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Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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Möglichkeit herzukommen?, dachte Marie gereizt, doch noch immer gelang es ihr, ruhig zu lächeln. »Ja, ich war auf einem Treck voller Frauen, die auf dem Weg zu ihren zukünftigen Ehemännern waren. Leider wurden wir gut hundert Meilen von hier überfallen.«
    »Marie ist von Indianern verschleppt worden!«, platzte es sensationslüstern aus Rose heraus, wofür Marie ihr am liebsten eine Ohrfeige versetzt hätte. Musste sie das Gespräch darauf lenken?
    »Wirklich?«, staunte Sophia.
    »Verschleppt würde ich es nicht nennen. Beim Überfall wurde ich ziemlich schwer verletzt, und indianische Späher haben mich gefunden und in ihr Lager gebracht. Dort wurde ich von einer Medizinfrau wieder aufgepäppelt.«
    Sophias Augen weiteten sich bei jedem ihrer Worte ein Stück mehr. »Offenbar haben wir hiermit unser Thema des Abends gefunden. Kommen Sie, meine Liebe, ich brenne darauf, von Ihren Erlebnissen zu hören.«
    Als sie die große Freitreppe hinter sich gebracht hatten, wurden sie an der Tür von einem Butler erwartet, den Sophia mit der Anweisung losschickte, für Getränke zu sorgen und der Köchin Bescheid zu geben.
    Staunend folgte Marie der Hausherrin durch die mit warmen Hölzern ausgestaltete Halle. Besonders fiel ihr das Parkett ins Auge, dessen Muster in verschiedenen Rottönen leuchtete. Dergleichen hatte Marie noch nie gesehen.
    Der wie eine überdimensionale Traube wirkende Kronleuchter vertrieb mit seinem warmen Licht die Schatten aus den Ecken des Raumes, der von einer großen, kunstvoll gearbeiteten Treppe beherrscht wurde. Eine der weit offen stehenden hohen Flügeltüren daneben erlaubte einen Blick ins Speisezimmer, von wo ihnen Kristall entgegenblitzte.
    »Sie wirken beeindruckt, Miss Blumfeld«, bemerkte Sophia, als sie ihre Gäste zu der mit weißen und rosafarbenen Rosen geschmückten Tafel führte.
    »Das bin ich auch. Noch nie zuvor war ich in solch einem prachtvollen Haus.«
    »Sie schmeicheln mir. Ich wollte unser Haus eigentlich recht schlicht halten, doch George hat darauf bestanden, nur die besten Hölzer des Landes zu verwenden. Haben Sie das Sägewerk am Stadtrand gesehen?«
    »Ich habe es auf dem Weg hierher gesehen, ja«, antwortete Marie, während sie sich auf den Stuhl setzte, den ihr der Butler, der still und diskret wieder aufgetaucht war, vom Tisch abrückte.
    »Beeindruckend, nicht wahr? George hat Anteile an diesem Ungetüm. Der Vorteil ist, dass wir nahezu jedes Holz bekommen, das wir haben wollen. Auch sehr exotische Sorten. Wie Sie sehen, lassen sich damit wunderbare Dinge anstellen.«
    Sophia deutete auf die Vertäfelungen an den Wänden, in die hübsche Landschaftsbilder eingelassen waren. Auf einem davon erkannte Marie den See wieder, an dessen Ufer sie mit Onawah gestanden hatte. Dass sich Sophia ins Indianerland begeben hatte, bezweifelte sie allerdings. Wahrscheinlich stimmte nur aus Zufall die Fantasie des Malers mit der Wirklichkeit überein.
    »Wenn Sie wollen, bin ich Ihnen gern behilflich bei der Einrichtung Ihres Heims, sobald Sie verheiratet sind«, riss Sophia Marie aus ihren Gedanken. »George sorgt bestimmt gern dafür, dass man Ihnen ein wenig Rabatt einräumt. Wie Sie sicher schon wissen, sind unsere Familien seit vielen Jahren gut miteinander befreundet.«
    Marie nickte der Einfachheit halber. Danach, das Angebot anzunehmen, stand ihr nicht der Sinn, doch jetzt war nicht die richtige Zeit, um darüber zu sprechen.
    »Wo bleibt dein Mann eigentlich?«, mischte sich Stella ins Gespräch. »Sagtest du nicht, dass er sich von seiner Arbeit loseisen wollte?«
    »Das wird er tun, wenn er mich nicht verärgern will«, entgegnete Sophia und lauschte kurz in Richtung Tür. Doch weder Hufschlag noch Schritte übertönten die gedämpften Geräusche aus der Küche. »Ich weiß aber auch, dass er nichts dagegen hat, wenn wir bereits beginnen. Genau genommen ist das bei ihm Gewohnheit; wenn ich mit jeder Mahlzeit auf ihn warten würde, wäre ich nur noch Haut und Knochen.«
    Während sie nun ein Gespräch darüber begannen, was sich in den letzten Tagen in der Stadt ereignet hatte, wehte ein köstlicher Duft nach Gebratenem durch die Tür, der Marie das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Selbst wenn der Abend alles andere als unterhaltsam würde, das Essen versprach wirklich erstklassig zu werden.
    Da der Hausherr auch in den nächsten Minuten nicht erschien, beschloss Sophia kurzerhand, mit dem Abendessen zu beginnen. Wenig später erschien ein Dienstmädchen in

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