Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
Davos die Geschwindigkeit, bis sie sehr langsam dagegentrieben.
»Weiter geht es nicht, es sei denn, Ihr hättet einen Mann im Inneren, der das Tor für uns öffnet.« Sein Flüstern kroch einer Kolonne Mäusen gleich auf weichen rosa Füßen über das Wasser.
»Sind wir bereits innerhalb der Mauern?«
»Ja. Wir sind darunter hindurchgefahren. Weiter kommen wir nicht. Das Fallgitter reicht bis zum Boden. Und die Gitterstäbe sitzen zu dicht aneinander. Da käme selbst ein Kind nicht durch.«
Außer einem leisen Rascheln erhielt er keine Antwort. Dann leuchtete inmitten der Finsternis ein Licht auf.
Davos hob die Hand schützend vor die Augen. Der Atem stockte ihm. Melisandre hatte die Kapuze zurückgeworfen und ihre erdrückende Robe abgestreift. Darunter war sie nackt und hochschwanger. Die geschwollenen Brüste hingen herab, und ihr Bauch wölbte sich, als würde er im nächsten Moment platzen. »Mögen die Götter uns beschützen« , flüsterte er und hörte ihre Erwiderung, ein tiefes, kehliges Lachen. Ihre Augen funkelten wie heiße Kohlen, und der Schweiß auf ihrer Haut schien in seinem eigenen Licht zu glühen. Melisandre strahlte.
Keuchend hockte sie sich nieder und spreizte die Beine. Blut, schwarz wie Tinte, rann über ihre Schenkel. Ihr Schrei mochte den Qualen oder der Ekstase oder gar beidem entspringen.
Und Davos sah die Krone des Kindskopfes, der sich den Weg aus ihr heraus bahnte. Zwei Arme befreiten sich, streckten sich, umfassten mit schwarzen Fingern Melisandres angespannte Schenkel und zogen, bis der ganze Schatten hinaus in die Welt glitt und größer wurde als Davos, hoch wie der Tunnel und bis zur Decke über dem Boot aufragte. Nur ein Augenblick blieb ihm, um ihn zu betrachten, dann war der Schatten verschwunden, hatte sich zwischen den Gitterstäben des Fallgitters hindurchgewunden und huschte über die Oberfläche des Wassers. Doch dieser kurze Augenblick hatte Davos genügt.
Er kannte diesen Schatten. Und er kannte auch den Mann, der ihn geworfen hatte.
JON
Der Ton hallte durch die schwarze Nacht. Jon drückte sich auf einem Ellbogen hoch und griff aus reiner Gewohnheit nach Langklaue, während das Lager zum Leben erwachte. Das Horn, das die Schläfer weckt, dachte er.
Der lange tiefe Ton hielt sich am Rande des Hörbaren. Die Wachen auf der Ringmauer standen still, ihr Atem gefror zu Raureif, und ihre Köpfe waren nach Westen gewandt. Langsam ebbte der Klang des Horns ab, und nun hörte sogar der Wind auf zu wehen. Männer wälzten sich aus ihren Decken, griffen nach ihren Speeren und Schwertgurten, bewegten sich leise und lauschten. Ein Pferd wieherte und wurde von irgendjemandem beruhigt. Die Brüder der Nachtwache warteten auf einen zweiten Hornstoß, beteten, dass sie ihn nicht hören würden, und fürchteten genau dies.
Nachdem die Stille unerträglich lang angedauert hatte und die Männer wussten, dass das Horn nicht erneut ertönen würde, grinsten sie einander verlegen an, als wollten sie ihre Angst leugnen. Jon Schnee warf ein paar Stöcke ins Feuer, legte den Schwertgurt um, zog sich die Stiefel an und warf sich den Mantel um die Schultern. Neben ihm loderten die Flammen auf, und die Hitze strahlte ihm angenehm ins Gesicht, während er sich anzog. Er hörte den Lord Kommandanten, der sich im Zelt bewegte. Kurz darauf hob Mormont die Zeltklappe hoch. »Ein Ton?« Auf seiner Schulter saß still der aufgeplusterte Rabe und sah elend aus.
»Einer, Mylord«, bestätigte Jon. »Brüder, die zurückkehren. «
Mormont trat zum Feuer. »Halbhand. Wird auch Zeit.« Mit jedem Tag, den sie warteten, war Mormont nervöser geworden; viel länger hätte er das nicht mehr ausgehalten. »Kümmere dich darum, dass es für die Männer warmes Essen und für die Pferde Futter gibt. Ich will Qhorin sofort sprechen.«
»Mylord, ich werde ihn zu Euch führen.« Die Männer vom Schattenturm waren bereits vor Tagen erwartet worden. Als sie nicht auftauchten, hatten sich die Brüder Sorgen gemacht. Jon hatte am Lagerfeuer düstere Vermutungen gehört, und nicht nur vom Schwermütigen Edd. Ser Ottyn Wyters war dafür, sich so schnell wie möglich in die Schwarze Festung zurückzuziehen. Ser Mallador Locke wollte zum Schattenturm aufbrechen, weil er hoffte, dabei auf Qhorins Fährte zu stoßen und herauszufinden, was ihm zugestoßen sein mochte. Und Thoren Kleinwald wollte hinauf in die Berge ziehen. »Manke Rayder weiß, dass er gegen die Wache in die Schlacht ziehen muss«, hatte Thoren
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