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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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die beiden gute Betten, Möbel und sogar Teppiche besessen hatten. Die Fensterrahmen, in die Glasscheiben und Horn eingesetzt gewesen waren, hatte man einfach ausgehängt. Einige der Dachziegel waren ebenfalls entfernt worden, und auf den Fußböden bildeten sich bereits feuchte Stellen. Corbett ging hemm und schaute sich alles an. Sein
    Unbehagen wuchs, nicht nur wegen der Verbrechen, die hier verübt worden waren, sondern wegen der leeren Stille und dem Eindruck, der bei ihm ein weiches Gefühl in den Knien auslöste, daß er beobachtet würde.
    Er ging zurück, um nach seinem Pferd zu sehen, und schaute in die grauen Wolken.
    »Wo ist Alan of the Marsh?« murmelte er und streichelte seinem Pferd geistesabwesend die Nüstern. »Denk nach, Corbett!« sagte er laut. »Alan of the Marsh muß als Flüchtling hierhergekommen sein, um sich vor dem damaligen Gurney zu verstecken, aber wo?«
    Corbett schaute sich auf dem Hof um. Er sah ein niedriges Gebäude aus Ziegelsteinen, das so wirkte, als stände es schon seit Ewigkeiten dort. Corbett ging hinein. Es hatte früher einmal als Mälzerei gedient und roch dementsprechend muffig und etwas stechend. Holzspäne und Tonscherben lagen auf dem Boden verstreut. Corbett trat mehrmals mit einem Stiefel fest auf und stieß schließlich den Unrat beiseite. Der Boden bestand nicht aus Erde, sondern aus Stein. Er schob einen Haufen fauliges Stroh an die Wand und seufzte zufrieden, als er eine Falltür entdeckte. Mit dem Griff seines Dolches schob er den Riegel zurück und hob die Tür an ihrem rostigen Ring hoch. Er hielt inne, um sich eine provisorische Fackel zu machen, entzündete sie und stieg vorsichtig die morschen Holzstufen hinunter. Dann hielt er die Fackel hoch über den Kopf und etwas von sich weg. Die Flammen züngelten in einem leichten Luftzug. Er stand in einer Grube, einem kleinen Keller. Der Boden bestand aus Erde, und im Schein seiner Fackel sah er nur einige Spinnweben. Er hörte das Quieken von Ratten, die eilig in ihren Löchern verschwanden.
    »Kein Geheimgang«, murmelte er. »Nichts als ein dreckiger Kerker.«
    Da sah er, daß jemand in die eine Wand etwas unbeholfen ein A und ein M geritzt hatte und eine Zeichnung, die an einen Totenschädel erinnerte: zwei Augen und eine Nase, die durch ein Dreieck miteinander verbunden wurden. Corbett betrachtete die Zeichnung eingehend. Er zweifelte nicht daran, das Versteck von Alan of the Marsh gefunden zu haben. Dieser hatte die Zeichnung in die Wand geritzt. Falls das der Fall war, bildeten die beiden Buchstaben und das Dreieck eine geheime Botschaft. Die Fackel drohte zu verlöschen. Corbett ließ sie fallen und stieg wieder die Stufen hinauf. Er war so in Gedanken versunken, daß er erst aufschaute, als er den Duft eines Parfüms wahrnahm. Da sah er über sich einen schweren Holzklotz, der auf seine Schläfe zukam. Er schrie auf und brach bewußtlos auf den Stufen zusammen.
    Als er wieder zu sich kam, war er tropfnaß, und sein Kopf fühle sich an wie eine Trommel. Er verstand nicht, warum man ihn anbrüllte und warum seine Füße und Beine so naß und kalt waren. Er zog sich nach vorne. Wenn man doch nur endlich still wäre. Er setzte sich auf und versuchte, seine Übelkeit zu unterdrücken. Verdutzt schaute er nach unten und auf die Wellen, die ihn umtosten. Über ihm kreisten weiße Möwen wie Engel. Etwas war ganz und gar nicht in Ordnung. Er schloß die Augen und schüttelte den Kopf. Aus dem Keller war er irgendwie an diesen kalten, menschenleeren Strand gekommen. Das Kliff lag vor ihm. Er konnte den Galgen, an dem die Bäckersfrau gehenkt worden war, sehen.
    Man hatte ihn auf den Kopf geschlagen, aber wie kam er hier an den Strand? Und warum gerade jetzt? Eine Welle durchnäßte ihn bis zur Brust. Corbett schaute über das brausende Meer und verstand entsetzt, was geschehen würde. Die Flut lief auf, nicht allmählich, sondern als Springflut, was an dieser Küste nicht selten war und schon manchem das Leben gekostet hatte. Die Brecher waren riesig und wütend. Sie kamen mit einer Geschwindigkeit, die Corbett noch nie zuvor erlebt hatte. Er kam mühsam auf die Füße und taumelte auf den Pfad zu, der auf das Kliff hinaufführte. Das Meer verfolgte ihn. Er konnte nicht schnell laufen - seine Beine waren bleischwer, und er hatte das Gefühl, sein Kopf müßte zerspringen. Ihm wurde übel, er würgte, verlor das Gleichgewicht und fiel. Die Wellen rollten über ihn hinweg. Ihre eisige Berührung erstickte seine

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