Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
größten Teil außerhalb der Käfige auf, badeten im Wasser oder hockten auf den Gitterstäben; in den Käfigen waren Männer. Zit zügelte mit finsterer Miene sein Pferd. »Was ist denn das nun wieder?«
»Gerechtigkeit«, antwortete eine Frau am Brunnen.
»Was denn, sind euch die Hanfseile ausgegangen?«
»Ist dies auf Ser Wilberts Anordnung hin geschehen?«, erkundigte sich Tom.
Ein Mann lachte bitter. »Die Löwen haben Ser Wilbert vor einem Jahr umgebracht. Seine Söhne sind beim Jungen Wolf und fressen sich im Westen satt. Glaubt Ihr, sie würden sich auch nur einen Dreck um uns scheren? Der Verrückte Jägersmann hat diese Wölfe gefangen.«
Wölfe. Arya wurde kalt. Robbs Männer, und die meines Vaters. Wie magisch fühlte sie sich von den Käfigen angezogen. Die Kerker aus Stangen boten so wenig Platz, dass die Männer darin weder sitzen noch sich umdrehen konnten; nackt standen sie da und waren Sonne, Wind und Regen schutzlos ausgeliefert. Die in den ersten drei Käfigen waren tot. Aaskrähen hatten ihnen die Augen ausgepickt, doch die leeren Höhlen schienen sie zu verfolgen. Der vierte Mann regte sich, als sie vorbeiritt. Der verfilzte Bart um seinen Mund war voller Blut und Fliegen, die auseinanderstoben, als er sprach, und brummend um seinen Kopf schwärmten. »Wasser«, krächzte er. »Bitte ... Wasser ... «
Der Mann im nächsten Käfig schlug nun ebenfalls die Augen auf »Hier«, sagte er, »hier, ich.« Er war schon alt; sein Bart war grau, sein Kopf kahl und von Altersflecken übersät.
Neben dem Alten lag wieder ein Toter im nächsten Käfig, ein großer rotbärtiger Mann mit einem verrottenden grauen Verband, der das linke Ohr und einen Teil der Schläfe bedeckte. Das Schlimmste jedoch war, dass zwischen seinen Beinen nichts geblieben war außer einem braunen Loch, in dem es von Maden nur so wimmelte. Der Nächste war ein fetter Kerl. Der Krähenkäfig war so fürchterlich eng, dass sie kaum begreifen konnte, wie man den Mann dort hineingestopft hatte. Das Eisen grub sich in seinen Bauch, und die Wülste drängten sich zwischen den Stangen hindurch. In langen Tagen, an denen er der Sonne ausgesetzt war, hatte er vom Scheitel bis zur Sohle eine ungesunde rote Farbe angenommen. Wenn er sein Gewicht verlagerte, quietschte und schwankte der Käfig, und Arya sah weiße Streifen, wo die Haut bisher vom Gitter vor der Sonne geschützt gewesen war.
»Wessen Männer wart ihr?«, fragte sie.
Beim Klang ihrer Stimme öffnete der Dicke die Augen. Die Haut darum herum war tiefrot, und es sah so aus, als schwämmen gekochte Eier in einer Blutsuppe. »Wasser ... trinken ... «
»Wessen Männer?«, wiederholte sie.
»Beachte sie nicht, Junge«, riet der Stadtwächter ihr. »Sie brauchen dich nicht zu kümmern. Reite einfach vorbei.«
»Was haben sie getan?«, erkundigte sie sich.
»Sie haben in Becherfall acht Menschen mit dem Schwert getötet«, erklärte er. »Sie wollten den Königsmörder, aber er war nicht dort, also haben sie geschändet und gemordet.« Er deutete auf die Leiche mit den Maden an Stelle seiner Männlichkeit. »Der dort hat die Schändungen begangen. Jetzt weiter mit dir.«
»Nur einen Schluck«, rief der Fette herunter. »Hab Gnade, Junge, einen einzigen Schluck.« Der Alte hob den Arm und packte die Stangen. Durch diese Bewegung begann sein Käfig wild zu schwingen. »Wasser«, keuchte der mit den Fliegen im Bart.
Sie betrachtete das verfilzte Haar, die zotteligen Bärte und die geröteten Augen, die trockenen, aufgesprungenen blutenden Lippen. Wölfe, dachte sie erneut. Wie ich. Gehörten sie zu ihrem Rudel? Wie konnten sie Robbs Männer gewesen sein? Sie hätte diese Kerle am liebsten geschlagen. Sie hätte ihnen am liebsten wehgetan. Sie hätte am liebsten geweint. Alle schienen sie anzustarren, die Lebenden und die Toten. Der alte Mann quetschte drei Finger durch die Stangen. »Wasser«, sagte er, »Wasser.«
Arya schwang sich aus dem Sattel. Sie können mir nichts anhaben, sie sind ja schon halb tot. Also nahm sie ihren Becher aus ihrem Gepäck und ging zum Brunnen. »Was machst du denn da, Junge?«, fauchte der Stadtwächter. »Die gehen dich überhaupt nichts an.« Sie hielt den Becher unter das Maul des Fisches. Das Wasser spritzte über ihre Hände und in ihre Ärmel,
doch sie bewegte sich nicht, ehe es über den Rand lief. Als sie sich wieder den Käfigen zuwandte, wollte der Stadtwächter sie aufhalten. »Wag dich ja nicht in ihre Nähe, Junge ...«
»Sie ist
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