Das Lied der Sirenen
im Grunde, daß ich, dank Gareth, nicht mehr die Gelegenheit haben würde, das außergewöhnliche Talent, das ich an mir entdeckt hatte, zu perfektionieren. Mit den Möglichkeiten, die mir zur Verfügung standen, stellte ich Filme her, wie ich nie welche gesehen habe. Das Äußerste an Todesagonie. Wenn ich diese Filme auf den Markt bringen könnte, würde ich ein Vermögen damit machen. Ich weiß, daß es da draußen einen Markt für so was gibt. Manch einer würde viel Geld dafür ausgeben, wenn er sich ansehen könnte, wie Paul mich in seinen letzten Todeszuckungen auf dem Judasstuhl fickt. Und was ich erst mit Adam angestellt habe … Lassen wir es dabei bewenden, daß noch nie jemand einen Neunundsechziger wie den gesehen hat.
Wie ich es mir vorgenommen hatte, ging ich zu dem Friedhof, auf dem Adam vor einigen Wochen beigesetzt worden war. Die Beerdigung war in den Nachrichten des lokalen Fernsehens gezeigt worden; ich hatte sie auf Video aufgenommen und wußte daher, wo ungefähr das Grab lag. Nach Einbruch der Dunkelheit stapfte ich durch die Gräberreihen und fand Adams letzte Ruhestätte nach zwanzig Minuten. Ich zog den Verschluß von der Spraydose mit roter Farbe ab und sprühte das Wort WICHSER auf die eine Seite des grauen Granitsteins und das Wort ARSCHFICKER auf die andere. Das würde die Polizei sicherlich beschäftigen.
Während ich am folgenden Abend darauf wartete, daß Gareth aus der Anwaltskanzlei kam, in der er Sozius war, vertrieb ich mir die Zeit damit, den üblichen Schwulst in der
Bradfield Evening Sentinel Times
nachzulesen. Diesmal brachte man mich auf der Titelseite.
HAT DER SCHWULENKILLER WIEDER ZUGESCHLAGEN ?
Heute morgen wurde in Bradfields Homosexuellenviertel die verstümmelte Leiche eines Mannes aufgefunden.
Das Mordopfer war im berüchtigten Stadtbezirk Temple Fields in einer Nebengasse der Canal Street vor dem Notausgang des Homosexuellentreffs Schattenland deponiert worden.
Es ist dies das zweitemal innerhalb von zwei Monaten, daß die Leiche eines nackten Mannes in dieser Gegend des Schwulenstrichs gefunden wurde.
Die Behörden fürchten nun, daß ein perverser Serienmörder in der Homosexuellenszene der Stadt umgeht.
Die heutige schreckliche Entdeckung wurde von Nachtclubbesitzer Danny Surtees, 37 , gemacht, als er sich mit seinem Buchhalter treffen wollte.
Er sagte: »Ich gehe tagsüber immer durch diese Tür, die ansonsten nur als Notausgang dient, in den Club. Ich stelle dann meinen Wagen in der Gasse ab. Heute morgen war die Tür durch irgendwas Sperriges blockiert, das mit einigen schwarzen Müllsäcken zugedeckt war. Als ich die Müllsäcke wegzog, um das Hindernis zu beseitigen, kam die nackte Leiche zum Vorschein. Sie war schrecklich zugerichtet. Ich sah sofort, daß der Mann tot war. Ich werde mein Leben lang Alpträume von diesem Anblick haben.«
Mr.Surtees berichtete, die Leiche habe noch nicht vor der Tür gelegen, als er kurz nach drei Uhr morgens seine abschließende Kontrollrunde machte.
Das Opfer, knapp über dreißig Jahre alt, konnte noch nicht identifiziert werden. Es wird von der Polizei wie folgt beschrieben: Weißer, einsachtzig groß, schlank, dunkelbraunes, bis auf den Kragen fallendes Haar, braune Augen, ältere Blinddarmnarbe.
»Wir gehen davon aus, daß der Mann irgendwo anders ermordet und die Leiche dann zwischen drei und acht Uhr am Fundort abgelegt wurde«, erklärte ein Polizeisprecher.
»Wir bitten alle Mitbürger, die am vergangenen Morgen zur fraglichen Zeit in Temple Fields waren und sachdienliche Hinweise geben können, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen. Alle Informationen werden mit strengster Vertraulichkeit behandelt.
Beim derzeitigen Stand der Ermittlungen gibt es keine Hinweise darauf, daß dieser Mord mit dem vor zwei Monaten entdeckten Mord an Adam Scott in Verbindung steht.«
Carl Fellowes, Mitarbeiter im Schwulen- und Lesbenzentrum von Bradfield, sagte heute: »Die Polizei meint, es gebe keine Hinweise auf eine Verbindung zwischen den beiden Morden.
Ich weiß nicht, was mich und die Homosexuellenszene in der Stadt mehr beunruhigt – der Gedanke, ein Irrer begeht Morde an schwulen Männern, oder der Gedanke, daß es zwei solcher Irrer gibt.«
Ich wußte nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Eines aber war klar, Police Constable Schwerfällig war weit davon entfernt, sich bei diesen Mordfällen mit Ruhm zu bekleckern. Ich hatte ganz offensichtlich gute Arbeit beim Verwischen der Spuren geleistet.
Ich
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