Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Titel: Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
Mal seit vielen Monaten fühlte sie sich wieder wie ein Mensch. Ein Mensch, der Träume und Hoffnungen haben durfte.
     

 

Eine Tat mit Folgen
     
    Zwei Wochen hatte er warten müssen, um sich wieder hierher zu schleichen. Tage voller Ungeduld, weil er das Zimmer schon längst ins Herz geschlossen hatte oder besser - weil er dort sein durfte, was er war: Ein tüftelnder Zauberer.
    Poe döste in Roberts Hemdsärmel und zuckte beim Träumen mit den Pfoten, Taris hockte wie üblich in Falkengestalt auf der Lampe, das eine Auge schlafend, vor dem mechanische Ersatzauge hatte er die hauchdünnen Facetten geschlossen. Lediglich seinen gefiederten Rücken hatte er in Richtung Kamin gedreht, als würde der Clangeist die Wärme des Feuers genießen.
    Skee war vor einer Stunde lautlos verschwunden, nachdem sie ein verächtliches Stubenhocker gezischelt hatte. Für Skee ein Monolog von beinahe epischen Ausmaßen.
    Robert dachte oft über dieses ungewöhnliche Trio nach, das auf so unerwarteten Wegen in sein Leben getreten war. Bis heute hatte er das darin verborgene Geheimnis nicht einmal ansatzweise entschlüsseln können.
    Er lächelte, trank einen Schluck Tee und streifte sich seine Vergrößerungslinsen wieder vor die Augen. Zunächst einmal wollte er seinen Revolver ersetzen, der im Zug zerstört worden war. Hammaburg war kein Ort, an dem ein Mann, nur mit einer Klinge bewaffnet, des Nachts durch die Gassen spazieren sollte.
    Doch seine Gedanken schweiften ab. ›Was hatte der Druide an jenem Tag dort im Zug gewollt?‹ Nur zwei Dinge waren dem Angriff zum Opfer gefallen, klammerte man das protzige Mobiliar der Königin einmal aus: das Buch seines Großvaters und eben sein Revolver. Nur ergab dies überhaupt keinen Sinn. Robert war nicht so dumm und schleppte das Original mit sich herum, Panzerzug hin oder her. Und seine Waffe bestand aus mechanischen Komponenten, sowie Zaubern - für jemanden wie ihn kein Verlust, schon gar nicht, wenn man einen zweiten Satz Bauteile in einem banngeschützten Koffer schon Wochen vorher in eben dieses Zimmer vorausgeschickt hatte.
    Robert seufzte, stand auf, betätigte die Kurbel des kleinen Reisegrammophons, legte eine Platte auf den Drehteller, schob den Schalltrichter Richtung Tisch und machte weiter, während sanfte Geigenklänge den Raum erfüllten, als würden Myriaden von Blumenblüten durch einen düsteren Wald schweben.
    Er säuberte die unteren Ansaugventile mit einer Nadel, kaum dicker als das Haar eines Hundes und versah sie dann mit einer speziellen Ölmischung, damit sie auch bei extremem Frost noch funktionierten. Denn alles hing davon ab, dass diese Ventile ungehindert Zugang zu den sie umgebenen Elementen hatten. Robert hatte hunderte Stunden damit verbracht eine Waffe zu ersinnen, die unabhängig war. Wie töricht war es, etwas zu erfinden, das nicht mehr funktionierte, nur weil eine Patrone fehlte? Sehr töricht, fand er. Also brauchte es eine Art von Munition, die einem niemals, oder selten, abhanden kam.
    Das Ergebnis war ein Revolver, der die Luft ansaugte, diese zu einer komprimierten Kugel formte und abschoss, als bestünde sie aus Metall. Es war nur eine andere Definition von Materie. Regnete es zufällig wie aus Eimern und die Luft enthielt zu viel Wasser, so nahm die Waffe eben dieses Element und formte ihre Kugeln daraus. Das Gemisch verfestigte sich noch in der Kammer zu Eis und hatte beinahe ebensolche grausigen Eigenschaften wie eine normale Patrone. Nur, dass anschließend keine Kugel mehr zu finden war. Nach dem Auftreffen löste sich der Zauber auf. Luft und Wasser vermischten sich wieder mit dem allgegenwärtigen, vollkommenen Äther. Robert wusste, sollte seine Königin davon erfahren, würde sie ihm zuerst den Kopf abreißen, damit Ball spielen und ihn dann danach fragen, wie viele er davon herzustellen vermochte.
    Das Verrückte dabei war, dass er die Linke für die Feinarbeiten benutzte - seine mechanische Hand. Auch wenn er es sich selbst nicht eingestehen wollte, so hatte das Metall, das um seinen verkrüppelten Arm vernietet war, so etwas wie ein Eigenleben entwickelt. Ja, zuerst waren da nur der Schmerz und der Hass gewesen, doch dann, als er das erste Mal Pulver in diese Maschine geleitet hatte, war etwas geschehen, das er sowohl fürchtete als auch unbändig genoss. In einer stillen Nacht hatte Robert diesem Gefühl einen Namen gegeben: Steinbaum. Es symbolisierte die unverrückbare Wahrheit seiner Verletzung, ihre Unbeweglichkeit und dennoch

Weitere Kostenlose Bücher