Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)
und eitel. So schilderte sie auch Sybilla. Ich glaube nicht, dass sie uns helfen kann.«
»Nein, sie müsste verschwiegen und klug sein und verstehen, dass ihre Herrschaft Alyss gefangen hält«, meinte Catrin.
Marian sah in die Runde. Sein Blick traf den von Gislindis, und eine kleine Süße füllte sein Herz, als sie lächelte.
»Ihr habt eine Küchenmagd, die beides ist, verständig und verschwiegen, und die Alyss vertraut ist.«
Lore hopste auf ihrem Sitz auf und ab.
»Bin ich. Bin ich. Kann ich machen. Losster mich?«
»Nein!«, sagte Robert.
»Ja«, sagte John.
Marian wandte sich an Lore.
»Wie stellst du dir das vor?«
»Ich hab nachgedacht, Herr Marian. Schon seit gestern. Hab ich. Ich tu mich verdinge. Als Magd. Und dann schleich ich mich hoch. Op dem Turm. Und mach da auf. Und bring die Frau Herrin raus.«
Die Idee war nicht schlecht, dachte Marian. Sie war wirklich nicht schlecht. Er sah, dass auch John nickte, Robert jedoch noch die Stirn in Falten zog.
»Sie haben zwar einiges an Dienstleuten dort, aber jemand wird sich doch wundern, wenn plötzlich eine neue Küchenmagd auftaucht«, gab John zu denken.
»Wir müssen die Madelin weglocken«, sagte Frieder. »Dann brauchen sie einen Ersatz. Wenn Lore dann um Stellung bittet, werden sie sie nehmen.«
»Ja, das ginge. Hat die Madelin dort eine Kammer, oder geht sie abends heim zu ihrer Mutter, Cedric?«
»Weiß ich nicht, Master John.«
»Fragen wir die Mutter, die Imkerin von Holweide. Sie kann ihrer Tochter auch Nachricht schicken.«
»Ich übernehme das«, sagte Gislindis. »Eitle, niedliche Mädchen sind leicht zu lenken. Ich verspreche ihr einen Besuch in Köln, wo sie sich ein neues Sonntagsgewand kaufen darf. Ich habe Freundinnen, mit denen sie sich wohlfühlen wird.«
»Das wird dir die Möglichkeit verschaffen, deine Arbeit anzubieten, Lore.«
»Is jut. Und dann?«
»Beobachten. Einer von uns wird immer ganz in der Nähe des Hauses sein. Wann immer du kannst, musst du uns sagen, was dort vor sich geht.«
»Es wäre gut, wenn du dort auch einen Schlafplatz bekommst. Nachts wird es leichter sein, zu Frau Alyss zu gelangen.«
»Und die Frau Herrin rauszulassen.«
»Nein, das vielleicht nicht. Erst müssen wir wissen, was dort vor sich geht. Klaafe kannst du doch«, sagte Catrin und lächelte Lore an.
»Schon.«
»Wer wird alles nach Isenburg mitkommen?«, fragte Marian in die Runde.
»Frieder und Cedric mit Lore und Gislindis heute schon, um Madelin von dem Gut fernzuhalten und Lore die Möglichkeit zu geben, am Montag dort Einzug zu halten. Robert, Edward, du und ich folgen morgen früh«, antwortete John. »Frieder und Cedric mit euren Bögen, wir mit unseren Waffen. Gislindis, könnt Ihr reiten?«
»Nein.«
»Dann wird eines der Pferde der youngmen Euch tragen.«
»Und ich näm das Messveech.«
»Ich nehm dich Messveech«, sagte Frieder.
»Pfff.«
»Ruhe! Wir müssen vielleicht ein oder zwei Nächte im Freien verbringen. Nehmt Decken mit.«
»Wann brechen wir auf?«, fragte Gislindis.
»Sobald ich vom Turm zurück bin. Magister Jakob, begleitet Ihr mich?«
»Da meine Gegenwart bei der Expedition nach Isenburg nicht erwünscht ist, frage ich mich …«
Der Notarius sah ungewohnt verschnupft aus.
»Magister Jakob, ich bin nicht befugt, Euch den Unannehmlichkeiten einer Nacht unter den Sternen auszusetzen. Bedenkt, im feuchten Heu mit kribbelndem Ungeziefer zu nächtigen, dürfte Eurer Würde und Gesundheit äußerst abträglich sein.«
»Dann lieber der Kerker, meint Ihr, Herr Marian?«
»Von dort könnt Ihr jederzeit in Euer Heim zurückkehren und der Katze die Schreibfedern entreißen, die sie Euch so oft zu zausen pflegt.«
»Ein unholdiges Tier.«
»Sicher. John, bring die Katze ebenfalls zu den Benediktinern, auf dass sie geläutert wird.«
»Gebt der Katz besser ene Schobbe Milch«, kicherte Lore, und der Magister erhob sich.
»Kriegt sie. Viel Erfolg, Jungfer Lore. Gehen wir, Herr Marian.«
Der Turmmeister kannte den Notarius, und Marian überließ es ihm, ihr Anliegen vorzutragen.
»Die Witwe Ketwich hat Anklage erhoben. Einbruch legt sie ihm zur Last. Die Befragung hat noch nicht stattgefunden. Aber ich muss so und so die interrogatio durchführen. Dann soll es eben am heiligen Sonntag sein. Folgt mir.«
Das Turmgefängnis war ein ungemütlicher Ort, der im Augenblick nur von einem einzigen Gefangenen bewohnt war. Der bullige Mensch hockte an der Wand, eine Hand in Eisen gelegt. Er sah verdrossen
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