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Das Lied des Kolibris

Das Lied des Kolibris

Titel: Das Lied des Kolibris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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glaubte, ich hätte sie verraten und ihr meine Hilfe verweigert. Aber was hätte ich tun können? Wenn ich auch nur in die Nähe dieses Freundes unseres Senhors hätte kommen können, hätte ich ihn eigenhändig erwürgt. Aber als einfacher Arbeiterin war mir der Zugang zur Casa Grande verwehrt, und ein dramatisches Stürmen des Hauses und Niederringen der Bewohner hätte Nzinga wohl kaum geholfen. Ich überlegte, ob der Schmuck, den der Senhor mir in früheren Jahren geschenkt hatte, ausreichen würde, um Nzinga auszulösen. Vielleicht. Einen Versuch war es jedenfalls wert.
    Ich ging zur Casa Grande und bat um eine Unterredung mit dem Senhor, die man mir erst gewährte, nachdem ich ein großes Geheul angestimmt hatte.
    »Ihr nicht Dodo diese Mann mitgeben. Sie viel jung, um …«
    »Papperlapapp«, blaffte er mich an, »sie ist genau im richtigen Alter. Sieh sie dir doch an. Runde Brüstchen, knackiges Hinterteil und ein Mund, der geküsst werden will.«
    Mir wurde fast übel bei diesen Worten, doch ich nahm meine ganze Willenskraft zusammen, um meine Mission nicht zu gefährden. »Imaculada haben Gold. Geben Mann Gold, behalten Dodo hier.«
    »Ach?« In der Miene des Senhors spiegelten sich Zweifel und milde Belustigung. »Woher hast du denn Gold? Du wirst es doch nicht etwa gestohlen haben?«
    Stumm streckte ich die Hände aus und zeigte ihm, was sich darin verbarg. Es waren mehrere kleine Anhänger sowie das große goldene Herz, das er mir einst geschenkt hatte. Er starrte ungläubig auf meinen Schatz, dann begann er zu lachen.
    »Du glaubst, mit diesen armseligen Blechstücken ein junges, gesundes Negermädchen bezahlen zu können? Nein, ihr seid viel mehr wert als das.« Jetzt schüttelte er sich förmlich vor Lachen.
    Ich verstand nicht, was daran so komisch sein sollte.
    Unbemerkt von uns beiden war die Senhora in den Raum getreten. Erst als sie neben uns stand und stirnrunzelnd mein Gold betrachtete, hörte das beschämende Gelächter des Senhors auf.
    Ich warf mich vor ihr auf die Knie. »Bitte, behalten Dodo. Sie noch klein.« Ich begann zu heulen, und ich sah, dass auch der Senhora Tränen in die Augen traten. Aber sie schüttelte den Kopf und unterdrückte ihre Gefühle, um steif zu sagen: »Nein, Imaculada. Wenn der Senhor sie fortgeben will, dann musst du das hinnehmen. Sie ist sein Eigentum, er allein darf über sie bestimmen. Außerdem hast du ja jetzt deinen kleinen Betinho.«
    Ich schluchzte laut auf und weinte über diese weitere Herzlosigkeit. Als könne ein Kind ein anderes ersetzen! Diese Teufel!
    »Schluss jetzt mit dem Gejammer!«, befahl der Senhor. »Geh zurück an die Arbeit. Dodo wird es gut haben bei meinem alten Freund. Er ist ein sehr wohlhabender Mann, und seine Sklaven sind alle wohlgenährt und fröhlich.«
    Ich ließ den Kopf hängen, machte aber keine Anstalten, zu gehen. Ich überlegte fieberhaft, was ich noch unternehmen konnte, um Dodo vor diesem Schicksal zu bewahren, doch da gab mir der Senhor einen unsanften Schubs in Richtung Tür. »Na los, worauf wartest du noch?«
    Ich stürmte hinaus und rannte in der Halle beinahe meine Tochter um, die wahrscheinlich jedes Wort mitbekommen hatte. Ihr liefen Tränen über die Wangen, und ich drückte sie fest an mich. »Meine geliebte Nzinga«, flüsterte ich ihr auf Kimbundu zu, »ich habe alles versucht.« Sie klammerte sich an mich und heulte nur: »Nein! Nein!«, als auch schon der Senhor vor die Türe trat und uns mit Hilfe eines Haussklaven voneinander trennte.
    Weil ich nun begonnen hatte, wild um mich zu schlagen und zu treten, wurde ich gefesselt und fortgeführt. Nzinga leistete keine Gegenwehr, sondern sackte weinend auf den Fliesen zusammen. Es war ein Anblick, den ich nie vergessen werde, der aber lange nicht so verstörend war wie das letzte Bild, das ich von ihr in Erinnerung habe. Sie saß zusammengekauert neben dem Kutscher, der in dem Gefährt den Freund unseres Senhors nach Hause karrte, und war herausgeputzt wie eine Dirne: ein elfjähriges Mädchen, dem man Wangenrot und Lippenpomade aufgetragen hatte und das man in ein puppenhaftes, roséfarbenes Kleidchen mit großem Dekolleté gesteckt hatte, das die Weißen wahrscheinlich niedlich fanden, das aber keine Zweifel an der Bestimmung meiner geliebten Tochter ließ.

38
    K asindas Bericht erschütterte Lua zutiefst. Die Alte hatte ihn mit monotoner Stimme vorgetragen, und gerade dadurch ging er noch mehr unter die Haut. Hätte Kasinda geweint, geklagt und geschrien,

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