Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)
nuscheliger werdenden Wortschwall.
Offenbar hatte der Mann, der Beschreibung nach Merten, bei einem Besuch bei Edgar von Isenburg Seitz überredet, ihm zusammen mit Isenburgs Knecht dabei zu helfen, einem widersetzlichen Weib eine Lektion zu erteilen. Sie hatten zu dritt bei der Mühle an der Schafenpforte auf sie gelauert, er hatte ihr einen Knüppel über den Schädel gezogen, der Mann auf dem Karren, Peer, hatte versucht, sie zu verteidigen, und war von Isenburg erstochen worden. Dann hatten sie das Weib ausgezogen, und er, Seitz, hätte die Kleider, den Gürtel und das Siegel im Rhein versenken sollen. Doch das erschien ihm zu schade, darum hatte er die Sachen zur Pfandleihe gebracht und war mit den Münzen, die er dafür erhalten hatte, auf eine ausgiebige Sauf- und Hurenrunde gegangen. Vor drei Tagen war das Geld aufgebraucht gewesen, aber das gute Leben hatte ihm besser gefallen als die Arbeit auf dem Gut, also war er in zwei Häuser eingebrochen. Beim Versuch, noch ein drittes auszurauben, hatte ihn das Glück verlassen. Als er zu der Schilderung des Angriffs durch die wehrhafte Witwe kam, wurde sein Gestammel immer unverständlicher, und Marian gab den drei Männern den Wink, die Befragung zu beenden. Als sie den Kerker verließen, jaulte Seitz, dass die Dämonen hinter ihm her seien.
»Was, Herr Marian, habt Ihr dem Kerl in den Wein getan?«, fragte der Turmmeister.
»Ich? Er stürzte den Wein so schnell hinunter … Trunken wurde er. Aber der Fluch der Zauberschen, der mag seine Wirkung getan haben.«
Verständnisinnig nickte Magister Jakob und hub zu einem weiteren tonlosen Sermon über das Wirken der zauberkundigen Frauen an, als der Turmmeister mit Entsetzen abwinkte.
»Hört auf, Magister Jakob. Ihr redet mich auch ganz duselig. Habt Ihr die Auskünfte erhalten, die Ihr braucht?«
»Genug, Turmmeister, um daraus eine Anklage gegen Merten de Lipa und Edgar von Isenburg zu formulieren. Ihr hört von uns.«
»Das vermute ich auch«, antwortete der Turmmeister und wischte sich mit den Händen über das Gesicht. »Seid vorsichtig, damit es nicht unter widrigen Umständen geschieht.«
»Und was war es, Herr Marian?«
»Ein Elixier, ich vermute aus den Früchten der Tollkirsche oder der Alraune. Ein gefährliches Spiel, Magister, denn die Dosis macht das Gift. Er hätte auch einfach sterben können.«
»Er wird es nicht?«
»Nein, aber der Fluch der Sybilla wird noch lange in seinen bösen Träumen nachwirken.«
»Ihr seid ein hinterhältiger Mann.«
Da in dem ungewohnt herzlichen Tonfall so etwas wie Bewunderung mitschwang, nahm Marian diese Bemerkung des trockenen Magisters als Lob. Er begleitete ihn noch zu seinem Haus und kehrte dann zur Witschgasse zurück, um für den nächsten Tag den Aufbruch vorzubereiten.
33. Kapitel
A uf einem richtigen Pferd zu sitzen, befand Lore, war noch weit aufregender, als auf der Jennet zu reiten. Obwohl sie das auch immer schon mit Stolz erfüllt hatte. Jetzt saß sie hinter Cedric und klammerte sich an ihm fest, während er vor Frieder durch die Felder galoppierte. Bei Frieder saß die Schlyfferstochter, und sie hatten jeder ein Bündel mit Decken und Proviant dabei. Es war richtig aufregend.
Nur auf der Fähre war Lore ein bisschen bang gewesen, aber die Schlyfferstochter hatte ihre Hand genommen und sie fest gehalten. Und der Cedric hatte sich dicht hinter sie gestellt, sodass sie nicht aus Versehen ins Wasser fallen konnte.
Jetzt waren sie auf dem Weg nach Holweide, wo die Mutter der Küchenmagd lebte. Noch nie war Lore so weit weg gewesen, noch nie war sie auf dem Land gewesen, wo nur ganz wenige Häuser standen. Selbst bei dem Besuch beim Winzer Franz waren noch überall Gebäude zu sehen gewesen. Sie fragte sich, wie ihre Begleiter sich hier nur zurechtfanden, so ganz ohne Gassen und Türme und Mauern und alles. Aber offensichtlich wussten sie schon, welchen Weg sie nehmen mussten.
Cedric ließ sein Pferd jetzt langsamer gehen, sie näherten sich einem Bauwerk mit einem großen Rad daran, das sich langsam im Wasser eines Baches drehte. Die Sonne stand schon tief, und die Bäume warfen lange Schatten. In diese Schatten hinein wandten sie nun ihre Schritte. Dann hielten sie an.
»Es ist nicht mehr weit«, sagte Frieder zu der Schlyfferstochter. »Ich bringe Euch jetzt nach Holweide, und wir fragen dort nach der Imkerin.«
»Besser, ich komme zu Fuß dort an, ein schönes Pferd mit einem schönen jungen Mann wird Aufmerksamkeit erregen.«
Frieder
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