Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
speichelleckerischen Hunden Angst, die er seine Königsgarde nennt. Wären Chella oder Timett bei Euch, würde niemand wagen, Euch auch nur ein Haar zu krümmen.«
»Ich würde lieber wieder in mein eigenes Bett zurückkehren. « Plötzlich fiel ihr eine Lüge ein, die so richtig erschien, dass sie herausplatzte: »In diesem Turm wurden die Männer meines Vaters niedergemetzelt. Ihre Geister würden mir schreckliche Albträume verursachen, und ich würde Blut sehen, wohin ich auch schaue.«
Tyrion Lennister musterte ihr Gesicht. »Albträume sind mir nicht fremd, Sansa. Vielleicht seid Ihr klüger, als ich dachte. Aber erlaubt mir wenigstens, Euch sicher zu Euren Gemächern zurückzugeleiten.«
CATELYN
Bis sie das Dorf gefunden hatten, war es vollständig dunkel. Catelyn fragte sich, ob der Ort wohl einen Namen hatte. Falls dem so war, hatten seine Bewohner dieses Wissen bei der Flucht samt ihren Habseligkeiten mitgenommen, sogar die Kerzen in der Septe hatten sie nicht zurückgelassen. Ser Wendel zündete eine Fackel an und führte Catelyn durch die niedrige Tür.
Im Inneren waren die sieben Mauern schief und von Rissen durchzogen. Gott ist eins, hatte Septon Osmynd ihr als jungem Mädchen beigebracht, doch hat er sieben Aspekte, so wie die Septe ein Gebäude mit sieben Wänden ist. In den reichen Septen der Städte stand jeweils eine Statue von jedem der Sieben und davor ein Altar. In Winterfell hatte Septon Chayle geschnitzte Masken an jeder Wand aufgehängt. Hier gab es nur grobe Kohlezeichnungen. Ser Wendel steckte die Fackel in einen Halter und ging hinaus, um mit Robar Rois zu warten.
Catelyn betrachtete die Gesichter. Der Vater war wie immer bärtig. Die Mutter lächelte liebevoll und behütend. Unter dem Gesicht des Kriegers war das Schwert gezeichnet, unter dem Schmied der Hammer. Die Jungfrau war wunderschön, und das Alte Weib runzlig und weise.
Und das siebte Gesicht … der Fremde war weder männlich noch weiblich und doch beides, stets der Ausgestoßene, der Wanderer von fernen Orten, mehr oder weniger menschlich, unbekannt und unerkennbar. Hier war sein Antlitz ein schwarzes Oval, ein Schatten mit Sternen als Augen. Catelyn
fühlte sich unbehaglich. In dieser Septe würde sie nur kargen Trost finden.
Sie kniete vor der Mutter. »Mylady, betrachte diese Schlacht mit den Augen einer Mutter. Sie sind alle Söhne, jeder Einzelne. Verschone sie, wenn du kannst, und verschone auch meine eigenen Söhne. Halte Wache über Robb und Bran und Rickon. Wenn ich bloß bei ihnen sein könnte.«
Durch das linke Auge der Mutter verlief ein Riss in der Wand. Er gab ihr den Anschein, als würde sie weinen. Catelyn hörte von draußen Ser Wendels dröhnende Stimme und hin und wieder Ser Robars leise Antworten. Die beiden unterhielten sich über die bevorstehende Schlacht. Haben deine alten Götter dir jemals geantwortet, Ned?, fragte sie sich im Stillen. Wenn du vor dem Herzbaum knietest, haben sie dich angehört?
Das Flackern der Fackeln tanzte auf den Wänden und ließ die Gesichter fast lebendig wirken, verzerrte sie, veränderte sie. Die Statuen in den großen Septen der Städte trugen stets jene Gesichter, die die Steinmetze ihnen verliehen hatten, doch diese einfachen Kohlezeichnungen mochten wer weiß wen darstellen. Der Vater erinnerte sie an ihren eigenen Vater, der auf Schnellwasser im Sterben lag. Der Krieger war Renly und Stannis, Robb und Robert, Jaime Lennister und Jon Schnee. Sie entdeckte sogar Arya in den Zügen, wenngleich nur für einen Augenblick. Dann fuhr ein Windstoß durch die Tür, die Fackel verlosch beinahe, und die Ähnlichkeit war verschwunden, im orangefarbenen Schein verloren.
Der Rauch brannte ihr in den Augen. Sie rieb sie mit den Ballen ihrer vernarbten Hände. Als sie erneut die Mutter betrachtete, erkannte sie ihre eigene Mutter. Lady Minisa Tully war bei der Geburt von Lord Hosters zweitem Sohn im Kindbett gestorben, zusammen mit dem Säugling. Vater war danach nicht mehr derselbe gewesen. Sie war immer so ruhig, dachte Catelyn und erinnerte sich an die sanften Hände ihrer
Mutter und an ihr warmes Lächeln. Wie anders wäre unser Leben verlaufen, wäre sie nicht gestorben. Sie fragte sich, was Lady Minisa wohl denken mochte, wenn ihre älteste Tochter hier vor ihr kniete. Ich bin so viele Meilen weit gereist, und wofür? Wem habe ich damit einen Dienst erwiesen? Ich habe meine Töchter verloren, Robb will meinen Rat nicht mehr, und Bran und Rickon halten mich
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