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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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Händen hielten sie Schwerter von fahlem Feuer. Sie hatten silbernes Haar und goldenes Haar und platinweißes Haar, und ihre Augen waren Opal und Amethyst, Turmalin und Jade. »Schneller«, riefen sie, »schneller, schneller.« Sie rannte, und ihre Füße schmolzen den Stein, wo immer sie ihn betrat. »Schneller!«, riefen die Geister wie aus einem Mund, und sie schrie und warf sich nach vorn. Ein mächtiges Messer aus Schmerz schnitt an ihrem Rücken herab, und sie fühlte, wie ihre Haut aufriss, roch den Gestank von brennendem Blut und sah den Schatten von Flügeln. Und Daenerys Targaryen flog.
    »… den Drachen wecken …«
    Vor ihr ragte die Tür auf, die rote Tür, so nah, so nah, dass der Korridor um sie herum verschwamm und die Kälte in ihrem Rücken sich zurückzog. Und dann war der Stein fort, und sie flog über das Dothrakische Meer, hoch und immer höher, unter sich das grüne Wogen, und alles, was lebte und atmete, floh erschrocken vor dem Schatten ihrer Flügel. Sie konnte die Heimat riechen, sie konnte sie sehen, dort, gleich hinter dieser Tür, grüne Felder und große, steinerne Häuser und Arme, die sie wärmten, dort. Sie warf die Tür auf.
    »… Drachen …«
    Und sah ihren Bruder Rhaegar auf einem Hengst sitzen, der so schwarz wie seine Rüstung war. Feuer glomm rot durch den schmalen Augenschlitz in seinem Helm. »Der letzte Drache«, flüsterte Ser Jorahs Stimme schwach. »Der letzte, der letzte.« Dany hob sein poliertes, schwarzes Visier nach oben. Das Gesicht dahinter war ihr eigenes.
    Danach folgte lange Zeit nur noch der Schmerz, das Feuer in ihr und das Flüstern der Sterne.
    Mit dem Geschmack von Asche im Mund erwachte sie.
    »Nein«, stöhnte sie, »bitte nicht.«

    »Khaleesi?« Jhiqui stand über sie gebeugt wie ein verschrecktes Reh.
    Das Zelt war von Schatten durchtränkt, still und eng. Flocken von Asche trieben vom Kohlenrost auf, und Dany folgte ihnen mit den Augen durch das Rauchloch in der Decke. Geflogen, dachte sie. Ich hatte Flügel. Ich bin geflogen. Doch es war nur ein Traum. »Hilf mir«, flüsterte sie und rang darum, sich aufzurichten. »Bring mir …« Ihre Stimme war rau wie eine Wunde, und ihr fiel nicht ein, was sie wollte. Warum hatte sie solche Schmerzen? Es war, als wäre ihr Körper in Stücke gerissen und aus den Fetzen wieder zusammengesetzt worden. »Ich möchte …«
    »Ja, Khaleesi.« Augenblicklich war Jhiqui fort, stürmte aus dem Zelt und rief etwas. Dany brauchte … etwas … jemanden … was? Es war wichtig, das wusste sie. Es war das Einzige auf der Welt, das zählte. Sie drehte sich auf die Seite und brachte einen Ellenbogen unter sich, trat die Decke fort, die sich um ihre Beine gewickelt hatte. Es fiel ihr so schwer, sich zu bewegen. Die Welt um sie verschwamm. Ich muss unbedingt …
    Sie fanden sie auf dem Teppich, als sie zu ihren Dracheneiern kroch. Ser Jorah Mormont nahm sie in die Arme und trug sie auf ihre seidenen Laken zurück, während sie sich kraftlos dagegen wehrte. Über seine Schulter hinweg sah sie ihre drei Dienerinnen und Jhogo mit seinem kleinen Büschel von einem Bart und das breite Gesicht von Mirri Maz Duur. »Ich muss«, versuchte sie, ihm zu sagen, »ich muss unbedingt …«
    »… schlafen, Prinzessin«, sagte Ser Jorah.
    »Nein«, widersprach Dany. »Bitte. Bitte.«
    »Ja.« Er deckte sie mit Seide zu, obwohl sie glühte. »Schlaft und werdet groß und stark, Khaleesi. Kommt zu uns zurück.« Und dann war Mirri Maz Duur da, die Maegi, und sie hielt ihr einen Becher an die Lippen. Sie schmeckte saure
Milch und etwas anderes, etwas Dickes, Bitteres. Warme Flüssigkeit lief an ihrem Kinn herab. Irgendwie schluckte sie. Das Zelt wurde unscharf, und wieder umfing sie der Schlaf. Diesmal träumte sie nicht. Heiter und friedlich trieb sie auf einem schwarzen Meer, das keine Küste kannte.
    Nach einer Weile – einer Nacht, einem Tag, sie konnte es nicht sagen – wachte sie abermals auf. Das Zelt war dunkel, die Seidenwände flatterten wie Flügel, wenn draußen Wind aufkam. Diesmal versuchte Dany aufzustehen. »Irri«, rief sie, »Jhiqui. Doreah.« Sogleich waren sie da. »Meine Kehle ist trocken«, rief sie, »so trocken«, und sie brachten ihr Wasser. Es war warm und schal, trotzdem trank Dany es gierig und schickte Jhiqui, mehr davon zu holen. Irri tränkte ein weiches Tuch und tupfte ihre Stirn. »Ich war krank«, stellte Dany fest. Das dothrakische Mädchen nickte. »Wie lange? « Das Tuch war lindernd, doch wirkte Irri

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