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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels
Autoren: Paul C. Doherty
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kommen von weiter weg.«
    Corbett betrachtete die jungen Leute. Er kannte das harte, arbeitsreiche Leben, dem sie entronnen waren, und fragte sich, was sie wohl nach dem kalten und feuchten Klima Englands vom Heiligen Land halten würden. Sie schienen besorgt. Ab und zu fiel der Name Marina. Gurney ging zu ihnen hinüber und begann eine Unterhaltung mit einem jungen Mann, den er erkannte. Nettler hielt sich nervös in ihrer Nähe. Plötzlich richtete sich Master Joseph wie ein Jagdhund auf und spitzte die Ohren. »Was ist das?« fragte er.
    Alle im Zimmer verstummten. Da hörte Corbett es ebenfalls -am Tor wurde geklopft, dazu Ranulfs Stimme. Master Joseph eilte nach draußen. Nettler befahl den Pastoureaux, sitzenzubleiben. Corbett, Gurney und Monck folgten Master Joseph nach draußen. Sie eilten über den Hof. Master Joseph schob den schweren Riegel des Tores zurück. Ranulf stieß ihn zur Seite.
    »Herr!« rief er. »Sir Simon!«
    »Was ist los, Mann?« brüllte Gurney.
    »Einer Eurer Diener, ein Jäger oder Forstmeister, hat die Leiche einer jungen Frau gefunden. Sie ist ermordet worden!«
    »Gott stehe uns bei!« Master Joseph wurde bleich. »Gottbehüte! Master Nettler, bleibt hier!«
    Gurney war bereits zu Father Augustine und dem Arzt geeilt, die neben ihren Pferden standen. Zu ihnen hatte sich ein Mann gesellt. Er trug eine schmutzige braune Lederjacke und hohe Gamaschen, die in Reitstiefeln mit hohem Schaft steckten. Gurney wandte sich an ihn.
    »Thomas, was gibt’s?«
    Der Mann drehte sich um. Sein gebräuntes, bärtiges Gesicht war bleich. Seine Augen hatten einen gequälten Ausdruck. »Weiter im Moor draußen habe ich nach den Schlingen von Wilderem gesucht. Da liegt die Leiche eines Mädchens.« Der Mann räusperte sich und spuckte aus. »Ihr schaut Euch das am besten selbst an!«
    Er rannte leichtfüßig los, Master Joseph hintendrein. Die anderen holten erst ihre Pferde und folgten den beiden. Sie legten etwa eine Strecke von einer Meile über das Moor zurück. In einer Senke, gerade vor einem kleinen Wäldchen, lag der Leichnam des Mädchens. Ihre braune Robe war über ihre jungen Brüste zurückgerutscht, ihre Beine waren gespreizt, ihre Strümpfe auf ihre Knöchel herabgezogen. Der Arzt stieg ab, um den Leichnam zu untersuchen. Corbett folgte ihm.
    »Sie ist vergewaltigt worden!« sagte Selditch, der sich neben sie gekniet hatte. »Schaut nur auf die Quetschungen an ihren Oberschenkeln.«
    Corbett warf einen flüchtigen Blick dorthin und wandte dann seine Aufmerksamkeit der dünnen Schnur zu, die dem jungen Mädchen um den Hals lag. Er gebrauchte sein Messer, um sie zu durchtrennen. Dann strich er das lange, glänzend schwarze
    Haar des Mädchens mit einer sanften Handbewegung zurück und schaute voll Mitleid in das erschütternde Antlitz, das Spuren von Gewalt zeigte. Etwas geronnenes Blut klebte in einem Mundwinkel, der Mund war halb geöffnet. Die Tote hatte die Augen weit aufgerissen und den Blick blind in den Ginster gerichtet. Corbett schaute über die Schulter auf Master Joseph, der bleich auf die Leiche stierte.
    »Das ist doch Marina?«
    Master Joseph nickte.
    »Gott sei mit ihr!« flüsterte Corbett. Er schloß dem Mädchen die Augen und zog ihr langes Gewand nach unten, um ihre Blöße zu bedecken.
    Ranulf stand hinter ihm und sagte mit trauriger Stimme: »Sie muß wunderschön gewesen sein.«
    »Ja«, erwiderte Corbett, »ein schreckliches Ende für ein liebreizendes Mädchen. Sir Simon, sie muß von hier fortgeschafft werden.«
    Gurney nickte. Er befahl dem Jäger Thomas, ein Auge auf die Pferde zu haben, die vom Geruch der Leiche unruhig wurden, kam dann näher und kniete sich neben das Mädchen. Er nahm ihren Kopf mit beiden Händen.
    »Ungefähr sechzehn Lenze alt«, murmelte er. »Ich erinnere mich noch an ihre Taufe. Ihr Vater Fulke wird vor Trauer außer sich geraten.«
    Father Augustine, dessen alte Mähre mit den anderen Pferden nicht hatte Schritt halten können, kam endlich ebenfalls. Er stieg ab, betrachtete den Leichnam und schluckte heftig. Er strich die Kapuze seiner Kutte zurück, kniete nieder, flüsterte dem Mädchen die Absolution ins Ohr und machte über ihr das Zeichen des Kreuzes. Dann stand er auf und wischte die Tautropfen von seiner Kutte.
    »Wir müssen sie nach Hause bringen«, sagte er. »Master Joseph, habt Ihr einen Karren?«
    Der Führer der Pastoureaux nickte und eilte zurück zur Eremitage. Corbett ging zu Selditch hinüber, der einen großen: Schluck
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