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Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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hat eine Küchenmagd nichts zu suchen.«
    Eilig stolperte Lore die nächste Stiege nach unten und lief über den Hof in die Küche zurück. Hier erwartete sie die nächste Schelte, die sie demütig über sich ergehen ließ. Den Rest des Tages hatte sie zu arbeiten.

35. Kapitel
    A lyss konnte nicht sitzen bleiben. Sie schritt mit wil den Bewegungen auf und ab. Sie fühlte sich, als stünde sie auf einem kleinen Nachen mitten auf dem sturmgepeitschten Rhein. Ihr Magen revoltierte, in ihrer Kehle bildete sich ein harter Klumpen, ihr Herz pochte dröhnend in ihrem Schädel. Auf und ab, Hoffnung und Verzweiflung, nun wieder Hoffnung. Lüge und Vertrauen und entsetzliche Erkenntnisse, unfassbarer Ekel und unfassbare Erleichterung – das alles war zu viel für sie.
    Im Krug befand sich dunkler, roter Wein, und vermutlich war er wieder angereichert mit dem Mittel, das sie benommen machte.
    Sie erinnerte sich an die Worte ihres Bruders und an Trines Unterweisungen, was Gifte anbelangte. Manche Mittel waren tödlich, und doch konnten sie helfen. Oftmals war es eine Frage der Menge. Ihrem Vater hatten sie ein Elixier des Fingerhutes verabreicht, als sein Herz aus dem Rhythmus gekommen war. Es hatte ihm geholfen, aber gleichzeitig war dieses Elixier auch eines, das den Tod herbeiführen konnte.
    Würde ein Schluck des Weines ihr helfen, ihr Gemüt zu beruhigen? Nur ein ganz kleiner Schluck, kein ganzer Becher?
    Bevor sie in einen haltlosen Schreikrampf verfallen würde, wollte sie lieber das versuchen.
    Sie nahm einen winzigen Schluck, und ja, der Geschmack war wieder vorhanden, irgendwie würzig wie Wald und Humus lag er unter der Süße der Trauben.
    Dann wanderte sie weiter auf und ab und versuchte, ihre wild schwankenden Gefühle und Gedanken zu zähmen.
    Merten.
    Um der Gnade Gottes willen, was trieb er für ein Spiel?
    Ja, er hatte in den vergangenen Monaten manchmal mehr als Höflichkeit gezeigt, doch sie hatte es nicht ernst genommen. Er war ein Schmusbüggel, wenn er etwas erreichen wollte. Warum aber wollte er sie heiraten? Und wenn, warum hatte er sie nicht gefragt?
    Weil sie nein gesagt hätte. Klar.
    Also wollte er sie zwingen.
    Auch klar.
    Er hatte dazu einen großen Aufwand getrieben. Sie entführt, gefangen gehalten, benommen gemacht. Diese unsägliche Duretta hatte mitgespielt, wohl auch ihr Bruder, der Herr von Isenburg. Um ihr ein schreckliches Schicksal vor Augen zu führen, hatten sie diesen Widerwurm bewirtet und sie glauben machen wollen, er sei ein Anwärter auf ihre Hand. Igitt!
    Und dann hatte Merten sich zu ihr in die Kemenate geschlichen und ihr Hilfe angeboten.
    Natürlich würde sie alles tun, um der Gefangenschaft zu entkommen – und wenn es die Eheschließung mit ihm wäre.
    Warum wollte dieser Dresskääl sie heiraten?
    Ihr Herz schlug allmählich weniger heftig, und die ganzen wortgewaltigen Flüche, die sie aus Lores bewundernswertem Wortschatz übernommen hatte, verhallten in ihrem Kopf.
    Der Schluck Wein hatte ihr tatsächlich geholfen, sich zu beruhigen. Sie konnte wieder gleichmäßig atmen, und ihr Magen fühlte sich nicht mehr an wie ein verknotetes Seil.
    Arzneimittel in kleiner Dosierung, Rauschmittel in großer Menge – was hatte Duretta da verwendet? Marian würde es ihr bestimmt sagen können.
    Ja, Marian und John waren heil von ihren Reisen zurückgekommen und hatten nach ihr gesucht. Gislindis hatte ihnen geholfen, und vermutlich noch einige mehr.
    Sie waren hier, ganz in der Nähe, und Lore, loyale, treue Lore, hatte sich in die Höhle des Löwen gewagt, um ihr diese Botschaft zu überbringen.
    Alyss ging zum Fenster und öffnete das Flügelchen.
    Dort unten warteten sie. Warteten darauf, dass sie sie befreien konnten. Was immer geschah, sie würde jetzt mitspielen. Im Krug war wieder der Wein, der sie ihrer klaren Gedanken beraubte. Das musste etwas zu bedeuten haben.
    Also würde sie sich schlaff und wehrlos geben.
    Dunst lag über dem Land, und dann und wann rüttelte eine heftige Böe an den Schindeln. Der April wollte seine Launen zeigen, das Wetter änderte sich. Doch unverdrossen schwebte der Falke über den Feldern.
    Alyss lächelte.
    Ihr Falke wartete auf sie.
    Änderungen kündigten sich an.
    Und Müdigkeit breitete sich in ihr aus. Wohltuende Müdigkeit, keine Benommenheit.
    Wenn sie schon warten musste, dann konnte sie auch schlafen.
    Und so legte sie sich nieder und träumte von dem Falken und wurde zum Falkenweibchen, das aufstieg, seinen Gefährten zu

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