Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)
damit. Ich werde mich nach Lore erkundigen«, sagte Frieder.
»Gut. Dann brich umgehend auf und eile dich. Edward, Lore hat von einer Dienerin der Duretta gesprochen. Die Weiber scheinen schönen Dingen nicht widerstehen zu können. Auf dem Markt oder am Hafen wirst du einen Höker finden, der dir Bänder und Putz verkauft. Füll einen Korb damit.«
»Gute Idee. Ich breche ebenfalls gleich auf. Frieder, habt Ihr alles, was Ihr für eine Schleuder benötigt?«
»Ein Stückchen Leder wäre gut.«
Die beiden verließen die Gaststube, und John gab den vier Knechten Anweisungen. Marian überließ ihm diese Aufgabe, offenbar hatte sein Freund sehr genaue Vorstellungen, wie das Rittergut zu überwachen war. Er selbst zankte sich mit Cedric gutmütig darüber, was die beste Art war, eine Schleuder herzustellen. Robert gelang es, dem Wirt ein Spielbrett abzuschwatzen, und lud ihn auf eine Partie Mühle ein. Marian nahm die Herausforderung an, und er hatte viermal desaströs verloren, weil seine Gedanken immer wieder zu seiner Schwester abglitten, statt sich auf die Spielsteine zu konzentrieren, als Frieder zurückkehrte.
»Hier ist das Pergament«, sagte er und legte vier kleine Quadrate auf den Tisch. »Lore geht es ganz gut. Das Weib hat ihr den Arm geschient und ihre Schrammen verarztet. Aber sie hat gequengelt, dass sie mitkommen und Frau Alyss befreien will.«
»Sie wird sich, wie wir alle, in Geduld zu fassen haben.«
Geduld brauchten sie indes nicht mehr lange zu haben, auch Edward tauchte auf. Und mit ihm erschien Gislindis. Augenblicklich verflog Marians düstere Stimmung.
»Ich habe Madelin zurückbegleitet«, sagte sie mit einem Augenzwinkern. »Aber leider gab es ein Gewühl an der Fähre, und da habe ich sie aus den Augen verloren.«
»Sie wird ihren Weg nach Hause alleine finden.«
»Und ihr schweres Bündel wird ihr sicher ein fescher Bursche tragen. Als ich ein wenig abseits wartete, bis sie nicht mehr suchte, bemerkte ich Euren Handelsknecht, Master John, bei eigenwilligem Tun. Dass er bunte Bänder liebte, kam mir gar seltsam vor, weshalb ich ihm meine Hilfe anbot.«
»Eine nützliche Hilfe«, meinte Edward und präsentierte einen Bauchladen voller Bänder, Schnüre, Garne und Perlen. »Den bot ein Schreiner feil, und Gislindis überzeugte mich, dass er meiner Rolle Glaubwürdigkeit verleiht. Gemeinsam füllten wir ihn bei den Hökern mit buntem Putz.«
»Ausgezeichnet. Hier hast du Pergament und meinen Silberstift. Die youngmen sind eben dabei, eine Schleuder zu fertigen.«
Das nützliche Gerät war bald aus ein paar starken Schnüren und einem Stückchen Leder gefertigt, Cedric übergab Edward einen Beutel mit runden Kieseln, und dann machte der Handelsknecht, jetzt ein Bandhöker, sich auf den Weg zum Gut.
»Wir werden auch bald aufbrechen und unsere Stellungen einnehmen. Robert, wenn es dunkel wird, bring die Pferde dichter an den Hof. Möglicherweise müssen wir schnell aufbrechen. Gislindis, Ihr solltet zu Sybilla gehen und dort Lore Gesellschaft leisten.«
»Nein, Master John, ich werde Euch begleiten. Denn auch Alyss wird froh sein, ein Weib bei sich zu haben. Wir wissen nicht, was sie ihr angetan haben.«
Marians düstere Laune kehrte schlagartig zurück. Bisher hatte er diese Möglichkeiten nicht durchdenken wollen, jetzt aber stimmte er Gislindis zu, und auch John nickte.
Dem Wirt kauften sie noch einige Brote und etwas Käse ab, dann machten sie sich in Gruppen nacheinander auf den Weg. Marian und Gislindis begleiteten Frieder, John ging mit Cedric, die vier Knechte jeweils zu zweit Richtung Isenburg.
Kühl war es geworden, und hin und wieder fiel etwas Nieselregen. Die Wege waren schlammig, Pfützen breiteten sich in den Fahrspuren aus.
39. Kapitel
D uretta hatte ihr ein reiches Mahl in die Kemenate gebracht, Wurstsuppe, Schinkenpasteten, scharf gewürzten Braten, knuspriges Brot. Und wieder einen Krug dunklen Wein. Außerdem hatte sie in ihrer lieblichsten Tonart auf sie eingeplappert und von einer schönen, schönen Überraschung gesprochen.
Alyss hatte sich wieder verhalten, als sei sie halb benommen, hatte vage, unlustige Antworten gegeben und immer wieder Anzeichen des Einnickens gezeigt. Sie wollte weder in Durettas Gegenwart essen noch von dem Wein trinken. Zum Glück war die Schnattergans bald gegangen, und obwohl sie auf Grund des langen Fastens beinahe heißhungrig war, aß Alyss nur von dem Brot. Der Wasserspeier hatte ihr zu einer weiteren Kanne Regenwasser
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