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Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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stellte Robert ihm das Geld zur Verfügung, um den alten Mann aus der Kerkerhaft loszukaufen.
    Lord Thomas dankte es ihm nicht, zu tief war er verletzt von dem angeblichen Verrat.
    Und dann, vor zwei Jahren, führte Johns Weg ihn erstmals nach Köln, wo er das Kontor der Weinhändlerin Alyss betrat.
    Und sein Herz verlor.
    Nicht, dass er gleich bemerkt hatte, was da geschehen war, als sie ihn mit ihren kühlen grünen Augen musterte. Und doch – sie hatte ihn gepiekst und gekratzt und geschmäht, seine dornige Rose, und er war ihren Stacheln erlegen wie nie zuvor einem Weib. Es war das Haus, das sie führte. Dieses warme, lebendige, duftende, lachende Hauswesen mit seinen Tieren und dem Jungvolk, der knurrigen Haushälterin und den deftigen Mahlzeiten, dem Geplänkel der Maiden und den Streichen der y ounglings , der aufrichtigen Freundschaft, die ihm Marian entgegenbrachte, und der freche Schnabel einer ungebärdigen Päckelchesträgerin.
    John lächelte und betrachtete den jungen Mann. Er hatte ebenso rote Haare wie Lore, doch sein Schnabel war weit vornehmerer Laute fähig. Es würde aufregend werden, wenn die Feuerköpfe aufeinandertrafen. Cedric, mit fünfzehn der jüngste Sohn von Johns Bruder, hatte den Wunsch geäußert, das Handelsgeschäft zu lernen. Es hatte gewaltige Auseinandersetzungen gegeben, denn eigentlich war er für den geistlichen Stand vorgesehen. Zu ihrer aller Erstaunen hatte Lord Thomas auf dem Sterbebett verfügt, dass der Junge seinen Willen haben sollte.
    Ja, sie hatten sich versöhnt, und die Trauer um seinen Vater hatte John noch nicht überwunden.
    Die Freude aber, in jenes Hauswesen zurückzukehren, verdrängte den Schmerz über den Verlust.
    »Komm, Cedric, Zeit, mal eine kleine Anstrengung zu unternehmen«, sagte John und schob Cedric in Richtung des Tretkrans.
    »Master John, nicht. Das sind ungewaschene Arbeiter.«
    »Und? Was gefällt dir daran nicht? Dass sie arbeiten oder dass sie schwitzen?«
    Cedric rümpfte die Nase.
    »Sie müssen wohl schwitzen, weil sie arbeiten. Aber deshalb müssen wir doch nicht …«
    »Du willst das Handelsgeschäft lernen. Also tust du, was ich sage.«
    Cedric schob die Unterlippe vor, und John amüsierte sich heimlich. Der Junge war verzärtelt worden. Etwas mehr raue Wirklichkeit würde ihm guttun. Er winkte dem Kranmeister zu, der eben Anweisung zu einer Pause gegeben hatte.
    Der knorrige Mann stutzte, schob seine staubige Kappe nach hinten und starrte John an.
    »Joseph, dein Kran quietscht.«
    »Herr? Verzeiht, Herr, Ihr seht einem meiner Männer ähnlich.«
    »So ähnlich, dass ich mich an deine Schinderei noch gut erinnern kann.«
    »John?«
    » Master John , Kerl!«, herrschte Cedric den Kranmeister an, der in brüllendes Gelächter ausbrach.
    »Na, da hat aber einer die Leiter erklommen.«
    John grinste den Mann an und warf seine Heuke über einen Ballen Tuch.
    »Mein Neffe und ich werden mal sehen, ob wir die nächste Ladung sauber auf Deck bekommen. Gönnt den beiden Windenläufern eine Pause. Ich zahle sie.«
    »Ihr müsst aber meinen Befehlen folgen, Master.«
    »Selbstredend. Ich kann mich an dein Gebrüll gut erinnern. Auf, Cedric, Tretmühlenarbeit!«
    »Nein, Master John. Nein!«
    Johns helle, blaue Augen wurden kalt, und unter seinen schweren Lidern streifte den Jungen ein Blick, der von stiller Grausamkeit sprach.
    »Du gehorchst.«
    »Ich will …«
    »Wir wollen alle viel, aber manches müssen wir eben. Und du kommst mit mir in das Laufrad.«
    Joseph nickte zustimmend.
    »Hat noch keinem geschadet, die Sache von unten auf zu lernen. Master John, ich vermute, das hier ist Eure Fracht?«
    »So ist es.«
    »Dann zeigt, ob Ihr noch Saft in den Knochen habt.«
    Das Laufrad des Tretkrans war fast zwei Mann hoch und innen mit Leisten belegt, auf die man zu treten hatte. Damit setzte sich das Rad in Bewegung und wickelte die Taue auf, an denen die Lasten hingen. Zwei Mann waren notwendig, um den Kran zu bedienen, und sie mussten gleichmäßig Fuß um Fuß setzen. Zwei weitere lenkten den Ausleger, einer bediente von außen die Bremse. Der Kranmeister gab den Aufladern Anweisungen, die Last festzumachen, und John schubste Cedric in das Rad.
    »Hinter mich, Junge, und wehe, du trittst mir in die Fersen.«
    Der Kranhaken wurde in die Seile um einen Ballen gehängt, Joseph gab das Zeichen zum Antritt. John marschierte los. Knarrend bewegte sich das Rad, und langsam straffte sich das Haltetau. Es war, als wäre er nie fort gewesen, mühelos

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