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Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Titel: Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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Ohren, während ihr ein Ort weggenommen wurde und ein anderer bereits auf sie wartete. Der Geruch von selbst gedrehten Zigaretten in dem Steppstoff, lächelnder Rauch. Dann stiegen die Märchen mythischer Wesen von seiner Zunge herab und liefen durch sie hindurch. Frei. Wild. So wie es sein sollte. Und manchmal, mitten in der Nacht, weckte er sie auf. Dann fuhr er an den Rand der Straße, sie legten sich auf die warme Motorhaube des Gigant und blickten in die Sterne, unter ihnen das Klicken der abkühlenden Maschine. Schwiegen wie Wissende. Rochen den Sand der Wüste, schauten in die ferne Unendlichkeit und sahen dem Zigarettenqualm nach, wie er in den Nachtwind wirbelte. Anevay hatte diese Augenblicke mehr geliebt, als ihr bewusst war. Jetzt schnitten sie ihr ganz tief ins Herz. Und sie hauchte ganz leise, die eine Lippe bedeckt, die andere in der Dunkelheit: ›Wer bin ich?‹
     
     

Blut und Steine
     
    Regen trommelte dumpf auf das Glas. Erstes Licht floss durch das Deckenfenster, die schwarzen Wände hinunter. Gold vermischt mit Himbeere. A drehte den Kopf, Isabelle schlief eingeigelt, der Körper nur ein grauer Buckel unter der Decke, den Atem gegen die Wand gepresst. Sie schnaufte mehr, träumte wohl von Schiffen.
    A blickte zu dem rundem Fenster auf, stellte sich vor, wie sie es erneut zerschmetterte, die Scherben auf sie niederprasselten und sie diese dann auffing, jede einzelne von ihnen. Ihre Gedanken ebenso schnell wie das Auge. Das Klirren dieses Wunders landete einfach mitten auf ihren ausgestreckten Händen. Neugierig betrachtete sie das Glas, funkelnd, zerbrochen und rieb es lachend über ihre Arme. Sie spürte die Stiche, sah das Rot ihres Blutes, das aus der Haut quoll, freigelassen. Endlich frei. Sie lachte lauter, nahm eine besonders große Scherbe, hielt sie ins Licht der aufgehenden Sonne, hob ihr graues Hemd an und stach sie in den Nabel. Der Schmerz war wie verwahrlost, ging überall hin, kannte keine Grenzen, lief brüllend umher, fand eine alte, versiegelte Tür, sammelte sich zu einem Schlüssel und öffnete sie. Die Tür knarrte. Sie ging auf. Dunkles, dickes Schwarz schwappte ihr entgegen, umspülte ihre nackten Zehen, gefüllt mit dem Glühen von tausenden von Splittern, die darin schwammen wie …
    A riss den Kopf hoch, die Decke rutschte zurück auf ihre Schlüsselbeine, und japste zitternd nach Luft. Ein Traum, nur ein Traum - bitte.
    Isabelle starrte sie an, die blassen Augen wie versteckte Vögel unter einer Schicht aus dreckigem Schnee kauernd. Pickend. Dann lächelte sie scheu.
    Noch immer war A so müde, als wäre sie in diesen Träumen gerannt oder hätte etwas gesucht, doch sie setzte sich auf den Rand des Glasbettes und krallte ihre Hände in die Beine. Das Licht zog weiter. Es wurde heller, fast grell, dann wurden auf der anderen Seite des Raumes die Schatten endlich länger. A sah ihnen dabei zu. Sie aß nicht, sie trank nicht. In ihrem Kopf war eine hohle Blase. Selbst als es dunkel wurde, und das letzte Schimmern der Welt mit den schwarzen Wänden verschmolz, blieb sie dort sitzen. Isabelle versuchte, ihr den Krug zu reichen, hielt A die Schale mit Hafergrütze unter die Nase, doch sie nahm nur die linkischen Bewegungen wahr, Isabelles aufmunternde Worte glitten durch sie hindurch. Sie rochen nach Schweiß auf fahler Haut. Nach sprödem Haar und knarrenden Kellerstufen.
    Etwas in Anevay ging seinen ganz eigenen Weg und sie saß staunend davor. Wartend. Die Nacht brach herein. Sie war nicht länger müde, war nicht länger Anevay und doch wusste sie, was sie dort tat. Manchmal lächelte sie sogar, weil sie begriff, wie unsinnig all das war, doch konnte sie nicht damit aufhören. Es war wie ein Rausch. Was ihr Angst hätte machen sollen, beruhigte sie immer mehr. Die Stimmen in ihr wurden leiser und leiser, gingen schlafen, während sie wach blieb. Eine Welle der Überlegenheit strömte durch sie, kam jedoch nirgendwo an. Dennoch blieb sie dort sitzen.
    Am dritten Tag holten sie A ab.
     
    »Sitzt da wie ne Statue!« Fingermann. Unsicher.
    »Halt die Schnauze und fass mit an!« Jagor. Selbstbewusst, hinter einer Mauer, in der ein Stein fehlt.
    Sie hoben A hoch, zogen ihr eine Jacke aus weißem Stoff an, arretierten ihre schlaffen Arme hinter dem Rücken, fesselten die Finger zu einem nutzlosen Bündel.
    Anevay ging bewacht und eskortiert durch die endlosen Tunnel. Barfuß. Es war ihr egal. Fingermann schlug von hinten zu, ließ den Stock immer wieder auf ihre Schultern

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