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Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Ufer auf, und sie mussten warten, bis sie entladen war. Frieders Magen knurrte, und Cedric wies auf eine Garküche am Kai.
    »Die haben Schweinswürste. Die riechen gut.«
    »Dann hol uns welche. Es wird noch einige Zeit dauern, bis wir uns etwas aus Hildas Kessel schöpfen können.«
    Das Essen tat nicht nur Frieders leerem Magen gut, auch die trüben, bedrückenden Gedanken an den Tod verscheuchte es. Er sah wieder mit abenteuerlustigen Augen in die Zukunft. Bald schon würden sie Frau Alyss aus den Fängen der Verbrecher befreien, und er selbst würde eine kämpferische Rolle dabei spielen. Welche, das begann er sich schon auszumalen.

31. Kapitel
    A lyss hatte lange geschlafen und musste hungrig den Tag beginnen. Seit dem Mahl mit dem Widerling hatte man ihr weder Essen noch etwas zu trinken gebracht. Das war vermutlich mit Absicht geschehen, um sie weiter zu zermürben. Sie schleppte sich zum Fenster und öffnete das Flügelchen, um in den hellen Morgen hinauszuschauen. Dem andauernden Geschepper der Glocke nach, die im Türmchen der Kapelle hing, musste es Sonntag sein. Alyss seufzte. Wie gerne würde sie jetzt das Hauswesen in die Kirche treiben, Lauryns Gewand zurechtzupfen, Lore vergeblich mitzuschleifen versuchen, Hildas Unkenrufe ignorieren, Benefiz zum Hof zurückschicken und Frieder befehlen, sich den Lehm von den Stiefeln zu streifen. Wie gerne hätte sie Catrin an ihrer Seite, würde Nachbarn und Freunde grüßen und vielleicht später ihren Eltern einen Besuch abstatten. Oder einfach die Messe schwänzen und sich mit einem Schmalzbrot und einem Apfel in ihrem Sanktuarium im Weingarten verstecken. Der Tag war warm und sonnig, dort würde das junge Grün der Sträucher aufbrechen, und am Spalier blühten sicher schon die Apfel- und Birnenbäume.
    Aber sie saß in ihrer Kemenate gefangen, und nur das heitere Zwitschern der beiden Finken brachte ihr die frühlingsfrohe Stimmung in den Raum.
    Wie wünschte sie sich, mit John auf der Bank zu sitzen, seinen hintersinnigen Komplimenten zu lauschen und ihn dornig mit Worten zu pieksen, in seine ernsten blauen Augen zu schauen und zu sehen, wie sie weich und verständnisvoll zu leuchten begannen. Ihre Sorgen mit ihm zu teilen und sich seiner anzunehmen, seine Hand zu halten und sich an seine Schulter zu lehnen. Seine Lippen auf den ihren zu spüren. Sich davontragen zu lassen von seinen Zärtlichkeiten.
    Ob er inzwischen in Köln war? Ob er sich entschieden hatte? Er war der Erbe seines Vaters, war ein englischer Adliger, und er konnte dort sein Land verwalten. Oder würde er weiterhin im Tuchhandel tätig sein, zwischen London und Köln reisen oder gar das Haus in Deventer beziehen?
    Welche Rolle sollte sie in seinem Leben spielen? Die einer Buhle, die er aufsuchte, wenn der Wind ihn den Rhein hinuntertrieb? Oder würde sie sein angetrautes Weib werden, mit ihm gehen, in ein fremdes Land, dem Haus eines Lords vorstehen?
    Es war besser, sich derartige Gedanken zu machen, als darüber zu grübeln, was diese grässliche Duretta weiter mit ihr vorhatte. Seit dem katastrophalen Mahl mit dem Abschaum war sie noch zweimal bei ihr aufgetaucht und hatte versucht, sie von den Vorzügen einer Heirat mit dem ekeligen Wurm zu überzeugen. Alyss indes hatte standhaft weiter darauf bestanden, ins Kloster gehen zu wollen.
    Inzwischen ärgerte sie sich, dass sie ihre Flechtarbeit zerstört hatte, und wanderte ruhelos in der Kemenate auf und ab. Die Psalmen hatte sie schon alle rekapituliert und auch die Texte des mieselsüchtigen Predigers, die ihr Vater so gerne zitierte. Sogar Sirachs Worte bekam sie beinahe vollständig zusammen, doch leichter fielen ihr die Verse des klugen Dichters Freigedank.
    »Tut ein Weib eine Missetat,
    wie sie der Mann zu tausend hat,
    der Tausende rühmet sich der Mann,
    doch ›ihre Ehre sei vertan‹;
    Das heiß’ ich nicht ein gleiches Spiel,
    von solchem Rechte Gott nichts will.«
    Das war einer seiner Gedanken, über die sie oft nachgedacht hatte. Frauen waren unter die Munt der Männer gestellt, ihr Leben, ihr Gut, ihre Freiheit bestimmten Väter, Brüder, Gatten. Wenn sie es sich gefallen ließen. Es gab aber auch unzählige Frauen, die ein selbstbestimmtes Leben führten. Die Beginen, denen Catrin und auch einst ihre Mutter Almut angehört hatten, folgten ihren eigenen Regeln. Handwerkerinnen und Händlerinnen taten es ebenso. Und so, wie sie ihr eigenes Siegel führte, taten es andere auch, tätigten ihre Geschäfte und forderten ihr

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