Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
Vom Netzwerk:
aufpassen, dass er nicht selbst … «
    » Du hast ja keine Ahnung « , schnitt Sebastian ihm das Wort ab, » wen du da eben angegriffen hat. Dieser Mann ist nicht irgendjemand, dieser Mann ist ein Pro… «
    » Warte, Sebastian « , ließ sich Pankratius vernehmen. » Meine Stunde ist noch nicht gekommen. «
    » Was ist denn hier los? « Andreas Osiander schob sich nach vorne. Mit zusammengezogenen Brauen musterte der Pfarrer zunächst Sebastian und dann den Burschen, zu dessen Füßen immer noch der Dolch lag.
    » Was hast du getan, Matthias Pollmer? «
    Der senkte den Kopf. » Weiß auch nicht, Herr Pfarrer. Ich konnte nicht anders. Ihr wisst doch, ich hab mich manchmal nicht im Griff. Der da « , er zeigte auf Pankratius, » behauptet, Luther sei des Teufels und man müsse ihn umbringen. Das ist doch nicht recht, Herr Pfarrer. «
    » Deshalb greifst du selbst zum Messer, ja? Mit dir nimmt es noch mal ein schlimmes Ende, Matthias. Zeig her. « Osiander trat auf Sebastian zu, zog seinen Hemdkragen zur Seite und untersuchte die Stichwunde. » Das sieht schlimmer aus, als es ist. «
    Mit einem freundlichen Nicken verabschiedete sich der Pfarrer und kehrte durch einen Seiteneingang in die Kirche zurück, nicht ohne den Rat an Sebastian, zur Versorgung der Wunde einen Bader aufzusuchen. Während sich die Menge zerstreute, trat Elia auf ihn und die anderen zu.
    » Sebastian hat heute großen Mut bewiesen « , erklärte er. » Der Angreifer war vom Satan geleitet. Er hätte mich leicht umbringen können, aber unser Herr hat dich benutzt, um das zu verhindern. Ich bin mir sicher, Gott hat noch viel mit dir vor. «

KAPITEL 17
    G ehst du nicht mit zum Großen Markt? « Mit blitzenden Augen stand Sepp in der Werkstatttür.
    Sebastian, der an einem Lederstück arbeitete, blickte auf. Seit dem Vorfall vor der Kirche waren vier Wochen vergangen, und seine Wunde war gut verheilt.
    Sein Freund schüttelte in gespieltem Unverständnis den Kopf. » Die Heiltumsweisung, Sebastian. Schon vergessen? Heute ist der zweite Freitag nach Ostern, da werden dem Volk … «
    » … die Reichskleinodien gezeigt, ich weiß. Hab nur nicht mehr dran gedacht. «
    Im letzten Jahr waren Anna und er nicht nahe genug an das vor der Frauenkirche aufgebaute Podest mit dem Heiltumsstuhl herangekommen. Vor lauter Köpfen hatten sie nichts von den kostbaren Insignien – der Kaiserkrone, dem Zepter und dem Reichsapfel – erkennen können, die dort öffentlich ausgestellt waren. Nur das Schwert des Kaisers hatte Sebastian kurz in der Sonne aufblitzen sehen. Auch auf den Tisch mit den Reliquien, Teile der Krippe des Jesuskindes sowie die Dornen aus der Krone Christi war nur ein flüchtiger Blick möglich gewesen.
    » Was ist nun? « , drängte Sepp. » Kommst du mit oder nicht? Meine Eltern, Niclas und Margarethe gehen auch. «
    Sebastian kratzte sich am Kinn, an dem seit einiger Zeit dunkle Haare sprossen. Ihm stand eigentlich nicht der Sinn danach, in eine riesige Menschenansammlung einzutauchen.
    » Denk an den Ablass, der allen Teilnehmern gewährt wird « , erinnerte Sepp ihn augenzwinkernd.
    » Ich denke, wir Bruderschaftler haben keinen Ablass nötig « , gab Sebastian zurück.
    » Stimmt. Komm trotzdem mit. «
    » Also gut « , erwiderte Sebastian ergeben, legte das Werkzeug beiseite und folgte dem Freund.
    Der Schauplatz des alljährlich stattfindenden Spektakels hatte sich bereits gefüllt, als die Stadlers mit Sebastian den Grünen Markt erreichten. Das Gotteshaus an der Ostseite des Platzes – so viel wusste er durch Erzählungen seines Vaters – war vor über hundert Jahren auf den Grundmauern einer abgerissenen Judenschule errichtet worden, nachdem die Juden aus der Stadt vertrieben worden waren.
    Tief atmete er die frische Luft ein, die vom Stimmengewirr zahlloser Menschen erfüllt war. Aus allen Teilen des Reiches waren sie nach Nürnberg gekommen. Gebannt lauschte Sebastian den unterschiedlichsten Dialekten um ihn herum, während er den Stadlers in Richtung des Podests folgte, das man in den letzten Tagen errichtet hatte. An Hauswänden und Baumstämmen wiesen seit Wochen zahlreiche Anschläge auf das große Ereignis hin, und von allen Kirchenkanzeln herab war zum Besuch der Veranstaltung aufgefordert worden. Dass es in der Stadt in den letzten Monaten viele Pesttote gegeben hatte, schien die Menschen nicht davon abzuhalten, diesem Schauspiel beizuwohnen .
    Begleitet von dem feierlichen Geläut der Glocken, teilte sich die Menge, und es

Weitere Kostenlose Bücher