Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell
eifrig darauf bedacht, als Erste zu sprechen. »Sie hat mich eine Lügnerin geschimpft und eine Orange nach mir geworfen und mein Kleid ruiniert, die elfenbeinfarbene Seide, die Königin Cersei mir geschenkt hat, als ich mit Prinz Joffrey verlobt wurde. Sie will nicht, dass ich den Prinzen heirate. Sie versucht, alles zu verderben, Vater. Sie kann es nicht ertragen, dass irgendetwas schön oder hübsch oder prunkvoll ist.«
»Genug, Sansa.« Aus Lord Eddards Stimme klang scharf seine Ungeduld heraus.
Arya hob den Blick. »Es tut mir leid, Vater. Ich hatte Unrecht und bitte meine Schwester um Verzeihung.«
Einen Moment lang war Sansa so verblüfft, dass ihr die Worte fehlten. Schließlich fand sie ihre Stimme wieder. »Was ist mit meinem Kleid?«
»Vielleicht … könnte ich es waschen«, sagte Arya unsicher.
»Waschen wird nichts nützen«, sagte Sansa. »Nicht mal, wenn du Tag und Nacht schrubben würdest. Die Seide ist ruiniert.«
»Dann … mache ich dir ein neues«, schlug Arya vor.
Voller Verachtung warf Sansa den Kopf in den Nacken. »Du? Du könntest nicht mal ein Kleid nähen, das gut genug wäre, damit einen Schweinestall auszukehren.«
Ihr Vater seufzte. »Ich habe euch nicht rufen lassen, um über Kleider zu streiten. Ich schicke euch beide nach Winterfell zurück.«
Zum zweiten Mal war Sansa so verblüfft, dass ihr die Worte fehlten. Sie merkte, wie ihre Augen wieder feucht wurden.
»Das darfst du nicht«, sagte Arya.
»Bitte, Vater«, brachte Sansa schließlich hervor. »Bitte nicht.«
Eddard Stark schenkte seinen Töchtern ein müdes Lächeln. »Zumindest seid ihr euch diesmal einig.«
»Ich hab nichts Unrechtes getan«, flehte Sansa ihn an. »Ich will nicht dorthin zurück.« Sie liebte Königsmund, den Prunk bei Hofe, die hohen Lords und Ladys in Samt und Seide und Edelsteinen, die große Stadt mit all den Menschen. Das Turnier war die magischste Zeit in ihrem ganzen Leben gewesen, und es gab so vieles, was sie noch nicht gesehen hatte, Erntefeste und Maskenbälle und Mummenschanz. Den Gedanken, das alles zu verlieren, konnte sie nicht ertragen. »Schick Arya fort, sie hat angefangen, Vater, ich schwöre es. Ich werde brav sein, du wirst sehen, lass mich nur bleiben, und ich verspreche, ich werde so fein und edel und höfisch wie die Königin selbst sein.«
Vaters Mund zuckte eigentümlich. »Sansa, ich schicke euch nicht fort, weil ihr gestritten habt, auch wenn allein die Götter wissen, wie satt ich euren ständigen Streit habe. Ich wünsche zu eurer eigenen Sicherheit, dass ihr nach Winterfell geht. Drei meiner Männer wurden wie Hunde niedergemacht, keine Wegstunde von hier. Und was macht Robert? Er geht auf die Jagd.«
Arya kaute an ihrer Lippe herum wie stets auf diese abstoßende Art und Weise. »Können wir Syrio mitnehmen?«
»Wen interessiert dein dämlicher Tanzlehrer?« , fuhr Sansa sie an. »Vater, eben fällt mir ein, dass ich nicht fahren kann. Ich soll Prinz Joffrey heiraten.« Sie gab sich alle Mühe, ihn tapfer anzulächeln. »Ich liebe ihn, Vater, ich liebe ihn wirklich. Ich liebe ihn so sehr, wie Königin Naerys Prinz Aemon, den Drachenritter, geliebt hat, so sehr, wie Jonquil Ser Florian geliebt hat. Ich will seine Königin sein und seine Kinder bekommen.«
»Meine Süße«, sagte ihr Vater zärtlich, »hör mir zu. Wenn du volljährig bist, werde ich dich mit einem Lord zusammenbringen, der deiner wert ist, mit jemandem, der tapfer und sanft und stark ist. Diese Verlobung mit Prinz Joffrey war ein schrecklicher Fehler. Dieser Junge ist kein Prinz Aemon, das musst du mir glauben.«
»Ist er doch!« , beharrte Sansa. »Ich will niemanden, der tapfer und sanft ist, ich will ihn. Wir werden so glücklich sein, genau wie in den Liedern, du wirst es sehen. Ich schenke ihm einen Sohn mit goldenem Haar, und eines Tages wird der König über das ganze Reich sein, der größte König, den es je gegeben hat, so mutig wie der Wolf und so stolz wie der Löwe.«
Arya verzog das Gesicht. »Nicht solange Joffrey der Vater ist«, entgegnete sie. »Er ist ein Lügner und ein Feigling, und außerdem ist er ein Hirsch, kein Löwe.«
Sansa spürte Tränen in ihren Augen. »Ist er nicht! Er ist kein bisschen wie der alte Säuferkönig«, schrie sie ihre Schwester an und vergaß sich ganz in ihrer Trauer.
Vater blickte sie seltsam an. »Bei allen Göttern«, fluchte er leise, »aus dem Mund von Kindern …« Er rief nach Septa Mordane. Zu den Mädchen sagte er: »Ich suche eine
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