Das Lied des Todes
das Leben in der Mark hart. Aber sind es nicht gerade derartige Umstände, die uns die Bedeutung der wirklich wichtigen Dinge im Leben aufzeigen?»
Als wäre dies sein Stichwort, rief Poppo: «Nur Güte und Gnade werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar!»
Die anderen bekreuzigten sich.
Dann rief Thankmar nach Bedienung. Sklaven kamen in den Raum und trugen das Essen auf. Seit Tagen waren die Bediensteten mit den Vorbereitungen für das Mahl beschäftigt. Der Tisch füllte sich rasch mit Geflügel, Rindfleisch und Räucherfisch. Anstatt jedoch zum Essen zu greifen, beugte sich Evurhard zu Huga hinüber und unterhielt sich so leise mit ihm, dass kein Wort zu verstehen war.
Poppo trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
Thankmar legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm und sagte höflich zu seinen Gästen: «Wenn Ihr Euch erst mit Eurem Berater verständigen wollt, Herzog, lassen wir Euch gern noch einen Moment allein.»
Evurhard schaute mit gerunzelter Stirn auf. «Nein. Ist schon gut. Fangen wir an.»
«Dann greift bitte zu», sagte Thankmar.
Doch Evurhard und Huga rührten die Speisen, die vor ihnen lagen, nicht an.
«Ich hoffe, Ihr hattet einen guten Ritt», meinte Thankmar. «Der Weg ist beschwerlich, ich weiß. Er wird vor allem von Viehhändlern genutzt, die ihre Ochsen zu den Märkten auf der Hammaburg bringen.»
Evurhard winkte ab. «Lassen wir das, Markgraf. Wir sind nicht hier, um über Viehhändler zu reden. Kommen wir zur Sache. Bereits morgen früh müssen wir wieder abreisen.»
«Morgen schon? Ich hatte gehofft, Euch ein paar Tage lang bewirten zu dürfen. Ich bekomme nicht häufig Besuch …»
«Wir essen, und dann reden wir. Je schneller wir zu einer Einigung kommen, desto besser.»
Evurhard zog ein Messer und schnitt damit einen Flügel vom Entenbraten ab.
Da langten auch die anderen zu. Den Gästen schien es zu schmecken, das freute Thankmar.
Zufriedene Gäste wähnen sich in Sicherheit, dachte er.
Zwischen zwei Bissen gab er einem Sklaven einen Wink, der daraufhin einen Krug an den Tisch brachte.
«Für einen Becher Wein werdet Ihr aber hoffentlich noch Zeit haben, Herzog», sagte Thankmar. «Es wäre schade um das kostbare Getränk, schließlich habe ich für Euch eines meiner besten Fässer öffnen lassen.»
«Aber nicht zu viel», entgegnete Evurhard.
Nachdem der Sklave alle vier Becher bis an den Rand gefüllt hatte, hob Thankmar seinen Wein und wartete, bis die anderen die Geste erwiderten.
«Worauf wollen wir trinken?», fragte Thankmar.
Evurhard, dessen Stirn noch immer in Falten lag, antwortete: «Worauf schon? Auf bessere Zeiten natürlich!»
«Ein weiser Wunsch, Herzog!»
Thankmar trank in kleinen Schlucken. Dabei ließ er Evurhard nicht aus den Augen, der über den Becherrand zurückstarrte. Als die Becher wieder abgestellt wurden, war der des Herzogs leer, und der Sklave schenkte umgehend nach. So ging es eine Weile mit Essen und vor allem Wein weiter, wobei Thankmar darauf achtete, nicht so viel zu trinken wie Evurhard. Dessen Blick war bereits glasig, als die Essensreste abgeräumt wurden und die Sklaven den Raum verließen. Nur die Becher standen noch auf dem Tisch, ebenso der frisch gefüllte Krug.
«Wird der Bischof an unserem Gespräch teilnehmen?», fragte Evurhard, ohne Poppo dabei anzuschauen.
«Ich bin über alles informiert worden», sagte Poppo spitz.
Seiner Stimme war die Verärgerung darüber anzuhören, dass der hochmütige Herzog ihn wie Luft behandelte. Thankmar war dies nur recht. Es würde ihm Poppos Loyalität sichern, da der Bischof niemals jemanden wie Evurhard unterstützen würde, der die weltliche Macht über die der geistlichen stellte.
«Hm, er ist also informiert», meinte Evurhard.
«Ja, und er genießt mein volles Vertrauen», erwiderte Thankmar.
Evurhard griff nach seinem Becher und trank, ohne auf die anderen zu warten. Dann schenkte er sich selbst nach, trank einen weiteren Schluck und erhob sich. Er wankte leicht.
«Es sollte in der Tat von Vorteil sein», sagte er, «auch unter dem Klerus Verbündete zu haben, ja, das sollte es …»
Während er sprach, ging er vor dem Tisch hin und her. Wie zu sich selbst sagte er: «Kommen wir nun zu dem Grund meines Besuchs. Ich werde mich nicht mit langer Vorrede aufhalten. Es ist an der Zeit, das zu vollenden, was unseren Vätern missgönnt war.»
Er blieb stehen und schaute Thankmar an.
«Seid Ihr damals meinem Vater begegnet,
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