Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
mehr gefürchtet.
Ohne Xaro wäre sie verloren gewesen. Das Gold, das sie für den Eintritt in die Halle der Tausend Throne verschwendet hatte, hatte sie größtenteils der Großzügigkeit und dem raschen Verstand des Handelsherrn zu verdanken. Während sich das Gerücht der lebenden Drachen im Osten verbreitete, kamen immer mehr Sucher, um zu erfahren, ob die Berichte der Wahrheit entsprachen – und Xaro Xhoan Daxos sorgte dafür, dass die Mächtigen und die Geringen gleichermaßen der Mutter der Drachen Geschenke entboten.
Das Rinnsal, das er ins Fließen gebracht hatte, schwoll bald zum Strom an. Handelskapitäne brachten ihr Spitze aus Myr, Truhen voller Safran aus Yi Ti, Bernstein und Drachenglas aus Asshai. Kaufleute schenkten ihr Beutel mit Gold, Silberschmiede Ringe und Ketten. Flötenspieler spielten für sie auf, Akrobaten vollführten Kunststücke, Jongleure jonglierten, während Färber sie in Farben hüllten, von deren Existenz sie nichts geahnt hatte. Ein Paar aus Jogos Nhai überbrachte ihr eines ihrer wilden, schwarzweiß gestreiften
Pferde. Eine Witwe schenkte ihr den getrockneten Leib ihres verstorbenen Mannes, der mit einer Kruste aus Silberblättern überzogen war; solchen sterblichen Überresten wurde große Macht nachgesagt, vor allem wenn es sich bei dem Hingeschiedenen um einen Zauberer handelte, wie in diesem Fall. Und die Turmalinbruderschaft drängte ihr eine Krone auf, die wie ein dreiköpfiger Drache geformt war; der Körper war golden, die Flügel silbern und die Köpfe aus Jade, Elfenbein und Onyx geschnitzt.
Die Krone war das einzige Geschenk, das sie behielt. Den Rest verkaufte sie, um das Geld zu bekommen, das sie dann an die Reingeborenen verschwendet hatte. Xaro hätte auch die Krone verkauft – die Dreizehn würden ihr eine schönere schenken, schwor er, doch Dany verbot es. »Viserys hat die Krone meiner Mutter verkauft, und die Menschen nannten ihn einen Bettler. Ich werde diese behalten, damit die Menschen mich eine Königin nennen.« Und so trug sie die Krone, obwohl ihr von dem Gewicht der Nacken schmerzte.
Wenn auch gekrönt, eine Bettlerin bin ich noch immer, dachte Dany. Ich bin die prächtigste Bettlerin der Welt, und trotzdem nur eine Bettlerin. Sie hasste es genauso, wie ihr Bruder es einst gehasst haben musste. All diese Jahre, in denen wir von Stadt zu Stadt hasteten, um den Meuchlern des Thronräubers stets einen Schritt voraus zu sein, und Archonten und Fürsten und Magister um Hilfe baten und uns das Essen mit Schmeicheleien erkauften. Er muss gewusst haben, wie sehr sie ihn verachteten. Kein Wunder, dass er so wütend und verbittert wurde. Am Ende hatte es ihn in den Wahnsinn getrieben. Mir wird das Gleiche widerfahren, wenn ich es zulasse. Ein Teil von ihr hätte ihr Volk am liebsten zurück nach Vaes Tolorro geführt, um die tote Stadt aufblühen zu lassen. Nein, das würde die Niederlage bedeuten. Ich habe etwas, das Viserys nie besessen hat. Ich habe die Drachen. Die Drachen machen den Unterschied.
Sie streichelte Rhaegal. Der grüne Drache legte die Zähne um das Fleisch ihrer Hand und biss heftig zu. Draußen
murmelte und summte die große Stadt, und die Myriaden von Stimmen verschmolzen zu einem tiefen Laut, der an das Donnern der Brandung erinnerte. »Macht Platz, ihr Milchmenschen, macht Platz für die Mutter der Drachen«, rief Jhogo, und die Qartheen wichen zur Seite, wenn auch vielleicht eher wegen der Ochsen als wegen Jhogos Stimme. Durch die schwankenden Vorhänge konnte Dany ihn gelegentlich auf seinem grauen Hengst sehen. Von Zeit zu Zeit versetzte er dem vorderen Ochsen einen Hieb mit der Peitsche, die einen Silbergriff hatte und die sie ihm geschenkt hatte. Aggo bewachte die andere Seite, während Rakharo hinter ihnen ritt und in den Gesichtern der Menge nach Anzeichen von Gefahr suchte. Ser Jorah war heute zu Hause geblieben, um die anderen Drachen zu bewachen; der verbannte Ritter hatte sich diesem närrischen Unternehmen von Anfang an widersetzt. Er misstraut jedem, ging es ihr durch den Kopf, und vermutlich aus gutem Grund.
Als Dany den Kelch hob und Wein trinken wollte, schnüffelte Rhaegal daran, zischte und zog den Kopf zurück. »Euer Drache hat eine feine Nase.« Xaro wischte sich den Mund. »Der Wein ist sehr gewöhnlich. Es heißt, jenseits der Jadesee würde ein goldener Trunk gekeltert, von dem man nur einen Schluck zu trinken braucht, und alle anderen Weine schmecken wie Essig. Lasst uns meine Lustbarke nehmen und nach ihm
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