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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Markgraf?»
    Thankmar nickte. Allerdings hatte er den alten Evurhard nur ein einziges Mal auf der Mersburg gesehen, als der mit Thankmars Vater den Aufstand gegen Otto plante. Den Grund für den Besuch kannte Thankmar damals zwar nicht. Aber als die Männer ihre Köpfe zusammensteckten, war ihm klar gewesen, dass es um eine sehr ernste Sache ging.
    Was nach dem Treffen geschah, hatte er später von seiner Großmutter erfahren. Thankmars Vater und der alte Evurhard belagerten mit ihren Heeren zunächst erfolglos eine Festung, die man Belecke nannte. Danach waren sie weitergezogen zu einer gewissen Eresburg, die sie einnehmen konnten. Thankmars Vater blieb auf der Burg, um den Stützpunkt zu halten, während der alte Evurhard sein Heer weiterführte. Nur wenige Tage später griffen Ottos Truppen die Eresburg an und eroberten die Festung zurück. Thankmars Vater flüchtete in die Burgkapelle, wo er sich ergeben wollte. Doch er wurde getötet, obwohl er zuvor all seine Waffen ablegt hatte. Als der alte Evurhard vom Tod seines Verbündeten hörte, streckte auch er die Waffen. Otto begnadigte ihn. Doch bereits ein Jahr später beteiligte er sich an einem weiteren Aufstand gegen den König – und wurde dabei selbst getötet.
    «Euer Vater», sagte Thankmar, «war ein Mann mit Charakter. Er hat sich nicht beugen lassen, sondern ist Otto mit erhobenem Haupt entgegengetreten.»
    Evurhard blieb abrupt stehen. Zum ersten Mal hellte sich seine Miene auf.
    «Ja, das hat er getan», sagte er stolz. «Und nun werde ich Euch meinen Plan erläutern, Markgraf. Wir werden das Vermächtnis unserer Väter in Ehren halten und beenden, was beendet werden muss: Ottos Herrschaft!»
    Thankmar hörte aufmerksam zu und tat dem Herzog seine Zustimmung und Hochachtung mehrfach durch bedeutungsvolles Nicken kund. Dabei war das Vorhaben noch naiver, als er angenommen hatte. Naiv und dumm.
    Thankmar hatte sich längst einen eigenen Plan zurechtgelegt, doch davon würde er nichts erzählen. Stattdessen tat er so, als würde er Evurhards Worten aufmerksam lauschen, und nickte ihm dann und wann anerkennend zu.
    Der Herzog hatte also vor, weitere Mitverschwörer um sich zu scharen, was zunächst einmal eine naheliegende Idee war. Doch der Rest war so vorhersehbar, dass der Plan einfach zum Scheitern verurteilt war. Mit den vereinigten Heeren der Verschwörer wollte Evurhard im kommenden Frühjahr zum Reichstag nach Wormaza ziehen, wo Otto seinen Sohn vor der eigentlichen Krönung als Mitkönig präsentieren würde. Diese Gelegenheit wollte Evurhard nutzen, um den König anzugreifen – und ihn in einer großen Schlacht zu besiegen, wie er im Brustton der Überzeugung sagte.
    «Ich würde gern Eure Meinung zu meinem Plan hören», schloss Evurhard seine Ausführung.
    «Oh, das ist ein guter Plan, Herzog», rief Thankmar und klatschte in die Hände. «Ihr seid tatsächlich ein noch hervorragenderer Stratege, als ich erwartet hatte.»
    Gleichzeitig dachte er: Evurhard ist ein Fliegenschiss! Sollte Otto mit einem Angriff rechnen – und es war nicht auszuschließen, dass er von dem Aufstand erfuhr –, würde er diesen natürlich genau in Wormaza erwarten. Thankmar hatte inzwischen eigene Erkundigungen eingeholt und zwei seiner Männer zur Hammaburg geschickt. Die Stadt war ein Marktplatz für Neuigkeiten. Die Boten waren vor Evurhard auf die Markgrafenburg zurückgekehrt und hatten berichtet, dass Otto bereits in diesen Tagen durch das Reich zog, um ein Heer zu sammeln, mit dem er im kommenden Jahr nach Italien ziehen wollte. Bis zum nächsten Frühjahr würde er über ein hochgerüstetes Heer und natürlich die Legio Regia verfügen. Es hieß allerdings, dass sich der Großteil des Heeres bei der Augusburg sammeln werde. Dennoch würde Otto auch zum Reichstag in Wormaza und zur Krönung in Aquisgranum sicher nicht wehrlos sein.
    Und Evurhard wollte ihm in einer offenen Schlacht gegenübertreten. Der Herzog war also entweder geistesgestört oder unglaublich naiv.
    Evurhard trat vor Thankmar und reichte ihm seine Hand. Der Händedruck war fest und feucht. Mit Angst erringt man keinen Sieg, dachte Thankmar.
    «Selbstverständlich werde ich mich für Eure Unterstützung erkenntlich zeigen», sagte Evurhard. «Huga hat Euch sicher ausgerichtet, dass Ihr nach dem Umsturz Eure alten Ländereien zurückerhaltet.»
    Thankmar nickte.
    «Kommen wir nun zu den Einzelheiten», fuhr Evurhard fort. «Wie viele Männer könnt Ihr aufbringen?»
    Thankmar tat, als

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