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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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zwischen seinen Sachen. Davon sammelte er so viel ein, wie er auf die Schnelle greifen konnte, dann rannte er davon.
    «Ich krieg dich, du Bastard!», hörte er Grim brüllen.
    Als Aki sich im Laufen umdrehte, sah er den Sklavenhändlersohn hinter dem Zaun stehen. Offenbar kam er mit dem verletzten Bein nicht über die Palisade.
    Aber Grim rief etwas, das Aki einen Schauer über den Rücken jagte.
    «Jetzt weiß ich, wo du bist, Hurensohn! Und ich werde dich finden!»
     
    Aki war noch etwa zweihundert Schritt vom Waldrand entfernt, als er hinter sich das Schnauben von Pferden hörte. Mit einem Blick über die Schulter sah er drei Reiter in wallenden, blutroten Mänteln herannahen. Die Soldaten ritten in vollem Galopp und holten schnell auf.
    Was hatte Ketils Gott noch gesagt?, schoss es Aki durch den Kopf.
Gott ist mein Fels und mein Heil …
    Noch hundertfünfzig Schritt bis zum Wald.
    Gott ist der Fels meiner Stärke …
    Donnernde Hufe kamen näher.
    Gott ist meine Zuversicht …
    Die Soldaten riefen ihm zu, er solle anhalten. Ihre Pferde schnaubten.
    Akis Herz raste, und sein Atem rasselte, als habe er den ganzen Rauch eines Nachtfeuers in den Lungen.
    Noch einhundert Schritt bis zum Waldrand. Wo war Ketil? Und wo war sein verdammter Gott?
    Schweren Herzens ließ Aki ein mit Bohnen gefülltes Säckchen fallen.
    Gott ist meine Stärke, meine Zuversicht, meine Kraft …
Ach, verdammt – es gab keinen Gott!
    Aki musste schneller werden und warf einen weiteren Sack fort. Das Pökelfleisch – leckeres Pökelfleisch! – fiel heraus und verteilte sich im Gras.
    Noch fünfzig Schritt bis zum Wald.
    «Bleib endlich stehen, Junge!», rief einer der Soldaten.
    Das tat Aki natürlich nicht. Jenseits der Wiese erhoben sich vor ihm die Baumreihen wie eine schützende Mauer. Wenn er sie erreichen würde, könnte er die Reiter abschütteln. Der Wald war in den Jahren sein Zuhause geworden, in dem er sich so geschickt und flink bewegen konnte wie ein Tier …
    Noch dreißig Schritt.
    Neben ihm tauchte ein Soldat auf seinem Pferd auf. Der kahlköpfige Mann preschte an ihm vorbei und schnitt ihm vor dem Waldrand den Weg ab. Es war weder Gevehard noch Arnulf.
    Aki blieb wie erstarrt stehen. Der Mann, der vor ihm das Pferd zügelte, war der Hauptmann der gräflichen Leibgarde. Aki erinnerte sich, dass er damals im Hafen dabei gewesen war. Er war es gewesen, der zusammen mit dem Grafen den Käfig ins Wasser gekippt hatte.
    Der Kahlkopf zog sein Schwert und richtete es auf Aki. Nun kamen auch Arnulf und Gevehard heran, die sich Aki von den Seiten her näherten, um ihm den Fluchtweg abzuschneiden.
    Da schleuderte Aki das mit Roggen gefüllte Säckchen gegen das Pferd des Hauptmanns. Der Sack platzte auf, und Getreide quoll heraus. Wiehernd bäumte sich das Pferd auf. Die Vorderhufe flogen an Akis Kopf vorbei. Der Hauptmann stieß einen Fluch aus. Er hatte Mühe, sich im Sattel zu halten.
    Aki sprang an ihm vorbei und rannte in den Wald. Äste knackten unter seinen Füßen. Laub raschelte. Zu seiner Linken erkannte er zwischen den Bäumen ihr Lager. Ketil war nirgendwo zu sehen. So sehr hatte Aki gehofft, der Mönch würde ihm beistehen. Doch weder auf dessen Gott noch auf Ketil selbst schien Verlass zu sein.
    Aki wollte gerade weiterlaufen, um in den Tiefen des Waldes zu verschwinden, als er von dem Hauptmann gepackt und zu Boden geworfen wurde. Er verlor die letzten Einkäufe und fand sich in einem dornigen Brombeergebüsch wieder. Als er aufschaute, sah er die anderen beiden Soldaten auf sich zukommen. Gevehard trat grinsend gegen den Korb. Trockenfisch verteilte sich auf dem Laub.
    «Haben wir dich, du Bastard!», schnaubte der Hauptmann. Sein wütendes Gesicht hatte die Farbe seines Mantels angenommen. «Wo ist die Seherin?»
    Aki versuchte sich zu regen, aber seine Kleider wurden von den Dornen festgehalten.
    Der Hauptmann richtete erneut sein Schwert auf Aki. Auch Arnulf und Gevehard hatten ihre Klingen gezogen.
    «Bring uns zum Zauberweib, oder wir töten dich auf der Stelle», sagte der Hauptmann.
    «Er wird sein Maul schon aufmachen, wenn wir ihm ein Bein abschlagen», warf Gevehard ein.
    Arnulf nickte. «Keine schlechte Idee. Du das rechte Bein, ich das linke.»
    Doch dazu kamen sie nicht.
    Wie aus dem Nichts erhob sich hinter ihnen ein gewaltiger Schatten. Ein Arm, dick und stark wie ein Ast, legte sich um Gevehards Hals. Bevor Gevehard oder einer der anderen reagieren konnte, wurde sein Kopf von einer großen

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