Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
Vom Netzwerk:
Die Leiche der Wirtin drehte sich jedes Mal langsam am Strick, wenn der Nachtwind wehte. Ihr Fleisch war so dünn und brüchig wie die Hoffnungen der Lennisters.
    Shae murmelte schläfrig und drängte sich ihm entgegen, als er sich auf den Rand des Federbettes setzte. Er schob seine Hand unter die Decke und legte sie auf eine weiche Brust, und sie schlug die Augen auf. »M’lord«, sagte sie mit verschlafenem Lächeln.
    Als er fühlte, wie ihre Knospe hart wurde, küsste Tyrion sie. »Ich habe die Absicht, dich mit nach Königsmund zu nehmen, mein süßes Kind«, flüsterte er.

JON
    Die Stute wieherte, als Jon Schnee den Sattelgurt anzog. »Ruhig«, sagte er mit milder Stimme, besänftigte sie mit einem Klopfen. Wind flüsterte durch den Stall, ein kalter, toter Atem in seinem Gesicht, doch dem schenkte Jon keine Beachtung. Er schnürte seine Rolle an den Sattel, die narbigen Finger steif und unbeholfen. »Geist«, rief er leise, »zu mir.« Und der Wolf war da, die Augen wie glühende Kohle.
    »Jon, bitte. Das darfst du nicht tun.«
    Er stieg auf, die Zügel in der Hand, und riss das Pferd herum, um sich der Nacht zu stellen. Samwell Tarly stand in der Stalltür, und der Vollmond lugte über seine Schulter. Er warf den Schatten eines Riesen, gigantisch groß und schwarz. »Geh mir aus dem Weg, Sam.«
    »Jon, das darfst du nicht«, sagte Sam. »Ich lasse es nicht zu.«
    »Ich möchte dir eigentlich nicht wehtun«, erklärte Jon. »Geh zur Seite, Sam, sonst reite ich dich nieder.«
    »Das tust du nicht. Du musst mir zuhören. Bitte …«
    Jon rammte seine Sporen ins Pferdefleisch, und die Stute schoss auf die Tür zu. Einen Augenblick lang blieb Sam stehen, sein Gesicht so rund und blass wie der Mond in seinem Rücken, sein Mund ein wachsendes O der Überraschung. Im letzten Moment, als das Pferd fast bei ihm war, sprang er zur Seite, wie Jon es erwartet hatte, stolperte und fiel. Die Stute sprang über ihn hinweg in die Nacht hinaus.

    Jon setzte die Kapuze an seinem schweren Umhang auf und ließ dem Pferd die Zügel schießen. Die Schwarze Festung lag still und leise da, als er hinausritt, Geist an seiner Seite. Männer standen auf der Mauer und hielten Wacht, das wusste er, doch waren ihre Augen gen Norden gewandt, nicht gen Süden. Niemand würde ihn sehen, niemand, bis auf Samwell Tarly, der im Staub der alten Ställe wieder auf die Beine kam. Er hoffte, dass Sam sich bei dem Sturz nichts getan hatte. Er war so schwer und unbeholfen, dass es ihm ähnlich sähe, sich dabei ein Handgelenk zu brechen oder den Knöchel zu verstauchen. »Ich habe ihn gewarnt«, sagte Jon laut vor sich hin. »Außerdem hatte es gar nichts mit ihm zu tun.« Er spannte seine verbrannte Hand im Reiten, öffnete und schloss die vernarbten Finger. Noch immer schmerzten sie, doch fühlte es sich gut an, keinen Verband mehr zu tragen.
    Mondlicht färbte die Hügel silbern, als er dem gewundenen Band des Königswegs folgte. Er musste die Mauer so weit wie möglich hinter sich lassen, bevor sie merkten, dass er fort war. Am Morgen wollte er die Straße verlassen und querfeldein über Acker, Busch und Fluss reiten, um Verfolger abzuschütteln, im Augenblick hingegen war Geschwindigkeit wichtiger denn List. Es war ja nicht so, als könnten sie nicht erraten, welches Ziel er hatte.
    Der Alte Bär war es gewohnt, beim ersten Tageslicht aufzustehen, sodass Jon bis zur Dämmerung so viel des Wegs wie möglich zwischen sich und die Mauer bringen musste … falls Sam Tarly ihn nicht verriet. Der dicke Junge war pflichteifrig und leicht zu ängstigen, aber er liebte Jon auch wie einen Bruder. Falls man ihn fragte, würde Sam ihnen zweifellos die Wahrheit sagen, doch konnte sich Jon nicht vorstellen, dass er den Wachen am Königsturm die Stirn bot, damit sie Mormont aus dem Schlaf holten.
    Wenn Jon nicht kam, um das Frühstück des Alten Bären
aus der Küche zu holen, würden sie in seiner Zelle nachsehen und Langklaue auf dem Bett vorfinden. Es war ihm schwergefallen, es dort zurückzulassen, indes mangelte es ihm nicht derart an Ehrgefühl, dass er es mitgenommen hätte. Nicht einmal Jorah Mormont hatte das getan, als er in Schande geflohen war. Ohne jeden Zweifel würde Lord Mormont jemanden finden, der dieser Klinge eher wert war. Jon fühlte sich schlecht, wenn er an den alten Mann dachte. Er wusste, dass seine Fahnenflucht Salz in den offenen Wunden des Bären wären. Es schien ihm ein kläglicher Lohn für das Vertrauen, nur konnte er es nicht

Weitere Kostenlose Bücher