Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
Vom Netzwerk:
Gebiet, in dem sie sich versteckt hält, erheblich eingrenzen. Ja, ich glaube, wir sind ihr auf der Spur.»
    Dieser Gedanke erfüllte ihn so sehr mit Freude, dass ihm nach einem Schluck Wein war. Er griff nach einem Becher und wollte ihn mit dem hervorragenden Rotwein füllen, den er für Evurhard hatte bereitstellen lassen. Doch dann stellte er den Becher wieder zurück. Es war noch zu früh zum Trinken. Für die Verhandlung musste er einen klaren Kopf behalten.
    An Poppo gewandt, fragte er: «Was sollen wir also Eurer Meinung nach tun?»
    Der Bischof faltete die Hände vor der Brust wie zum Gebet, senkte den Kopf und berührte mit seinen Lippen die Fingerspitzen, als wolle er sie küssen.
    «Ich würde vorschlagen, wir warten erst einmal das Gespräch mit Evurhard ab. In den nächsten Tagen kümmern wir uns dann um die Seherin. Es ist unwahrscheinlich, dass sie sofort ihr Lager abbrechen werden. Nein, ich denke, dass sie den Winter abwarten wollen, bevor sie ein neues Versteck suchen.»
    «Aber in der Gegend ist der Wald voller Sümpfe.»
    «Nun, es wird sicher ein paar Dänen geben, die sich dort auskennen und uns für die eine oder andere Münze durch den Morast führen.»
    Thankmar nickte zustimmend. Was der Bischof sagte, schien Hand und Fuß zu haben, und es war wichtig, sich zunächst auf das Gespräch mit Evurhard zu konzentrieren.
    Er war gut beraten gewesen, sich den Bischof zum Verbündeten zu machen. Poppo war ein kluger Mann, und Thankmar schätzte seinen Rat. Lange hatte er mit sich gehadert, ob er Poppo ins Vertrauen ziehen sollte. Natürlich war es mit einem hohen Risiko verbunden, in einer solchen Sache Mitwisser zu haben. Aber er hatte es schließlich doch getan – und nicht bereut. Poppo hatte ihm sofort seine Unterstützung zugesagt, allerdings nicht uneigennützig. Der Bischof verlangte eine Gegenleistung für seine Verschwiegenheit. Thankmar sollte ihn nach der Machtergreifung als Erzkanzler einsetzen und somit zum zweitmächtigsten Mann im Reich machen.
    Es würde schlechtere Kanzler als Poppo geben, dachte Thankmar.
    Vor der Tür waren plötzlich Schritte zu hören, dann klopfte es, und jemand rief: «Der Herzog ist eingetroffen!»
    Thankmar öffnete und trat, von Poppo gefolgt, vor das Haus.
    Evurhard war tatsächlich gekommen, so wie Huga es angekündigt hatte. Und er hatte Soldaten mitgebracht. Begleitet von gut drei Dutzend bewaffneten Männern, ritt Evurhard durch das geöffnete Tor. Aufrecht saß er im Sattel, die Nase hoch erhoben.
    «Er meint es wirklich ernst», meinte Poppo.
    «Was meint Ihr?», fragte Thankmar.
    «Er scheint sich tatsächlich für den nächsten König zu halten.»
    Thankmar zog die Augenbrauen zusammen. «Soll er ruhig.»

25.
    Nach einer kurzen Begrüßung bat Thankmar seinen Gast ins Haus.
    Gefolgt vom Gesandten Huga, trat Evurhard ein. Er wirkte angespannt wie eine Bogensehne. Steifbeinig durchmaß er die Kammer und schaute sich so gründlich um, als befürchtete er, ein gedungener Mörder verstecke sich in einer Ecke.
    Thankmar war bei der Tür stehen geblieben und betrachtete seinen Gast. Evurhard schien einige Jahre älter zu sein als Thankmar. Er hatte ein schmales Gesicht mit fein gezeichneten Zügen und einem spitz zulaufenden Kinnbart. Gegen ihn wirkte Huga, der nicht von seiner Seite wich, noch mehr wie eine hässliche Kröte.
    Thankmar überlegte, was er über Evurhard wusste, musste sich aber eingestehen, dass es nicht sehr viel war, obwohl ihre Väter einst gemeinsam gegen Otto gekämpft hatten. Evurhards Onkel war kein Geringerer als Konrad gewesen, der letzte Frankenkönig und Vorgänger von Heinrich, Thankmars Großvater, der als erster sächsischer König die Macht übernommen hatte.
    Nachdem Evurhard seine Runde durch die Kammer beendet hatte, wirkte er ein wenig gelöster. Ohne auf eine Einladung seines Gastgebers zu warten, setzte er sich an den Tisch und ließ sich nun das erste Mal dazu herab, Thankmar in die Augen zu schauen.
    «Ihr lebt recht bescheiden, Markgraf», sagte er.
    Huga nahm neben seinem Herrn Platz, setzte sein breites Krötengrinsen auf und sagte: «Es ist ein hartes Leben hier oben inmitten all der Dänen.»
    Thankmar ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, auch wenn sich die beiden offensichtlich über ihn lustig machten. Er schenkte Evurhard ein freundliches Lächeln, setzte sich ihm gegenüber und wartete, bis auch Poppo saß.
    «Ihr müsst entschuldigen, Herzog», sagte Thankmar. «Mein Heim ist in der Tat bescheiden und

Weitere Kostenlose Bücher