Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)
handeln? «
» Ich will Euch keine falschen Hoffnungen machen. Außerdem kenne ich weder Einzelheiten, noch habe ich eine Beschreibung von ihm. Aber es wäre immerhin möglich. «
» Das gebe Gott. Danke, Herr Pfarrer. « Gleich nach ihrer Rückkehr wollte sie den Mann aufsuchen, um sich nach Sebastian zu erkundigen. Hätte sie dies doch nur schon vorher gewusst, dann hätte sie jetzt Gewissheit.
Bald darauf erreichten sie das Städtchen Schwabach und etwa eine Stunde darauf das Dorf Dettelsau, in dem sie in einem Gasthaus eine einfache Mahlzeit zu sich nahmen.
Am Nachmittag fuhren sie durch Heilsbrunn und weiter auf Ansbach zu. Dort hoffte Anna inständig, den Ratsangestellten anzutreffen. Vorher jedoch wollte sie die Stelle aufsuchen, an der Korbinian begraben lag. Am Vortag war Anna noch im Nürnberger Rathaus gewesen, um eine genauere Beschreibung des Ortes zu erhalten. Dieser liege etwa eine halbe Stunde Weges von Heilsbrunn entfernt und befinde sich unweit einer Gruppe alter Eichen, teilte man ihr mit.
» Erzählt mir ein wenig über Euren Gemahl, Frau Dietl « , bat Osiander. » Wie würdet Ihr ihn beschreiben? «
Anna sog tief die kalte Luft ein, die zusammen mit dem ersten Schnee vom nahen Winter kündete. » Eure Frage überrascht mich, Herr Pfarrer. Warum möchtet Ihr das wissen? «
Osianders Blick drang warm in ihren. » Nun denn, leider habe ich Euren Gatten nicht gekannt. Um ihm jedoch eine gebührende Grabrede halten zu können, möchte ich mir gern ein Bild von ihm machen. «
Anna schlug erst Magdalenas und dann ihre Kapuze hoch, um sich gegen den Wind zu schützen . Ja, wie war Korbinian gewesen? Ein schlanker, großer Mann mit einem ebenso großen Herzen. Ihr seid fleißig und hübsch anzusehen. Was sonst kann sich ein einsamer Mann zu seinem Glück wünschen? Hatte sie ihn glücklich gemacht? Sie war sich nicht sicher, denn gerade in der letzten Zeit hatte Korbinian ob der schlechten Auftragslage oft bedrückt gewirkt, obwohl er versucht hatte, es vor ihr zu verbergen.
» Korbinian war mir ein guter Ehemann und seiner Tochter ein liebevoller Vater « , beantwortete sie nach einem Moment des Nachdenkens des Pfarrers Frage. » Niemals habe ich jemanden erlebt, der seine Arbeit so sehr geliebt hat wie er. Er war ein großartiger Buchmaler und ein Mensch, den ich sehr bewundert habe. Außerdem war er mein Freund und Vertrauter. «
Anna drängte sich die Erinnerung auf, wie oft ihr Mann bei der Arbeit die Zeit vergessen hatte, Gesicht und Haare mit Farbklecksen verunziert. Seit Korbinians Verschwinden lag eine bedrückende Stille über dem Haus, in dem zuvor heimelige Wärme geherrscht hatte. Immer wieder sah sie sein Bild vor sich, hörte seine letzten Worte, als er von der gemeinsamen Zukunft gesprochen hatte. Könnte sie doch nur ein letztes Mal ihre Wange an seine Brust legen, wenn er schlief. Annas Augen brannten von den vielen ungeweinten Tränen.
» Offenbar habt Ihr ihn sehr geschätzt. Gibt es einen schöneren Grund als diesen, eine Ehe zu schließen? «
Sie seufzte, wollte dem Pfarrer noch so viel von ihrem Mann erzählen, aber die Trauer und die Unfähigkeit, ihre Gefühle in Worte zu fassen, schnürten ihr die Kehle zu. Hoffentlich musste Korbinian nicht zu lange an jenem Ort verweilen, an den die Seelen der Verstorbenen gingen, um auf ihre Begegnung mit Gott vorbereitet zu werden. Da durchfuhr Anna ein jäher Schreck. Nie hatte sie gesehen, dass ihr Mann Ablassbriefe gekauft hatte. Im Gegenteil, als sie vor einigen Wochen auf dem Marktplatz einem dieser Gnadenhändler begegnet waren, hatte Korbinian sich spöttisch über das » Geschäft mit den Sünden « geäußert, das der Dominikanermönch betrieb. Lebhaft standen Anna die an den Seitenwänden seines Wagens angebrachten Bildtafeln vor Augen, die den Nürnbergern die furchtbaren Qualen der Hölle zeigten, die ihre verstorbenen Angehörigen erwarteten. » Erlöst die Seelen eurer Lieben für einen Viertelgulden aus den Flammen « , hatte der Mönch gerufen, woraufhin eine vornehm gekleidete Frau vorgetreten war und dem Mann gleich einen ganzen Beutel voller Münzen gereicht hatte.
» Gebt das Geld lieber den Armen als diesem Betrüger « , war Korbinians Kommentar gewesen. » Dass der Papst mit dem Geld den Petersdom baut, weiß doch inzwischen jedes Kind. «
Osiander musste ihre Unsicherheit bemerkt haben. » Was ist Euch, Frau Dietl? «
» Korbinian wollte keinen von diesen Ablassbriefen kaufen. Außerdem war mein Mann
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