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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Blindheit erstaunlich geschickt mit Messern hantierte und Brot buk. Freundlich erklärte ihr die Alte, die ihr ganzes Leben im Kloster verbracht hatte, wie sie den Teig am besten knetete und die Kräuter des vergangenen Jahres haltbar machte. Nicht, dass Anna all dies nicht schon gewusst hätte, aber was schadete es, sich ein wenig unbedarft anzustellen? Währenddessen merkte sie, wie Schwester Almuth sie beobachtete. Wenn diese zuweilen die Küche verließ, nutzte Clementia die Gelegenheit, sich mit Anna zu unterhalten. So erfuhr sie, dass der Weinhändler ein Liebhaber des klösterlichen Bieres war und diesem immer reichlich zusprach, wenn sein Weg ihn nach Regensburg führte. Das wiederum hatte die geschäftstüchtige Mutter Oberin zu ihrem Vorteil gedeihen lassen.
    » Stell dir vor « , erzählte Clementia ihr eines Tages, » die Mutter Oberin hat den guten Baldewin neulich zu einem Umtrunk geladen und dabei einen Rabatt für den Weinpreis mit ihm ausgehandelt. «
    Anna hatte Mühe, ihre Aufregung zu verbergen, weshalb sie, ohne Clementia anzusehen, weiter einen Brotteig knetete. » So, hat sie das? «
    » Oh ja, und dafür sichert sie ihm eine Unterkunft und Bier zu, so viel er zu trinken vermag, bevor er nach Augsburg zurückkehrt. Ja, sie ist sehr klug, unsere Mutter Oberin. «
    » Das ist sie wohl « , antwortete Anna tonlos, denn ihre Stimme schien plötzlich zu versagen.
    Augsburg. Ihre leise Hoffnung, eine Fluchtmöglichkeit gefunden zu haben, zerplatzte wie eine Seifenblase. Sie lugte zum Fenster hinaus. Obwohl der März Einzug gehalten hatte und die Tage allmählich länger wurden, erschien ihr der Anblick der ersten Frühlingsboten, die sich durch die verharschte Erde kämpften, nicht eben ermutigend. Wenn sie den ganzen Weg nach Nürnberg über Schnee und Eis zu Fuß zurücklegen musste, war sie schneller zurück im Kloster, als sie sich vorstellen konnte. Annas Verzweiflung wurde übermächtig. Im nächsten Moment fühlte sie, wie sich Clementias Hand auf ihren Arm legte.
    » Mädchen, habe ich etwas Falsches gesagt? Du atmest so … so angestrengt. «
    » Nein, mach dir keine Sorgen « , wehrte sie ab und behauptete rasch, die Luft in der Küche mache ihr zu schaffen.
    Damit gab sich ihr Gegenüber zum Glück zufrieden, aber in Zukunft musste sie vorsichtiger sein.
    Als Anna am Abend ihre Kammer aufsuchte, konnte sie ihren Gedanken endlich freien Lauf lassen. Sie brauchte Kleidung, in der sie nicht sofort zu erkennen war. Ob sie in die Wäscherei gelangen konnte? Nur wie?
    Sehnsüchtig ließ sie den Blick aus dem Fenster schweifen. Vielleicht tat sie Martin ja auch unrecht, wenn sie annahm, dass er sich von der Mutter Oberin abweisen ließ. Gewiss gab es gute Gründe, warum er sie noch nicht besucht hatte.
    In Annas Vorstellungen stritt Martin unerbittlich mit seinem Vater, bis dieser ihn endlich um Verzeihung bat, da ihm letztlich sein Glück wichtiger war als alles andere auf der Welt. Wenn Martin endlich vor ihr stünde, würden bereits die Hochzeitsvorbereitungen laufen, heimlich natürlich, um sie zu überraschen. Sebastian sollte ihr Trauzeuge werden. Anna schloss die Augen. Ganz deutlich konnte sie Martins Anwesenheit fühlen. Ihre Finger kribbelten. Könnte sie ihn doch nur berühren, seine Wärme spüren und sich an ihn schmiegen, in der Gewissheit, alles würde gut werden. Bis dahin jedoch musste sie ihre Gedanken zusammenhalten. Niemand sollte etwas von ihren Plänen erfahren, selbst Clementia nicht, die ihr als Einzige ein wenig Wärme entgegenbrachte. Anna löste die Haarnadeln von ihrer Haube und ließ beides achtlos zu Boden fallen. Ab sofort musste sie gehorsam sein, um jeden Verdacht von sich abzulenken.
    Zwischen dem Mittagsmahl und den nachfolgenden Gebeten blieb den Klosterschülerinnen eine Stunde Zeit, die sie zur inneren Einkehr nutzen sollten. Nachdem Anna mehrere Tage damit zugebracht hatte, den Klosterhof in dieser Zeit zu beobachten, fiel ihr auf, dass einige Nonnen die Mußestunde nutzten, um sich miteinander auszutauschen. Manche suchten den Klostergarten auf und setzten sich in die Sonne, um die allmählich erblühende Natur zu betrachten. Natürlich war es nicht gern gesehen, wenn eine Novizin dieses Privileg nutzte, aber ein Verbot hatte die Mutter Oberin nicht ausgesprochen. Deshalb überquerte sie am folgenden Tag den Hof und betrat die Stallungen.
    Der Mann, der die Lasttiere zu versorgen hatte, setzte eine erstaunte Miene auf. » Gott zum Gruße. Wie kann ich Euch

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