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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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dienen? «
    Anna erwiderte den Gruß und näherte sich einem der beiden Kaltblüter, um ihm liebevoll über die lange Mähne zu streichen. » Danke, ich brauche nichts. Wenn ich nur ab und zu herkommen darf. Ich mag Pferde sehr gern. «
    Der schwergewichtige Stallbursche mit dem lichten Haupthaar musterte sie. » Ist es Euch denn gestattet? «
    Anna ließ sich auf einen Schemel sinken. » Ich werde Euch ganz bestimmt nicht stören. Aber ich bin es leid, allein in meiner Kammer zu sein. «
    » Leistet mir ruhig ab und zu Gesellschaft. Ihr tut allerdings gut daran, Euch nicht erwischen zu lassen. « Der Mann trat auf eine hölzerne Kiste zu und entnahm ihr eine Bürste. » Wollt Ihr? Mein Hermann ist schon betagt und würde sich freuen, gestriegelt zu werden. « Skeptisch blickte er an ihr hinunter. » Wahrscheinlich ein dummer Einfall, wenn ich Euer Gewand so betrachte. Wobei bisher keine Klosterschülerin je den Wunsch geäußert hat, mir zur Hand zu gehen. Eure Kleider werden danach stinken. «
    Anna nahm ihm die Bürste aus der Hand. » Na und? «
    Mit gleichmäßigen Bewegungen begann sie, den Rücken des Wallachs zu striegeln. Die Stute neben ihm senkte den schlanken Hals über ein Häufchen Heu, das neben ihr abgelegt worden war. Annas Gedanken überschlugen sich. Wenn sie mehr über die Händler und die Gepflogenheiten des Klosters erfahren konnte, dann von dem Stallburschen. Vorsichtig schielte sie zu ihm hinüber, während sie sich der Flanke des Kaltbluts zuwandte.
    » Sie werden es nicht gutheißen, wenn Ihr Euch bei einem Mann aufhaltet, mein Kind « , unterbrach er ihre Überlegungen.
    » Anna ist mein Name. Anna Stäubling. Und der Mann, den ich besuche, könnte gewiss mein Großvater sein, oder? «
    Der Stallbursche verzog erst das Gesicht, doch im nächsten Moment brach er in ein dröhnendes Gelächter aus. » Ich bin nur gespannt, wie Ihr dies der Mutter Oberin beibringen wollt. Ich heiße übrigens Rüdiger. «
    Anna schenkte ihm ein Lächeln und tätschelte den Hals des Pferdes. Eine Weile später legte sie die Bürste in die Kiste zurück. Sie enthielt alles, was zur Pflege von Last- und Zugtieren benötigt wurde, sowie etwas, das wie ein größeres Stück Stoff aussah. Eine Pferdedecke? Rasch klappte sie den Deckel der Truhe zu.
    » Damit mich niemand bemerkt, sollte ich jetzt besser gehen. «
    Anna raffte ihren Rock, sah sich nach allen Seiten um und machte sich eilig auf den Weg in ihre Kammer, um sich zu waschen, bevor ihr Geruch verraten konnte, wo sie die letzte Stunde verbracht hatte.

KAPITEL 7
    W ährend lautes Schnarchen durch Stöckls Kammertür drang, saß Sebastian bei einem einfachen Frühstück allein in der kleinen Küche. Diesmal mussten es mehr als zwei oder drei Becher gewesen sein, die sein Meister sich am Vorabend in Krimhilds Schänke genehmigt hatte. Wie schon so oft schlief Stöckl seinen Rausch aus. Dass der Beinschnitzer nach einem Besuch im Schwarzen Hahn am nächsten Morgen nicht ansprechbar war, geschah ja nicht zum ersten Mal. Sebastian verscheuchte eine Fliege, die sich auf seinem Teller niederlassen wollte, und starrte auf das Stück Brot in seiner Hand. Missmutig legte er es zurück auf das Holzbrett, griff nach dem Becher mit lauwarmer Milch und trank einen Schluck. Danach ging er in die Werkstatt hinüber.
    Am späten Vormittag vernahm er endlich Stöckls schlurfende Schritte. Wortlos nahm der Beinschnitzer Platz. Offensichtlich gedachte er nicht, Sebastian seine Aufmerksamkeit zu schenken. Die Sonne hatte längst den höchsten Stand erreicht, und Sebastians Werkstück war fertig. Mit leisem Stolz betrachtete er den hellen, mit Ornamenten verzierten Dolchgriff und reichte ihn Stöckl über den Tisch hinweg.
    Der verzog das Gesicht – und warf den Griff in hohem Bogen auf die Platte. Sebastian zuckte beim Klang des dumpfen Geräusches zusammen. Dem Himmel sei Dank war nichts geborsten.
    » Polier das Ding gefälligst vernünftig. Ich dulde hier keine Schlamperei! «
    » Das habe ich bereits getan, Meister « , getraute er sich einzuwenden.
    Die Stimme des Älteren erhob sich zu einem Donnergrollen. » Tu, was ich dir sage, oder ich suche mir einen gehorsameren Lehrjungen! «
    Stöckls Zorn war ungerechtfertigt, aber Sebastian schwieg. Als er am Abend endlich seine Kammer aufsuchen durfte, atmete er auf. Bald darauf hörte er, wie der Meister das Haus verließ. Sebastian warf sich aufs Bett. Auf sein Abendessen verzichtete er, da er fürchtete, Stöckl würde

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