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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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weiteren Küstenverlauf nach Westen.
    Den letzten Abend vor dem Unwetter hatten sie am Rande einer weitläufigen Bucht verbracht, in die der Fluss Wesera mündete. Noch im Morgengrauen waren sie mit einlaufender Flut weitergefahren, obwohl sich das schwere Wetter bereits ankündigte.
    Fulrad war ein erfahrener Seemann, der die meisten Jahre seines Lebens auf dem Wasser verbracht und viele Stürme überstanden hatte. Er hatte die Wolkenformationen beobachtet und dann entschieden, dass der Herrgott – Fulrad betonte immer wieder, Christ zu sein – ein Einsehen haben würde. Als sich die Wolkenwand näher heranschob, hatte die Besatzung das Segel eingeholt und die Mitreisenden zu den Rudern gerufen.
    Und tatsächlich schien die Welle, die soeben das Schiff zu zerbrechen drohte, der Höhepunkt des Unwetters gewesen zu sein. Der Wind und bald darauf auch der Seegang ließen spürbar nach.
    Aki war völlig entkräftet. Die Blasen an seinen Händen waren aufgeplatzt, und die Haut darunter war wundgescheuert. Asny erging es noch schlimmer. Ihr Blick war abwesend und ihre Bewegungen waren fahrig. Sie war kurz davor, erneut zusammenzubrechen.
    Aber so plötzlich, wie das Unwetter gekommen war, verzog es sich wieder. Als auf der Steuerbordseite eine Insel auftauchte, brach die Sonne durch die Wolkendecke.
    «Wir haben es geschafft», stellte Fulrad zufrieden fest und klopfte dreimal auf eine Planke.
    Das Schiff, das für die Fahrt durch das Wattenmeer gebaut worden war, war sein ganzer Stolz – und sein einziges Kapital.
    Aki hatte Fulrad mehrfach die Geschichte erzählen hören, die er auch nun wieder zum Besten geben würde. Auf diese Weise wollte er jedem an Bord verdeutlichen, welche Ehre es war, ausgerechnet auf seinem Schiff, das er liebevoll «Wattenvogel» nannte, mitzufahren – und dass der hohe Fahrpreis, den er verlangte, gerechtfertigt sei.
    «Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie viel Geld ich bezahlt habe», sagte Fulrad und ignorierte, dass einige Männer die Augen verdrehten.
    «In den Wintermonaten hat der Wattenvogel einen neuen Mast und ein neues Segel bekommen. Ich habe die Takelage erneuern und die Planken mit frischem Werg abdichten lassen. Mein letztes Geld habe ich dafür ausgegeben. Und warum? Damit ich euch eine sichere und schnelle Reise gewährleisten kann.»
    Zu Fulrads Unglück hatte er im Treenehafen nicht genug Mitreisende finden können. Sein Schiff war nur zu zwei Dritteln besetzt. Bereits die Fahrt zur Dänenmark war wegen der wenigen Mitreisenden ein Verlustgeschäft gewesen. Um dennoch einen Gewinn zu erzielen, würden die Händler einen ordentlichen Aufpreis zahlen müssen.
    «Der Wattenvogel ist das beste Schiff seiner Art im ganzen Sachsenreich», fuhr Fulrad fort. «Ach, was sage ich, das beste in der ganzen Welt …»
    Ein warnender Ruf des Lotsen unterbrach Fulrad in seiner Rede. Er hob mahnend eine Hand und forderte die Ruderer auf, die Riemen aus dem Wasser zu heben, damit das Schiff langsamer wurde.
    Aki drehte sich zum Bug um und schaute an den mittschiffs im Laderaum aufgetürmten Waren vorbei zum Lotsen, der am Vordersteven stand. Der Mann warf eine Leine in Fahrtrichtung ins Wasser und holte sie wieder ein, wenn das Schiff darübertrieb. Die Leine war am unteren Ende mit einem Senkblei beschwert und in regelmäßigen Abständen mit gefärbten Schnüren versehen. Anhand dieser Markierungen konnte der Lotse die Wassertiefe feststellen – und diese nahm offenbar rasch ab.
    Der Lotse war ein wichtiger Mann an Bord, wenn nicht sogar der wichtigste. Ohne ihn wäre auch ein erfahrener Seemann wie Fulrad in dem schwer zu befahrenen Wattenmeer hoffnungslos verloren. Der Lotse des Wattenvogels war Friese und Dutzende Male vor der friesischen Küste zwischen der Mündung des Flusses Rhenus im Westen und der dänischen Küste im Osten hin- und hergefahren. Während der Schiffsführer sich bei der Passage auf Segel oder Ruderer konzentrierte, ließ der Lotse die Landmarken nicht aus den Augen, orientierte sich an Inseln und Flussmündungen oder Hügeln und Wäldern sowie einzelnen Bäumen an der Küste.
    Und er gab das Zeichen, wenn bei Ebbe das ablaufende Wasser unter dem Kiel flach wurde. Dann wurde es Zeit, die Fahrt zu unterbrechen, was nun der Fall war. Der Lotse signalisierte Fulrad durch Handzeichen, dass sie bald auf Grund laufen würden. Fulrad gab den Befehl, die Riemen einzuholen.
    Erleichtert zog Aki das Ruder an Deck und schob es unter die Bänke.
    Unterdessen ließ

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