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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Euch übermorgen am Pfingstsonntag bei der Krönung meines Sohnes begrüßen zu dürfen.»
    Dann erhob er sich. Die anderen taten es ihm gleich. Nachdem man sich in aller Förmlichkeit verabschiedet und gegenseitiger Treue versichert hatte, gingen die Kardinäle zur Tür. Dort drehte sich Victor noch einmal um.
    «Der Papst ist …», sagte er, schluckte den Rest des Satzes jedoch hinunter, als er sah, dass Josephus die Tür bereits geöffnet hatte. Victor eilte ihm hinterher.
    «Der Papst ist Abschaum», vollendete Otto den Satz, als sie allein waren. «Aber dieses eine Mal noch werde ich mein Haupt vor dem Abschaum beugen.»
    Wenn wir die andere Sache überstehen, ergänzte Brun in Gedanken.
     
    Sie schauten aus dem Fenster im zweiten Stockwerk des halbrunden Anbaus, der den Palas wie eine Apsis abschloss. Jenseits der schilfgedeckten Lehmhütten unterhalb der Pfalanzamauer hatte das königliche Heer sein Lager aufgeschlagen. Auf Bruns Drängen hin hatte Otto nach dem Reichstag in Wormaza wesentlich mehr Soldaten nach Aquisgranum geführt, als vorgesehen war. Die Truppen waren vor einigen Tagen eingetroffen.
    Von Westen führte eine Straße zum Heerlager, über die weitere Soldaten heranzogen. Viele Soldaten. Rüstungen und Waffen glänzten rot im Licht der untergehenden Abendsonne. Es war das Heer des Grafen Thankmar.
    «Er ist da», sagte Brun.
    «Mhm», machte Wilhelm.
    Otto schwieg.
    Die ersten Soldaten hatten das Gelände bereits erreicht und begannen, ihre Zelte an den Ausläufern von Ottos Heerlager aufzustellen.
    «Er kommt spät», sagte Wilhelm in die Stille hinein.
    «Es wird einen Grund dafür geben», erwiderte Brun.
    «Vielleicht hat er die Strecke unterschätzt.»
    «Das glaube ich nicht. Er ist fast drei Wochen in Colonia geblieben, bevor er sein Heer in Marsch setzte. Außerdem ist mir zugetragen worden, dass er auf dem Weg hierher noch eine Rast von drei Tagen eingelegt hat – nicht viele Meilen von Aquisgranum entfernt.»
    «Warum hat er das getan?»
    «Das weiß ich nicht – noch nicht.»
    «Aber hätte er nicht längst angegriffen, wenn an dem Verdacht etwas dran wäre?»
    «Vielleicht hätte er das getan, wenn er auf ein kleineres Heer gestoßen wäre. Die Heere sind jedoch etwa gleich stark. Der Ausgang einer Schlacht wäre vollkommen offen.»
    Wilhelm wandte sich an Otto. «Und wenn er Euch nun doch unterstützen will, mein König?»
    Otto legte die Hände hinter dem Rücken zusammen und schwieg weiterhin.
    «Wir haben immer noch keine Beweise, dass er in kriegerischer Absicht handelt», sagte Wilhelm.
    Brun musste sich eingestehen, dass Wilhelm recht hatte. Sie hatten versucht, Männer aus Thankmars Heer zu bestechen, um Informationen über dessen Pläne zu bekommen. Aber Bruns Späher hatten immer die gleiche Antwort erhalten: Die Soldaten waren davon überzeugt, in die Lombardei zu ziehen.
    Dennoch vertraute Brun seinem Gefühl. «Und wir haben keine Beweise für das Gegenteil: dass seine Absichten friedlich sind.»
    «Wir haben sein Wort.»
    «Was ist das Wort eines Mannes wert, der schon einmal den König töten wollte?»
    Wilhelm verzog das Gesicht. Offenbar gingen ihm die Argumente aus.
    Dafür ergriff nun Otto das Wort. «Was sollen wir also tun?»
    Über diese Frage hatte sich Brun in den vergangenen Tagen immer wieder den Kopf zerbrochen. Er hatte alle Möglichkeiten durchgespielt, hatte das Für und Wider abgewogen und war zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen. Aber er war der Kanzler des Königs, und in dieser Funktion verlangte man von ihm zu Recht eine Entscheidung – und daher hatte er eine getroffen.
    «Wir sollten ihn festnehmen lassen!», sagte er.
    «Festnehmen?», rief Wilhelm. «Damit würden wir einen Kampf provozieren. Wir müssten Gewalt anwenden, um an ihn heranzukommen.»
    «Nein. Wir könnten Thankmar, Barthold, Gunther und die anderen Heerführer auf der Krönungsfeier überwältigen. In der Kirche dürfen keine Waffen getragen werden. Jeder weiß das, und jeder wird sich daran halten – auch Thankmar. Mein Hauptmann Ricwin versteht es, einen solchen Auftrag ohne großes Aufsehen auszuführen. Kaum jemand wird etwas davon bemerken. Wenn wir dem Heer die Führer genommen haben, werden die Soldaten keinen Alleingang wagen.»
    Wilhelm schüttelte energisch den Kopf. Er hielt Bruns Plan offensichtlich für abwegig.
    Nun war es an Otto zu entscheiden.
    Der König stützte die Hände auf den Fenstersims, beugte sich vor und schaute hinaus. Seine Augen

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