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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels
Autoren: Paul C. Doherty
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Augen.
    »Der Abgesandte des Königs, Sir Hugh?« Master Joseph kleidete die Sorge seines Gefährten in Worte. »Warum seid Ihr hier? Ihr seid doch nicht etwa gekommen, um Euch in unsere Angelegenheiten einzumischen oder uns zu vertreiben?«
    Corbett lächelte und schüttelte den Kopf.
    »Master Joseph, Ihr seid sehr direkt. Ich werde also kein Blatt vor den Mund nehmen. Die Bischöfe machen sich Sorgen über sämtliche neuen Sekten und sind deswegen beim König vorstellig geworden. Dieser interessiert sich dafür«, Corbett wählte seine Worte genau, »was Ihr tut, obwohl ihn im Augenblick mehr die nicht allzu lange zurückliegenden Todesfälle hier in der Gegend beschäftigen.«
    »Das dachte ich mir fast.« Die Stimme Master Josephs verriet mit einem Mal eine ländliche Abstammung.
    »Damit haben wir nichts zu tun.« Nettler meldete sich zu Wort.
    Er hatte eine hohe, ziemlich gereizte Stimme. »Sir Simon kann Euch bestätigen, daß wir ganz zurückgezogen leben.«
    Monck trieb plötzlich sein Pferd an. »Sollen wir hier festfrieren?« fragte er.
    »Sir Simon«, fragte Master Joseph ohne Umschweife, »Ihr habt uns die Eremitage überlassen und Euer Wort gegeben, daß wir, solange wir hier friedlich leben, bestimmen können, wen wir einlassen. Wir sind eine weitabgewandte Gemeinschaft. Wir können es nicht einfach jedem gestatten, hier hereinzukommen, ohne um Erlaubnis zu bitten.«
    Er schaute Gurneys anderen Gefährten an. Corbett bemerkte, daß der Anführer der Pastoureaux jetzt einem anderen Gedanken nachhing und leicht beunruhigt aussah, als er Ranulfs ansichtig wurde.
    Master Joseph trat einen Schritt zurück, als hätte er erst jetzt einen Entschluß gefaßt. »Sir Simon, Ihr seid uns wie immer willkommen und Hugh Corbett und Master Monck ebenfalls. Die anderen haben doch sicher nichts dagegen, draußen zu warten?«
    Gurney stimmte zu, und er, Corbett und Monck ritten weiter und ließen Ranulf und Maltote im Gespräch mit einem verärgerten Father Augustine und einen ziemlich enttäuschten Selditch zurück. Am Tor stiegen sie ab und folgten Master Joseph und Nettler auf einen großen ummauerten Platz. Corbett schaute sich um. Es sah hier aus wie auf jedem anderen kleinen Bauernhof. Vor ihm lag ein niedriges einstöckiges Gebäude, das von einigen Nebengebäuden umgeben wurde. Zwei Hunde dösten vor dem Tor einer kleinen Scheune bei einem Brunnen, und einige magere Hühner pickten in den Ritzen der Pflastersteine. Außerdem gab es einen schmalen Verschlag für Schweine, und auf einem kleinen grasbewachsenen Hügel wurden vermutlich Kaninchen gehalten. Master Joseph folgte Corbetts Blick.
    »Wir versorgen uns weitgehend selbst«, sagte er. »An Wasser herrscht kein Mangel, es gibt frisches Fleisch, und wir ziehen unsere eigenen Kräuter. Sir Simon zahlt uns entweder bar oder in Naturalien für unsere Arbeit. Die Schwestern des Holy Cross Convents sind ebenfalls sehr großzügig, wie auch einige der wohlhabenderen Bauern.«
    Corbett schaute sich um. Alles wirkte etwas ärmlich, aber wohlerhalten - die Pastoureaux hatten ganz offensichtlich hart gearbeitet, um sich diesen Zufluchtsort zu schaffen.
    »Es ist sehr still«, sagte er.
    Da hörte er leisen Gesang, und Nettler deutete auf das Haupthaus.
    »Die Gemeinschaft befindet sich im Gebet.«
    »Dann hättet Ihr vielleicht Father Augustine gestatten sollen einzutreten«, sagte Monck sarkastisch.
    »Die Regeln des Ordens sind in diesem Punkt eindeutig«, entgegnete Master Joseph. »Es werden nie mehr als drei Besucher gleichzeitig eingelassen. Dafür wird auch Father Augustine Verständnis haben.«
    Corbett erinnerte sich an den säuerlichen Gesichtsausdruck des Geistlichen und bezweifelte das.
    »Ihr betet oft?« erkundigte er sich, stampfte mit den Füßen auf und fragte sich, wann die Pastoureaux sie wohl aus der Kälte ins Haus bitten würden.
    »Unsere Regeln sind angenehm und leicht«, entgegnete Master Joseph.
    Corbett blickte ihm rasch ins Gesicht. Er war sich sicher, einen sarkastischen Unterton bemerkt zu haben.
    »Was wir tun, ist folgendes«, fuhr Master Joseph eilig fort, »wir stehen auf, beten, studieren die Schrift, arbeiten etwas und kehren für das gemeinsame Gebet und eine abendliche Mahlzeit hierher zurück.«
    »Und Ihr lebt ständig hier?« erkundigte sich Monck.
    »Ja, abgesehen von den gelegentlichen Reisen nach Bishop’s
    Lynn.« Dieses Mal gab Philip Nettler die Antwort. »Father Joseph und ich begeben uns dorthin, wenn wir nach einer
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