Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)
hingegen betrachtete den Mann. Er mochte Mitte zwanzig sein, hatte ein jungenhaftes Gesicht unter braunen Locken und lange, geschickte Finger. Mit Hunden schien er umgehen zu können.
»Sie wird das schon schaffen. Auch wenn Ihr uns zwischendurch ein paar Fragen beantwortet.«
»Wer seid Ihr?«
»John of Lynne und Robert van Doorne.«
Beinahe hätte Constantin den Welpen fallen lassen.
»Unsere Namen sagen Euch etwas, nehme ich an.«
Einigermaßen unbeeindruckt versuchte er mit den Schultern zu zucken.
»Tuchhändler, richtig? Ich brauche Eure Ware nicht.«
»Nein, aber wir brauchen Euren Knecht Seitz.«
»Der ist weg.«
»So, so. Und wohin?«
»Wenn ich das verdammt noch mal wüsste.«
»Seit wann?«
»Seit fast zwei Wochen.«
»Und Ihr habt ihn nicht gesucht?«
»Wo denn?«
»Dort, wo er am Samstag vor zwei Wochen einen Sack voller Hühner hingebracht hat?«
Verständnislos starrte Constantin ihn an.
»Was soll diese Fragerei?«
Er wandte sich ab, als die Hündin zu winseln begann, und strich ihr beruhigend über den Kopf. Offensichtlich war ihm der tierische Nachwuchs weit wichtiger als seine Besucher.
Und John begann zu fürchten, dass sie einer falschen Fährte aufgesessen waren.
»Constantin vamme Thurme, Ihr wisst, dass Frau Ella in einigen Monaten Euer Kind zur Welt bringen wird«, sagte Robert unerwartet in die Stille.
Das allerdings zeigte Wirkung. Constantin schnappte nach Luft und zog sich von der Hundemutter zurück.
»Wenn Ihr nicht wollt, dass wir dem Rentmeister Oldendorp ein paar heikle Neuigkeiten unterbreiten, solltet Ihr etwas mehr Interesse auf uns verwenden.«
»Ich … aber …«
»Versucht gar nicht erst, es zu leugnen. Mein Weib ist Frau Ellas Wehmutter.«
Constantins Kehlkopf bewegte sich ruckartig auf und nieder.
»Aber was wollt Ihr von mir?«
John nickte Robert unmerklich zu und übernahm die Rede wieder.
»Ihr seid mit Merten befreundet, hört man allenthalben.«
»Ja, und?«
»Wo hält Merten sich auf?«
»Weiß ich nicht.«
»Wo könnte er sich aufhalten?«
»K… keine Ahnung.«
Robert kniete sich neben der Hündin nieder und zückte den Dolch.
»Nicht!«, schrie Constantin auf.
»Merten?«, fragte John.
»W… weiß ich wirklich nicht. War hier letzte Woche. Haben Hasen gejagt. Ich weiß nicht. Ich weiß wirklich nicht.«
Jetzt zitterte er und sah ängstlich nach der Hündin, die ihr Neugeborenes gründlich ableckte.
Roberts Dolch schimmerte im Sonnenlicht hinter ihr.
»Yskalt«, knurrte Robert. »Berichtet uns von Yskalt.«
John hob leicht erstaunt die Braue, aber Robert mochte seine Gründe haben, das zu fragen.
»Ich kenne keinen Yskalt.«
Die Dolchspitze näherte sich dem ersten Welpen.
»Doch, Ihr kennt ihn. Diese Hunde sind einiges wert, nicht wahr? Gute Zucht, richtig?«
»Wer hat ihn aus dem Kerker befreit, Constantin?«, fragte John nun auch mit leiser, böser Stimme und ließ ebenfalls seinen Dolch sehen.
»M… Merten wollte das.«
»Wer hat ihm geholfen?«
»Edgar. Edgar von Isenburg. Und ein friesischer Schiffer.«
»Wie kam Yskalt in Euren Wehrgraben?«
»Weiß ich nicht. Weiß ich nicht.«
»Ihr wisst verflucht wenig. Es wäre besser, Ihr erinnertet Euch. Das Leben Eurer wertvollen Hündin steht auf dem Spiel.«
»Ich wollte das nicht. Ehrlich. Merten hatte Geld von seinem Stiefvater bekommen, hat damit die Wachen bestochen. Sie haben ihn hergebracht. Merten wollte von dem Tölpel wissen, warum er den Mann erschlagen hat. Sagte, die im Turm bringen es nicht aus ihm raus. Aber er hat es …« Constantin schauderte. »Edgar hat es ihm abgepresst. Es war Euer Bruder, Herr Robert, der Arndt van Doorne, der den Friesen dafür bezahlt hat. Der Yskalt war Knecht auf dem Schiff, mit dem Arndt van Doorne von Marienhafe nach Köln gereist ist. Er war von kindischem Witz und verehrte seinen Hammer.«
»Ja, das wissen wir«, knurrte John.
»Er hatte eine Hand verloren und fieberte, und wir haben ihn auf einen Karren gepackt und dort in den Wald gefahren. Da, wo die heidnischen Gräber sind. Merten hat gesagt, da kann er unter seinesgleichen verrecken.«
»Dummerweise hat er das nicht getan, sondern hat es geschafft, bis zu Eurem Wehrgraben zu kriechen.«
»Wo ihn Ritter Arbo fand, nicht wahr?«
»Der Ritter.« Constantin verdrehte die Augen. »Ausgerechnet mein heiliger Vetter musste ihn aufklauben.«
»Und brachte ihn zu den Johannitern in Herrenstrunden, wo ich Yskalts letzte Stunden begleitete«, sagte John ruhig. »Der
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