in Liverpool. Es wird leicht nachzuprüfen sein, ob er an den Abenden beziehungsweise in den Nächten der Morde dort war.«
»Okay, setzen Sie jemanden darauf an«, sagte Brandon. »Und wir machen uns an die Arbeit.«
»Irgendwelche Tips?« fragte Carol Tony.
»Scheuen Sie sich nicht, ihn gönnerhaft zu behandeln. Bleiben Sie freundlich und ungezwungen, aber lassen Sie nie einen Zweifel daran, daß Sie diejenige sind, die das Verhör leitet. Und Sergeant Merrick – Sie sollten ruhig ein
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