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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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Rhythmus wieder und schwebt vorbei. Elliott schließt kurz die Augen. Als er sie wieder öffnet, schimmern ungeweinte Tränen darin. Er fragt nicht nach Einzelheiten, wofür ich ihm dankbar bin.
    »Wieso bist du hier?«, frage ich.
    »Ich bin wegen der Nahrungsmittel hier«, sagt er. »Und wegen der Waffen. Tausende von Leuten haben meinen Schutz gesucht. Mit dem, was Prospero hier hat, kann ich für sie sorgen.«
    Trotz allem könnte er ein guter Herrscher werden.
    »Und um nach dir zu suchen«, sagt er, aber er sagt es leidenschaftslos. Als wäre ich etwas, das er verlegt hat. »Seit du diese Mädchen gerettet hast, sind überall Gerüchte über die Tochter des Wissenschaftlers im Umlauf. Ich brauche dich, zumindest so lange, bis ich noch mehr Unterstützung kriege.«
    Jetzt ist ein Gefühl in seiner Stimme. Eine Art Sehnsucht, die mein Herz schmerzen lässt. Denn sie gilt nicht mir. Nicht mehr. Unsere Gefühle sind so verdreht und verwirrt. Wir lieben uns nicht, nicht auf die Weise, die vollkommenes Vertrauen und Opferbereitschaft hervorbringt. Nicht auf die Weise, auf die ich geliebt werden möchte.
    Elliott möchte mich benutzen. April hat mir einmal gesagt, dass Elliott Gedichte mehr schätzt als Frauen. Sie hätte sagen sollen: Macht. Aber ich habe versprochen, an seiner Seite zu sein.
    »Ich werde dir immer helfen, so gut ich kann«, flüstere ich und ziehe meine Hand von seinem Oberarm weg, bewege sie auf die Tasche und die grüne Schleife zu. »Woher hast du das?«, frage ich. »Hat Prospero Männer hinter dir hergeschickt, als wir im Tower waren?«
    »Nein, dein Vater und ich konnten entkommen. Ich habe die Einladung des Uhrmachers genommen.«
    Hat er den Uhrmacher getötet? Der schreckliche Verdacht bringt mich zum Stolpern, aber Elliott fängt mich auf. Ich meide seinen Blick. Er ist skrupellos. Ich versuche, es zu sein. Am Ende werden wir vielleicht gleich sein, aber noch bin ich nicht so weit.
    »Ich habe dir gesagt, dass du mir nicht trauen sollst«, sagt er und lächelt. Das Lächeln erreicht seine Augen nicht. Und ich traue ihm nicht. Ob er die Wahrheit sagt oder nicht, er ist nicht ohne Prosperos Wissen hier. Ich schiebe meine Hand in seine Tasche und ziehe die Schleife heraus.
    Elliott zuckt zurück. Er lässt meine Arme los. Ich stolpere über meine eigenen Füße und stürze zu Boden in einer Woge aus Röcken. Ich starre auf das, was da auf meiner Handfläche liegt.
    Ich habe es noch nie in meinem Leben gesehen.
    Es ist eine kleine goldene Taschenuhr. Ich drücke gegen den Verschluss, und sie springt auf. Es ist eine Inschrift darin: AN FINN. HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZUM GEBURTSTAG. ALLES LIEBE, PAPA .
    »Wo hast du die her?«, frage ich.
    Die Glocke der fernen Uhr ertönt.
    Ein paar Momente später erstarren alle auf der Tanzfläche. Lauschen sie? Warten sie?
    Elliott reicht mir eine Hand, um mich hochzuziehen, aber ich winke ihn weg. Auf dem Boden habe ich endlich die Möglichkeit, meinen Dolch loszubinden. Ich hole ihn unter meinem Kleid hervor und schiebe ihn zusammen mit der kleinen goldenen Uhr in den schwarzen Satinbeutel.
    Dann stehe ich ohne seine Hilfe auf.
    »Tut mir leid«, sage ich. Ich entschuldige mich dafür, dass ich ihm von April erzählen musste. Dafür, dass ich ihn nicht liebe. Dafür, dass, was immer zwischen uns hätte sein können, gestorben ist.
    Er legt eine Hand unter mein Kinn und hebt es.
    »Es muss dir nicht leidtun«, sagt er. »Ich kann mir jetzt keine Ablenkungen leisten. Nicht einmal hübsche.«
    Die Musik hört auf.
    In einer einzigen Woge beginnen die Leute sich zu verbeugen. Der Prinz hat das Podest in der Mitte des Raumes betreten. Die Musiker starren ihn an, ganz offensichtlich überrascht.
    Die Uhr schlägt einmal; es ist ein anderer Klang als der, den ich bisher gehört habe. Betäubend. Das Licht flackert, und eine Frau schreit. Selbst der Prinz ist vollkommen reglos.
    Und ich bin allein. Elliott ist weg. Während ich Prospero beobachtet habe, hat Elliott mich verlassen. Ohne mir zu sagen, wie Finns Uhr in seine Tasche gekommen ist.

Einundzwanzig
    M ein Messer befindet sich jetzt in Reichweite, genauso wie der Prinz.
    Ich schiebe mich näher an das Podest heran. Seit der Schock über den Glockenschlag allmählich wieder abgeklungen ist, bewegen sich die Menschen wieder. Der Prinz klatscht in die Hände, und Akrobaten springen in den Raum und schieben die Gäste an die Wände zurück. Mein Blick ist immer noch auf Prospero gerichtet, aber dann packt mich

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