Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell
Payns Bundesgenossen des Hauses Lennister sind. Ich hielt es für das Beste, Männer auszuwählen, die Lord Tywin nicht zu Treue verpflichtet sind.«
»Zweifellos sehr umsichtig«, sagte Varys. »Allerdings habe ich Ser Ilyn zufällig hinten in der Halle gesehen, wie er uns mit diesen Augen angestarrt hat, und ich muss gestehen, er wirkte nicht eben erfreut, obwohl das bei unserem schweigsamen Ritter sicher schwer zu sagen ist. Ich hoffe, dass auch er seine Enttäuschung überwindet. Er liebt seine Arbeit so sehr …«
SANSA
»Er wollte Ser Loras nicht schicken«, erklärte Sansa am selben Abend Jeyne Pool, während sie im Lichterschein ihr Abendbrot zu sich nahmen. »Ich glaube, es war wegen seines Beines.«
Lord Eddard hatte sein abendliches Mahl mit Alyn, Harwin und Vayon Pool in seinem Bett eingenommen, um das gebrochene Bein besser lagern zu können, und Septa Mordane hatte über müde Füße geklagt, nachdem sie den ganzen Tag auf der Galerie gestanden hatte. Arya hatte sich ihnen anschließen sollen, doch sie kam zu spät von ihrer Tanzstunde zurück.
»Sein Bein?«, sagte Jeyne unsicher. Sie war ein hübsches, dunkelhaariges Mädchen in Sansas Alter. »Hat sich Ser Loras am Bein verletzt?«
»Nicht sein Bein«, sagte Sansa und zupfte vorsichtig an einer Hühnerkeule. »Vaters Bein, Dummchen. Es tut ihm so weh, dass er manchmal ganz mürrisch ist. Ansonsten hätte er Ser Loras bestimmt geschickt.«
Die Entscheidung ihres Vaters verwunderte sie nach wie vor. Als sich der Ritter der Blumen zu Wort gemeldet hatte, war sie sicher gewesen, dass sie nun erleben würde, wie eine der Geschichten der Alten Nan wahr werden sollte. Ser Gregor war das Ungeheuer und Ser Loras der wahre Held, der ihn erschlagen würde. Er sah sogar aus wie ein wahrer Held, so schlank und schön, mit goldenen Rosen um seine schmalen Hüften und dem vollen, braunen Haar, das ihm
in die Augen fiel. Und dann hatte ihr Vater ihn zurückgewiesen! Das hatte sie mehr aufgeregt, als ihr bewusst war. Sie hatte mit Septa Mordane auf der Treppe von der Empore darüber gesprochen, aber die Septa hatte ihr nur gesagt, es stünde ihr nicht zu, Entscheidungen ihres Hohen Vaters anzuzweifeln.
In diesem Moment hatte Lord Baelish gesagt: »Ach, ich weiß nicht, Septa. Manchen Entscheidungen ihres Vaters könnte der eine oder andere Zweifel nicht schaden. Die junge Dame ist so weise, wie sie reizend ist.« Er verneigte sich schwungvoll vor Sansa, so tief, dass sie nicht sicher war, ob man ihr ein Kompliment machte oder sie verspottete.
Septa Mordane war höchst aufgebracht gewesen, als ihr klar wurde, dass Lord Baelish sie belauscht hatte. »Das Mädchen hat nur so dahingeredet, Mylord. Närrisches Geplapper. Sie hat es nicht so gemeint.«
Lord Baelish strich über seinen kleinen, spitzen Bart und sagte: »Nicht? Sag mir, Kindchen, warum hättest du Ser Loras geschickt?«
Sansa blieb nur, ihm von Helden und Ungeheuern zu erzählen. Der Ratsmann des Königs lächelte. »Nun, das sind nicht die Gründe, die ich angeführt hätte, aber …« Er hatte ihre Wange berührt, wobei sein Daumen sanft an ihrem Unterkiefer entlangstrich. »Das Leben ist kein Lied, mein süßes Kind. Das wirst du zu deinem Bedauern eines Tages noch feststellen müssen.«
Sansa war nicht danach zu Mute, das alles Jeyne zu erzählen. Der bloße Gedanke daran machte sie ganz unruhig.
»Ser Ilyn ist der Henker des Königs, nicht Ser Loras«, wandte Jeyne ein. »Ihn hätte Lord Eddard schicken sollen.«
Ein Schauer durchfuhr Sansa. Jedes Mal, wenn sie Ser Ilyn Payn sah, lief es ihr kalt über den Rücken. Dann war ihr, als glitte etwas Totes über ihre nackte Haut. »Ser Ilyn ist
fast selbst ein Ungeheuer. Ich bin froh, dass Vater ihn nicht schicken wollte.«
»Lord Beric ist ein ebensolcher Held wie Ser Loras. Er ist nicht minder tapfer und galant.«
»Vermutlich«, sagte Sansa voller Zweifel. Beric Dondarrion war wirklich gut aussehend, hingegen war er schrecklich alt, fast schon zweiundzwanzig. Der Ritter der Blumen wäre viel besser gewesen. Natürlich hatte sich Jeyne in Lord Beric schon verliebt, als sie ihn zum ersten Mal beim Turnier gesehen hatte. Sansa fand sie etwas albern. Schließlich war Jeyne nur eine Haushofmeisterstochter, und sosehr sie ihn auch anhimmelte, würde Lord Beric doch niemals jemanden auch nur eines Blickes würdigen, der so weit unter ihm stand, selbst wenn sie nicht erst halb so alt wie er gewesen wäre.
Allerdings wäre es unfreundlich gewesen,
Weitere Kostenlose Bücher