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Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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wirkte. Natürlich hatte Stella ihnen beiden klargemacht, dass sie nur dunkle Stoffe wählen und auch auf den Preis achten sollten. Maries Hinweis, dass sie den Stoff selbst bezahlen wollte, wehrte Stella energisch ab.
    Marie war zunächst skeptisch gewesen, was die Expertise von Mrs Nichols anging, doch als sie sah, wie behände sie und ihre Gehilfinnen zu Werke gingen, wuchs ihre Zuversicht, sich beim Ball nicht schämen zu müssen.
    »Sie können die Arme jetzt wieder herunternehmen.«
    Erleichtert ließ Marie die Arme sinken und bewegte die Finger, um das lästige Kribbeln loszuwerden. Wie lange würde sie hier noch stehen müssen? Allmählich hatte sie das Gefühl, dass Mrs Nichols jeden Zoll ihres Körpers vermessen hatte.
    Mrs Nichols gab jedenfalls noch keine Entwarnung. Fortwährend kritzelte sie etwas in ihr Notizbuch und gab den Mädchen dann Anweisungen. Nur wenig später hatte Marie wieder ein Maßband um ihre Taille. »Und jetzt ausatmen! Sie wollen in Ihrem Korsett ja nicht ersticken, oder?«
    Marie schüttelte den Kopf. Wie lange hatte sie schon kein Korsett mehr getragen? Das, was sie im Lyzeum besessen hatte, hatte sie meist gegen ein einfacheres Mieder ausgetauscht, weil ihr die Stahlstäbchen unangenehm waren. Dank ihrer ohnehin schmalen Taille war nicht aufgefallen, dass sie nicht geschnürt worden war.
    Als sie endlich von dem kleinen Schneiderpodest steigen durfte, reichte ihr die Schneiderin eines der Musterhefte aus ihrem Korb.
    »Und welchen Stoff möchten Sie haben, Liebes?« Bei dieser Frage wirkte Mrs Nichols wie eine gütige Großmutter, die ihrer Enkelin nur allzu gern ein schönes Geschenk machen wollte.
    Marie blätterte durch die Stoffmuster. Bei einem blauen Taftstoff mit eingewirkten Rosen machte sie halt. Er ist perfekt, dachte sie. Nicht zu hell und auch nicht zu teuer, wie das dezent angebrachte Preisschildchen verriet.
    Was Jeremy wohl dazu sagen würde? Während sie sich diese Frage stellte, ertappte sie sich dabei, dass sie sich ebenso fragte, ob der Stoff Philipp gefallen könnte. Ohne dass sie sich dagegen wehren konnte, wurde sie in einen Tagtraum gezogen, in dem sie Philipp in diesem Kleid auf der Straße begegnete und ihn dazu brachte, sie mit offenem Mund anzustarren.
    »Soll es dieser Stoff sein?«, riss Mrs Nichols sie aus ihrer Träumerei. »Sie blicken ganz so drein, als hätten Sie sich in ihn verliebt.«
    »In wen?«, fragte Marie verdutzt; dann fiel ihr ein, dass die Schneiderin den Stoff meinte. »Ach so, ja, der hier ist wunderbar.«
    »Und passt auch hervorragend zu Ihren Augen.« Die Frau musterte sie eindringlich, dann setzte sie hinzu: »Ich will nicht zu viel sagen, doch in einem Kleid aus diesem Stoff werden Sie viele Männerherzen brechen.«
    »Ich will in dem Kleid nur einem gefallen, meinem Verlobten«, antwortete Marie diplomatisch, hatte aber das alberne Gefühl, dass Mrs Nichols die Wahrheit bereits kannte. Dass sie eigentlich die absurde Hoffnung hegte, auf dem Weg zum Ballsaal an Philipp zu geraten, damit er sie so sehen konnte.
    »Das ist sehr löblich«, sagte die Schneiderin; dann deutete sie auf Rose, die sich noch immer nicht entschließen konnte. »Vielleicht könnten Sie Ihrer Cousine ein wenig zur Seite stehen. Ihr scheint die Wahl nicht so leicht zu fallen wie Ihnen.«
    Marie nickte Mrs Nichols zu und setzte sich zu Rose auf das Sofa. »Schwere Entscheidung, nicht wahr?«
    »Mhmm«, machte Rose, während sie etwas verdrießlich über einen einfachen schwarzen Baumwollstoff strich.
    »Der gefällt dir doch nicht wirklich, oder?«, fragte Marie skeptisch.
    »Aber er würde Mutter gefallen.«
    In dem Augenblick tat Rose Marie wirklich leid.
    »Du solltest etwas nehmen, das dir gefällt. Schau mal hier, den nehme ich.«
    Sie schlug die Seite mit dem dunkelblauen Taft auf. Rose schnappte nach Luft. »Aber das ist kein Schwarz!«
    »Natürlich nicht. Aber ich bin ja auch keine Witwe, oder? Und ebenso bist du es nicht. Mit einem dunklen Farbton wie diesem verletzen wir die Ehre von Jeremys Mutter nicht und sehen dennoch wie junge Frauen aus.« Marie beschloss, die Trumpfkarte zu ziehen. »Außerdem möchte ich Jeremy in dem Kleid gefallen und ihn dazu bringen, mal ein bisschen mehr Zeit mit mir zu verbringen.«
    Als sie ihr zuzwinkerte, wurde Rose rot.
    »Also, wenn du bald einen Mann haben möchtest, der dir den Hof macht, solltest du etwas anderes nehmen als das hier.«
    »Und was?« Rose wirkte ehrlich ratlos.
    Marie erinnerte sich an das

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