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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Corbett. »Man hat Alan zuerst betäubt, vermutlich mit einem Schlaftrunk oder mit Gift. Als er bewußtlos war, hat man die Tür und das Guckloch verschlossen.« Corbett zuckte mit den Achseln. »Die Priorin ließ anschließend die gesamte Anachoretinnenzelle zumauern. »Vermutlich bei Nacht. Das Ganze dauerte nur ein paar Stunden. Anschließend wurde der Arme vergessen.«
    »Aber irgend jemand hätte es doch bemerken müssen?« Corbett schüttelte den Kopf. »Bei meinem ersten Besuch habt Ihr mir erzählt, daß die Bauarbeiten erst 1120 abgeschlossen waren. Überall standen also noch Gerüste, und Bauarbeiter waren verfügbar. Stellt es Euch nur einmal vor: Alan of the Marsh wird an einem Spätnachmittag hierhergebracht. Die Priorin bringt ihm etwas zu essen und Wein mit einem Betäubungsmittel. Sie verschließt die Tür und gibt sofort die Anweisung, sie zuzumauern. Niemand außer ihr weiß, daß sich jemand in der Nische befindet. Viele, viele Stunden später kommt Alan of the Marsh wieder zu sich. Er macht einen kläglichen Versuch, zu entkommen.« Corbett schaute auf die Statue der Jungfrau Maria. »Ich kann nicht mit Sicherheit behaupten, daß es sich so zugetragen hat. Aber ich vermute, daß wir der Wahrheit nie näher kommen werden!«
    Lady Cecily erhob sich und ergriff seine Hand. »Sir Hugh, um der Liebe Gottes willen, in der Sakristei stehen einige längliche Truhen. Könntet Ihr das Gerippe entfernen? Bitte! Ich, wir sind für den Tod dieses Mannes nicht verantwortlich. Ich werde für den Frieden seiner Seele beten lassen. Ich werde dafür sühnen.«
    Sie war so erregt, daß nicht viel gefehlt hätte, und sie wäre wieder in Ohnmacht gefallen.
    »Darf ich noch eine Frage stellen?« fragte er.
    Sie nickte.
    »Kennt noch jemand die Geschichte des Flüchtlings?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Niemand weiß davon. Dieser Teil der Chronik liegt in einem Versteck. Nur die Priorin darf ihn lesen. Was den Kelch angeht«, sie zuckte mit den Achseln, »der gehört mittlerweile zu unserem Kirchenschatz. Niemand verschwendet noch einen Gedanken an ihn.« Sie faßte Corbett am Handgelenk. Ihre Finger waren eiskalt. »Aber bitte«, flüsterte sie, »schafft dieses schreckliche Gerippe weg!«
    Corbett und Ranulf holten die sterblichen Überreste von Alan of the Marsh aus der Nische und legten sie in einen langen Holzkasten, den sie in der Sakristei gefunden hatten. Sie nagelten den Deckel zu und brachten den Sarg auf den menschenleeren Friedhof. Die Priorin ging vor ihnen her. In einem kleinen Schuppen fand Ranulf Spitzhacke und Schaufel. Er hob eine flache Grube aus, und sie stellten den Sarg hinein. Anschließlich gab Lady Cecily Corbett das feierliche Versprechen, bei Gelegenheit ein Kreuz errichten und Messen für Alans Seele lesen zu lassen.
    »Das hat der arme Teufel auch wirklich nötig!« sagte Ranulf, als sie zu den Ställen zurückgingen, um ihre Pferde zu holen. Corbett blieb stehen. »Ich frage mich aber noch etwas!« rief er laut.
    »Was, Herr? Was aus dem Kelch wird?«
    Corbett grinste. »Nein, den soll das Kloster ruhig behalten. Ich frage mich, was das für eine Geschichte mit dem Priester war, Father James, und was Alan of the Marsh mit seinem Verschwinden zu tun hatte.«
    Ranulf stieß mit der Stiefelspitze einen Stein weg.
    »Ich weiß es nicht. Also noch ein Geheimnis. Ich denke, wir sollten den Kelch doch mitnehmen.«
    Corbett lachte leise. »Das ist ein Abendmahlskelch, Ranulf, ein heiliger Gegenstand. Er ist da, wo er hingehört! Edward würde ihn nur Surrey geben. Komm schon, laß uns gehen!«
    Sie fanden Maltote in der Schmiede, wo dieser sich gerade aufwärmte. Er wollte wissen, warum sie so lange gebraucht hätten. Ranulf schüttelte den Kopf und legte einen Finger auf die Lippen, um Maltote zu bedeuten, daß er nichts sagen würde, bis sie die Mauern des Klosters hinter sich hätten.
    Wieder auf dem Moor, hielt Corbett an und drehte sich zum Kloster um. »Nichts«, murmelte er, »ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Wer hätte gedacht, daß ein dem Gebet und guten Werken gewidmeter Ort so schreckliche Geheimnisse bergen könnte?«
    »Wir haben jedenfalls gute Werke vollbracht«, sagte Ranulf lächelnd. »Wir haben einen Geist ausgetrieben, die Wahrheit herausgefunden und dieser arroganten Frau eine Lektion erteilt, die sie ihr Lebtag nicht vergessen wird!«
    Corbett trieb sie zur Eile an. Ranulf blieb zurück, um Maltote flüsternd zu berichten, was sie im Kloster in Erfahrung gebracht

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