Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
kleines Kind seid Ihr, und vor allem kein Krieger. Bleibt, ich flehe Euch an, wir werden uns weiter unterhalten, und Ihr werdet essen, und vielleicht segeln wir nach Braavos und heuern einen Mann ohne Gesicht an, ja? Aber Ihr, nein, Ihr müsst sitzen bleiben und essen.«
Er macht es mir noch viel schwerer , dachte Davos müde, und es ist bereits so fürchterlich schwer. »Die Rache brodelt in meinem Bauch, Salla. Sie lässt keinen Platz für Speisen. Lasst mich gehen. Um unserer Freundschaft willen, wünscht mir Glück und lasst mich gehen.«
Salladhor Saan stemmte sich hoch. »Ihr seid kein wahrer Freund, denke ich. Wenn Ihr tot seid, wer wird Eure Asche und Eure Knochen zu Eurer Hohen Gemahlin bringen und ihr mitteilen, dass sie einen Mann und vier Söhne verloren hat? Nur der traurige alte Salladhor Saan. Soll es so sein, tapferer Ser Ritter, dann lauft geradewegs in Euer Grab. Ich werde Eure Knochen in einem Sack sammeln und sie den Söhnen überbringen, die Ihr zurücklasst, damit sie sie in kleinen Beuteln um den Hals tragen können.« Er fuchtelte wild mit der Hand herum; an jedem Finger steckte ein Ring. »Geht, geht, geht, geht, geht.«
Davos wollte sich nicht auf diese Weise verabschieden. »Salla ...«
»GEHT. Oder bleibt, das wäre besser, doch wenn Ihr gehen wollt, dann geht jetzt.«
Er ging.
Sein Gang von der Reiche Ernte zu den Toren von Drachenstein war lang und einsam. Die Hafenstraßen, wo sich einst Soldaten, Seeleute und einfaches Volk getummelt hatten, waren leer und verlassen. Wo er sich früher zwischen quiekenden Schweinen und nackten Kindern hindurchgedrängt hatte, huschten nun Ratten hin und her. Seine Beine fühlten sich an wie Haferbrei, und dreimal musste er wegen des quälenden Hustens stehen bleiben und sich ausruhen. Niemand kam ihm zu Hilfe, es spähte sogar nicht einmal jemand durch die Fenster, um nachzuschauen, was los war. Die Läden waren geschlossen, die Türen verrammelt, und über die Hälfte der Häuser zeigten Zeichen der Trauer. Tausende sind auf den Schwarzwasser gesegelt, und Hunderte kamen zurück , überlegte Davos. Meine Söhne sind nicht allein gefallen. Möge die Mutter ihre Gnade über ihnen allen leuchten lassen.
Als er die Burgtore erreichte, fand er diese ebenfalls verschlossen vor. Davos pochte mit der Faust an das eisenbeschlagene Holz. Da er keine Antwort erhielt, trat er dagegen, wieder und immer wieder. Endlich erschien oben auf dem
Vorwerk ein Armbrustschütze und spähte zwischen zwei hoch aufragenden Steinfiguren nach unten. »Wer da?«
Er reckte seinen Hals nach hinten und legte die Hände trichterförmig an den Mund. »Ser Davos Seewert bittet um Audienz bei Seiner Gnaden.«
»Seid Ihr betrunken? Macht Euch fort und hört mit dem Lärm auf.«
Salladhor Saan hatte ihn gewarnt. Davos versuchte es auf andere Weise. »Schickt nach meinem Sohn. Devan, der Knappe des Königs.«
Die Wache runzelte die Stirn. »Wer, sagt Ihr, wollt Ihr sein?«
»Davos«, rief er. »Der Zwiebelritter.«
Der Kopf verschwand und tauchte einen Augenblick später wieder auf. »Schert Euch weg. Der Zwiebelritter ist auf dem Fluss gefallen. Sein Schiff ist verbrannt.«
»Sein Schiff verbrannte«, stimmte Davos zu, »er hingegen hat überlebt, und hier steht er vor Euch. Ist Jat noch immer Hauptmann am Tor?«
»Wer?«
»Jat Brombeer. Er kennt mich sehr gut.«
»Hab noch nie von ihm gehört. Höchstwahrscheinlich ist er tot.«
»Und Lord Chyttering?«
»Den kenne ich. Der ist auf dem Schwarzwasser verbrannt. «
»Hakengesicht Will? Hal das Ferkel?«
»Tot, und nochmals tot«, antwortete der Armbrustschütze, doch sein Gesicht verriet plötzlich Zweifel. »Wartet hier.« Abermals verschwand er.
Davos wartete. Gestorben, alle gestorben, dachte er matt und erinnerte sich daran, wie Hals fetter weißer Bauch immer unter seinem verschmierten Wams zum Vorschein gekommen war, an die lange Narbe, die ein Fischhaken auf Wills Gesicht hinterlassen hatte, an die Art, wie Jat stets den Hut vor jedem weiblichen Wesen gelüftet hatte, mochte es fünf oder fünfzig
sein, von hoher Geburt oder gemeiner Herkunft. Ertrunken oder verbrannt; zusammen mit meinen Söhnen und Tausenden anderen krönen sie ihren König jetzt in der Hölle.
Plötzlich war der Armbrustschütze wieder da. »Kommt zum Ausfalltor, dort wird man Euch hereinlassen.«
Davos tat wie ihm geheißen. Die Wachen, die ihn einließen, waren ihm fremd. Sie trugen Speere und das Fuchs-und-Blumen-Wappen des Hauses
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