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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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einer bestimmten Regelmäßigkeit?« fragte Corbett.
    »Warum?« Der Mann wurde jetzt vorsichtiger. »Schwester Agnes kam und ging, wie es ihr gefiel. Ich will Euch folgendes sagen, Sir: Ich bin in dieser Gegend geboren, und hier kann es verdammt gefährlich sein. Die Kliffs sind aus Kreide und können nachgeben. Auf dem Moor können Pferd und Reiter versinken. Und vor allem sind da die Gezeiten - nach starkem Regen und starkem Wind kann die Flut schneller kommen als ein Windhund.«
    Corbett dankte ihm und betrat bald darauf das Kloster. Eine der Schwestern wies ihn in das kleine Gästehaus gegenüber der Kapelle und brachte ihm einen schmackhaften Pie und einen kleinen Krug des besten Rotweins, den er seit Monaten genossen hatte. Nach diesem Mahl ging er zu Bett. Während er vor sich hin döste, mußte er immer wieder an die einsame, windgepeitschte Landzunge denken und an die Nonne, die sich auf einen Stock lehnt, eine Laterne in der Hand, und auf das mitternächtliche Meer starrt.

Kapitel 7

    E ure königliche Hoheit, ich muß wissen, warum sich Lavinius Monck im Mortlake Manor aufhält.«
    Corbett stand im Gemach des Königs im Augustinerkloster von Walsingham und schaute diesen finster an. Der König saß bequem zurückgelehnt in einer Fensternische und starrte mißmutig aus dem Fenster.
    Am anderen Ende des Zimmers saß behäbig John de Warenne, der Earl of Surrey, vor dem offenen Kamin, rutschte gelegentlich verlegen hin und her und schlug sich mit seinen gepanzerten Handschuhen auf das Knie.
    »Abgesandter«, rief der Earl über die Schulter, »Ihr habt Eurem König keine Forderungen zu stellen.«
    »Ach, haltet doch den Mund, Surrey, seid nicht so verdammt anmaßend!«
    Edward von England schaute zu seinem munteren Gefährten und treuen Freund hinüber. Er wünschte, der Earl würde schweigen. De Warenne konnte einen Angriff gegen die Schotten anführen, aber sobald es um Intrige ging, besaß er nur noch den Takt und die Diplomatie eines Sturmbocks oder Mauerbrechers. Edward schaute Corbett an und unterdrückte ein Grinsen. Der sonst so ruhige und gelassene Corbett war von der Reise mitgenommen und von Kopf bis Fuß vom Schmutz der Landstraße bedeckt. Er war unrasiert, und seine sonst häufig halbgeschlossenen Augen blitzten verärgert. Der König breitete die Hände aus.
    »Hugh, Hugh. Warum all diese Aufregung?« Er deutete auf den Stuhl neben sich. »Setzt Euch, Mann.« Edward lächelte, sein zerfurchtes und herrisches Gesicht floß vor Charme förmlich über. »Ich bin zu diesem gesegneten Wallfahrtsort gekommen, um den Frieden und die Weisheit Gottes zu suchen.«
    Corbett ging zu dem ihm zugewiesenen Stuhl und setzte sich. Du bist ein Lügner, dachte er. Er schaute in das Habichtantlitz des Königs. Der silbergraue Bart, das schulterlange Haar, die unschuldigen Augen, die vollen Lippen, all das war nur eine Maske. Edward von England war ein geborener Intrigant, der sich in jeder Situation zurechtfand. Corbett war jedoch nicht in Stimmung, sich verschaukeln zu lassen. Vom Holy Cross Convent hatte er einen ganzen Tag benötigt und Walsingham erst bei Einbruch der Dunkelheit erreicht.
    »Warum«, fragte der König, »macht Ihr Euch so viele Gedanken über Lavinius?«
    Corbett ergriff die Gelegenheit, um in ein paar kurzen Sätzen zu erklären, was gerade in Hunstanton vorging. Edward kratzte sich den Bart und fand die Vorstellung immer fataler, daß Corbett, der immerhin sein wichtigster Bevollmächtigter war, in den Salzsümpfen und sumpfigen Wiesen Norfolks für Unruhe sorgte.
    »Ich dachte«, sagte er, als Corbett geendet hatte, »daß Ihr Lavinius vielleicht helfen könntet, erst recht nach dem Tod von Cerdic.« Er nickte in Richtung von de Warenne, der mißmutig ins Feuer starrte. »Und Surrey stimmt mir da zu.«
    »Lavinius ist ein guter Beamter!« sagte de Warenne.
    »Gütiger Himmel«, entgegnete Corbett, »Lavinius ist verrückt.« Der Earl drehte sich hastig auf seinem Stuhl um, aber Corbett wich seinem Blick nicht aus.
    »Ihr wißt das selbst, edler Herr«, fuhr er mit leiser Stimme fort. »Der Mann ist verrückt vor Kummer.«
    »Und die Pastoureaux?« warf Edward eilig ein.
    »Eure Hoheit, ich würde empfehlen, daß Ihr, wenn Ihr Eure Ratsherren das nächste Mal in Westminster trefft, eine Verfügung an alle Sheriffs, Amtsleute und Hafenbeamten sowie an alle führenden Barone und Kronvasallen herausgebt, daß sämtliche Pastoureaux aus Eurem Reich verbannt werden.«
    »Aus welchem

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