Das Lied der Sirenen
könnte mit Absicht vom Mörder so arrangiert worden sein. Ich meine das natürlich nicht irgendwie herablassend. Ich stelle nur fest, wie intensiv Sie sich alle da reinhängen und wie verzweifelt Sie versuchen, diesen Bastard zu überführen. Ich wünschte nur, man hätte mir das mitgeteilt, ehe es für jedermann eine solche Bedeutung angenommen hat.«
»Ich habe versucht, Sie heute morgen anzurufen«, erwiderte Carol. »Sie haben mir immer noch nicht gesagt, wo Sie waren.«
Tony hob die Hände. »Entschuldigen Sie. Ich lag im Bett und schlief und habe das Telefon auf den Anrufbeantworter umgeschaltet. Ich war total erschöpft nach der langen Nacht, und ich wußte, ich würde mich nicht auf das Profil konzentrieren können, wenn ich nicht ausgeschlafen wäre. Ich hätte den Anrufbeantworter abhören sollen, als ich aufstand. Tut mir leid, daß ich überreagiert habe.«
Carol grinste. »Diesmal lasse ich es Ihnen noch durchgehen. Sparen Sie sich Ihr furchterregendes Temperament auf, bis wir Handy Andy schnappen, hm?«
Tony verzog das Gesicht. »Sollten Sie statt ›bis‹ nicht besser ›wenn wir je‹ sagen?«
Er sah so verletzlich und verzagt aus, mit herabhängenden Schultern und gesenktem Kopf, daß Carol die erst vor einigen Minuten getroffene Entscheidung, gelassen mit ihm umzugehen, vergaß, zu ihm trat und ihn an sich drückte. »Wenn überhaupt jemand es schafft, ihn zu überführen, dann sind Sie es«, flüsterte sie und rieb ihre Wange an seinem Kinn – wie eine Katze, die ihr Revier markiert.
Brandon starrte Tom Cross mit entsetztem Gesicht an. »
Was
haben Sie gemacht?« fragte er ungläubig.
»Ich habe McConnells Haus durchsucht«, wiederholte Cross streitlustig.
»Ich glaubte eindeutig festgestellt zu haben, daß wir nicht berechtigt sind, das zu tun. Kein Richter in diesem Land wird eine Festnahme wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses als ausreichenden Grund für Mordverdacht akzeptieren.«
Cross lächelte. Es war eher ein Entblößen der Schneidezähne, das einen Rottweiler in schäumende Wut versetzt hätte. »Bei allem Respekt, Sir, das war der Stand der Dinge, bevor Inspector Jordan herausgefunden hat, daß McConnell in Rußland war. Seitdem liegt eine veränderte Situation vor. Nicht viele Leute hatten schließlich Zugang zu seltenen russischen Lederjacken. Es macht ihn zum Verdächtigen. Und es gibt mehr als einen Richter, der mir was schuldig ist.«
»Sie hätten das mit mir abklären müssen«, sagte Brandon. »Meine letzte Anordnung in diesem Zusammenhang lautete, das Haus nicht zu durchsuchen.«
»Das wollte ich ja, aber Sie waren in einer Besprechung mit dem Chief. Ich dachte, ich sollte besser zuschlagen, solange das Eisen noch heiß ist, vor allem, weil wir ihn nicht ewig festhalten können.«
»Sie haben also eine Menge Zeit mit der Durchsuchung von McConnells Haus verschwendet«, sagte Brandon verärgert.
»Meinen Sie nicht, Sie und Ihre Männer hätten was Besseres tun können?«
»Sie wissen ja noch nicht, was wir gefunden haben«, entgegnete Cross.
Brandon war kein Mann, der sich von bösen Vorahnungen schrecken ließ, aber diesmal hatte er es mit einer zu tun, die so greifbar und vorhersehbar war wie eine Tatsache.
»Wir haben ihn, Sir«, fuhr er fort. »Volltreffer. Wir haben eine Weihnachtskarte von Gareth Finnegans Firma in McConnells Schlafzimmer gefunden, dazu einen Pullover, der das genaue Gegenstück von dem ist, der nach Aussage von Adam Scotts Freundin in seinem Haus fehlt, und einen Strafzettel mit Damien Connollys Dienstnummer. Wenn wir zu alldem noch die Rußlandsache nehmen, ist es nach meiner Meinung an der Zeit, den miesen kleinen Arschficker vor den Kadi zu bringen.«
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Auf 3 ½-Zoll-Diskette, Beschriftung: Backup. 007 ,
Datei Love 010 .doc
Wenn man feststellt, daß man eine naturgegebene Neigung zu etwas hat, muß das nicht zwangsweise auch heißen, daß man ihr blindlings folgt. Schon zu dem Zeitpunkt, als ich Pauls Leiche ablegte – diesmal in einem dunklen Torweg in einer Gasse in Temple Fields –, hatte ich mich entschlossen, wer mein nächstes Objekt werden sollte. Aber selbst nach der so großartigen Erfahrung mit Paul hatte ich nicht die Absicht, sie bei Gareth zu wiederholen.
Ich würde zum drittenmal glücklich sein. Gareth, das wußte ich inzwischen, war ein Mann mit reicher und schöpferischer sexueller Phantasie. Selbst als ich Pauls jämmerliche Vorstellung in den Computer eingab und bearbeitete, bedauerte ich es
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