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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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eingetauscht.
    »Du musst in die Stadt zurückkehren«, sage ich. »Der Prinz würde dich nur zu gern töten.«
    »Mein Leben ist nichts mehr wert«, sagt er.
    »Für mich ist es etwas wert«, sage ich. »Und auch für Mutter. Bitte. Geh. Ich kann den Prinzen töten, aber du bist der Einzige, der den Menschen helfen kann, die in der Stadt sterben.«
    »Es tut mir so leid«, sagt er. »Es tut mir so furchtbar leid.« Da ist so viel Bedauern in seiner Stimme, dass ich glaube, er entschuldigt sich für alle Toten und für Finn. Für die Gräueltaten, für die ich von ihm Buße erwartet habe. »Ich kann nicht zulassen, dass du das tust. Ich hätte nie zulassen dürfen, dass du deine Sicherheit gegen meine eintauschst. Wenn du stirbst, habe ich nichts mehr, für das ich leben kann.«
    Er schiebt mich in den Garten und schlägt die Tür zu. Ich höre, wie der Türriegel vorgeschoben wird.
    »Nein!« Ich werfe mich gegen das Fenster. Vater wendet sich ab, eine dramatische Erscheinung in seinem Kostüm. Ich hämmere mit den Fäusten gegen das Glas und schreie ihn an, dass er mich rauslassen soll, aber er schaut sich nicht einmal um.

Zweiundzwanzig
    I ch vergeude keine Zeit. Wenn dieser Garten eine Nachbildung desjenigen in den Akkadian Towers ist, muss es auch hier eine Falltür geben, die nach draußen führt. Vater hat seine Spuren nicht verwischt; er hat nicht damit gerechnet, mich einzusperren. Ich kann sehen, wo die Erde aufgewühlt ist, und ich spüre etwas Metallisches unter meinen Fersen. Die Falltür. Während ich mich hinknie und fieberhaft versuche, sie freizulegen, sehe ich etwas anderes auf dem Boden. Vaters Brille, mit einer weißen Schleife daran. Die gleiche, die mir der Mann in der Gasse gegeben hat, um mich davon zu überzeugen, dass Vater tot ist. Hat Prospero mein Zimmer im Debauchery Club durchsucht? Und weiß er, dass Vater hier ist, oder ist dies einfach nur eine verzerrte Erinnerung an den Helden, für den ich meinen Vater gehalten habe?
    Es ist eine schmutzige Aufgabe, die Luke freizulegen, aber es ist nicht schwer. Während ich arbeite, schlägt die Uhr wieder. Ich mache die Falltür auf und spähe in die rauchige Dunkelheit. Diese Öffnung hat keine Leiter.
    Der Raum da unten scheint keine Besenkammer wie im Akkadian Tower zu sein, sondern Teil eines größeren Zimmers. Stimmen und Lachen dringen zu mir herauf.
    Ich schwinge mich nach unten, zucke angesichts des Schmerzes in meiner verletzten Schulter zusammen. Als ich mit einigem Gepolter auf den Boden falle, gibt mein Kleid ein schreckliches reißendes Geräusch von sich. Ich befinde mich in einem länglichen Vorzimmer.
    Am Ende des Zimmers erhebt sich ein Torbogen. Darunter stehen Leute, deren Blicke mich streifen. Niemand von ihnen scheint überrascht zu sein, dass ich durch ein Loch in der Decke gekommen bin. Ich hole tief Luft, aber dann würge ich, noch bevor ich diesen Atemzug ganz beendet habe. Direkt vor mir hat ein Mann eine Pfeife angezündet. Rauch wogt und wallt um ihn herum – viel mehr Rauch, als irgendeine Pfeife erzeugen kann.
    Die Wände dieses neuen Zimmers sind mit lavendelfarbener Seide bedeckt. Schwaches, purpurn getöntes Licht strömt durch Fenster mit violetten Scheiben. Niedrige Sofas, auf denen die Leute es sich bequem gemacht haben und leise lachen, säumen die Wände. Die Gespräche hier sind vertraulich und ruhig.
    Auf einem niedrigen Tisch befindet sich eine Ansammlung von Utensilien. Spritzen, Pfeifen. Hauchdünne Vorhänge streicheln über mein Gesicht.
    »Das ist gutes Zeug«, murmelt ein Mädchen. »Es liegt seit Jahren im Lagerraum des Prinzen. Es heißt, es wird mit dem Alter immer besser.«
    Ein dunkelhaariger Junge beugt sich nah zu mir hin. Seine Haare sind so wuschelig wie die von Will. Ich wünsche mir flüchtig, dass ich in die Zeit zurückkehren könnte, als ich nur ein Gast im Debauchery Club war und atemlos darauf gewartet habe, dass Will mit mir flirten würde. Ich wünsche mir, dass April bei mir sein könnte und darüber lachen würde, wie unbeholfen ich mich verhielt, sobald er auftauchte.
    »Ich habe, was du willst«, sagt der Junge und versucht, mich zu verführen. Aber es ist nicht Wills Stimme, und es ist leicht, Nein zu sagen.
    Zwischen den Pfeifen und den Fläschchen auf dem Tisch befindet sich auch eine kleine Bürste mit einem bemalten Griff. Sie liegt neben einem kleinen Gefäß mit silbernem Glitzerlidschatten. Aprils Lidschatten. Sie hat ihn erst vor wenigen Stunden benutzt. Ich nehme

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