Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
belagern. Die
Sentinel Times
hat Sie immer unterstützt, Mr.Cross. Wir waren bei den Ermittlungen in diesen Mordfällen von Anfang an auf Ihrer Seite. Ich bin kein Reporter von einem Sensationsblatt in London, der auf Sie eindreschen will. Wenn man Sie aus dem Verkehr gezogen hat, haben unsere Leser ein Recht darauf, Ihre Stellungnahme dazu zu erfahren.« Die Tür stand immer noch einen Spalt offen. Wenn er es zugelassen hatte, daß sie so viel sagte, ohne ihr die Tür vor der Nase zuzuschlagen, waren die Chancen, mehr aus ihm herauszuholen, nicht schlecht.
    »Wie kommen Sie zu der Annahme, ich sei aus dem Verkehr gezogen worden?« fragte Cross herausfordernd.
    »Ich habe gehört, Sie seien vom Dienst suspendiert. Ich weiß nicht, warum, und deshalb will ich zunächst mal Ihre Stellungnahme dazu hören, bevor wir mit der offiziellen Erklärung abgespeist werden.«
    Cross blickte finster drein, und seine Augen schienen noch weiter aus den Höhlen hervorzuquellen. »Ich habe nichts dazu zu sagen«, knurrte er, jede einzelne Silbe unwillig hervorquetschend.
    »Auch nicht inoffiziell? Wollen Sie wirklich tatenlos zuschauen, wie man nach allem, was Sie für die Polizei und die Gesellschaft geleistet haben, Ihre Reputation kaputtmacht?«
    Cross öffnete die Tür weiter und schaute mißtrauisch auf die Straße. »Sie sind allein?« fragte er.
    »Nicht mal mein Lokalredakteur weiß, daß ich hier bin. Ich habe die Nachricht gerade erst erhalten.«
    »Na ja, dann kommen Sie für ’ne Minute rein.«
    Penny trat über die Türschwelle in eine Diele, die wie eine Warenausstellung von Laura Ashley wirkte. Am Ende der Diele stand eine Tür halb offen, und aus dem Zimmer dahinter drangen die Geräusche eines Fernsehers bis zu ihnen herüber. Cross führte Penny in die andere Richtung zu einem großen Wohnzimmer. Als er das Licht anmachte, wurden Pennys Augen von mehr verschiedenartigen Mustern attackiert als in einem Tuchladen. Das einzige, was die Vorhänge, Teppiche, Läufer, Tapeten, Friese und Sofakissen gemeinsam hatten, war, daß sie in diversen Grün- und Brauntönen gehalten waren. »Was für ein hübsches Zimmer«, stammelte Penny.
    »So? Ich finde es scheußlich. Meine Frau sagt, es sei alles vom Besten, was man für Geld kriegen kann, wobei das für mich ein gutes Argument wäre, lieber arm zu bleiben«, knurrte Cross und steuerte eine Bartheke an. Er goß sich einen großen Drink aus einer Karaffe ein und fragte dann erst: »Sie werden wohl keinen Drink wollen, da Sie mit dem Auto gekommen sind, oder?«
    »Natürlich nicht«, antwortete Penny und zwang sich, es überzeugend klingen zu lassen. »Ich möchte schließlich nicht Gefahr laufen, Ihren Jungs draußen auf der Straße unangenehm aufzufallen.«
    »Sie wollen also wissen, warum diese schlappen Bastarde mich suspendiert haben?« fragte er herausfordernd und stieß den Kopf nach vorn wie eine hungrige Schildkröte.
    Penny nickte. Sie wagte es nicht, ihr Notizbuch aus der Handtasche zu holen.
    »Weil sie lieber auf einen verdammten schwulen Doktor hören als auf einen anständigen Cop, deshalb tun sie’s.«
    Wenn Penny ein Hund gewesen wäre, hätten sich jetzt ihre Ohren in erwartungsvoller Anspannung aufgestellt. So aber begnügte sie sich mit einem höflichen Hochziehen der Augenbrauen. »Ein Doktor?« fragte sie.
    »Sie haben diesen Wichser von Seelenklempner ins Spiel gebracht, um unseren Job zu machen. Und der sagt, der Arschficker, den wir gefaßt haben, sei unschuldig, und damit sind alle Beweise, die wir gegen ihn zusammengetragen haben, im Arsch. Nun bin ich ja aber seit mehr als zwanzig Jahren ein Cop, und ich vertraue auf meine Instinkte. Wir haben den verdammten Killer gefaßt, ich spür’s im Urin. Ich habe nur versucht, ihn hinter Gittern zu behalten, bis wir die losen Enden zusammenknüpfen können.« Cross trank sein Glas leer und knallte es auf die Thekenplatte. »Und sie haben die verdammte Frechheit,
mich
zu suspendieren!«
    Er hat also Beweise gefälscht, dachte Penny. Obwohl sie dringend mehr über diesen mysteriösen Doktor erfahren wollte, hielt Penny es für besser, Cross sich erst einmal seinen Kummer von der Seele reden zu lassen. »Was wirft man Ihnen denn vor?« fragte sie.
    »Ich habe nichts falsch gemacht«, sagte er und goß sich noch einen Whisky ein. »Das Problem mit diesem verdammten Brandon ist, daß er schon zu lange als Sesselfurzer hinter dem Schreibtisch sitzt und nicht mehr weiß, was in der Realität in unserem Job

Weitere Kostenlose Bücher