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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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getötet.«
    »Der Hengst, der die Welt besteigt, wird keine Städte niederbrennen. Sein Khalasar wird kein Land mehr in den Staub treten.«
    »Ich habe für dich gesprochen«, sagte sie gequält. »Ich habe dich gerettet.«
    »Mich gerettet?« Die Lhazareen spuckte aus. »Drei Reiter haben mich genommen, nicht, wie ein Mann eine Frau nimmt, sondern von hinten, wie ein Hund eine Hündin besteigt. Der vierte war in mir, als Ihr geritten kamt. Wie habt Ihr mich da gerettet? Ich habe gesehen, wie mein Gotteshaus brennt, in dem ich mehr gute Menschen geheilt habe, als sich zählen lassen. Auch mein Haus haben sie niedergebrannt, und auf der Straße habe ich ganze Berge von Schädeln gesehen. Ich habe den Kopf des Bäckers gesehen, der mein Brot gebacken hat. Ich habe den Kopf eines Jungen gesehen, den ich vom Totaugenfieber geheilt hatte, vor drei Monaten erst. Ich habe gehört, wie Kinder weinten, als die Reiter sie mit ihren Peitschen forttrieben. Sagt mir noch einmal, was Ihr mir gerettet habt.«
    »Dein Leben.«
    Mirri Maz Duur lachte hässlich. »Werft einen Blick auf Euren Khal und seht, was dem Leben als Wert bleibt, wenn alles andere verloren ist.«
    Dany rief die Männer ihres Khas und hieß sie, Mirri Maz Duur zu nehmen und an Händen und Füßen zu fesseln, doch die Maegi lächelte sie an, während man sie wegtrug, als teilten sie ein gemeinsames Geheimnis. Mit einem Wort hätte Dany sie köpfen lassen können … nur, was hätte sie dann? Einen Kopf? Wenn das Leben wertlos war, was war dann der Tod?
    Sie führten Khal Drogo in ihr Zelt, und Dany befahl ihnen,
eine Wanne mit Wasser zu füllen, und diesmal war kein Blut im Wasser. Sie badete ihn selbst, wusch den Schmutz und Staub von Armen und Brust, reinigte sein Gesicht mit einem weichen Tuch, seifte sein langes, schwarzes Haar und kämmte die Knoten heraus, bis es wieder so glänzte, wie sie es in Erinnerung hatte. Es war schon weit nach Einbruch der Dunkelheit, als sie fertig wurde, und Dany war erschöpft. Sie trank und aß etwas, konnte nur an einer Feige knabbern und einen Mund voll Wasser bei sich behalten. Schlaf wäre eine Erlösung gewesen, aber sie hatte genug geschlafen … zu lange eigentlich. Diese Nacht schuldete sie Drogo, für alle Nächte, die gewesen waren und vielleicht noch kommen mochten.
    Die Erinnerung an ihren ersten Ritt begleitete sie, derweil sie ihn in die Dunkelheit hinausführte, da die Dothraki glaubten, dass alle wichtigen Dinge im Leben eines Mannes unter freiem Himmel geschehen mussten. Sie sagte sich, es gäbe Mächte, die stärker als aller Hass waren, und Zaubersprüche, die älter und wahrer als alle waren, welche die Maegi in Asshai gelernt hatte. Die Nacht war schwarz und mondlos, doch über ihnen leuchteten Millionen heller Sterne. Sie nahm es als Omen.
    Dort hieß sie keine gräserne Decke willkommen, bloß harte, staubige Erde, nackt und mit Steinen übersät. Kein Baum rührte sich im Wind, und es gab keinen Bach, der ihre Ängste mit der sanften Musik des Wassers linderte. Dany sagte sich, die Sterne würden genügen. »Erinnere dich, Drogo«, flüsterte sie. »Erinnere dich an unseren ersten gemeinsamen Ritt am Tage unserer Hochzeit. Erinnere dich an die Nacht, in der wir Rhaego gezeugt haben, mit dem Khalasar um uns herum, und wie du mich angesehen hast. Erinnere dich, wie kühl und klar das Wasser im Schoß der Welt war. Erinnere dich, meine Sonne, meine Sterne. Erinnere dich, und komm zu mir zurück.«

    Sie war von der Geburt zu wund und aufgerissen, als dass sie ihn in sich hätte aufnehmen können, wie sie es gewollt hätte, doch Doreah hatte sie andere Möglichkeiten gelehrt. Dany benutzte ihre Hände, ihren Mund, ihre Brüste. Sie kratzte ihn mit ihren Nägeln und übersäte ihn mit Küssen und flüsterte und betete und erzählte ihm Geschichten, und am Ende überschüttete sie ihn mit ihren Tränen. Drogo fühlte nichts, sagte nichts und richtete sich auch nicht auf.
    Und als der öde Morgen über dem leeren Horizont dämmerte, wusste Dany, dass sie ihn wirklich und wahrhaftig verloren hatte. »Wenn die Sonne im Westen aufgeht und im Osten versinkt«, sagte sie traurig. »Wenn das Meer austrocknet und die Berge wie Blätter im Wind verwehen. Wenn mein Schoß wieder Früchte trägt und ich ein lebendes Kind bekomme. Dann kommst du wieder, meine Sonne, meine Sterne, vorher nicht.«
    Niemals, schrie die Finsternis, niemals, niemals, niemals.
    Im Zelt suchte Dany ein Kissen, weiche Seide, mit Federn

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