Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
es in diesem Wald, und gefleckte Tiger und Halbaffen mit silbernem Fell und riesigen roten Augen, doch alle flohen vor dem heranrückenden Khalasar , und Dany bekam sie nicht zu sehen.
Mittlerweile waren ihre Qualen nur noch schwindende Erinnerung. Noch immer tat ihr nach einem Tagesritt so manches weh, doch inzwischen hatte der Schmerz etwas Liebliches an sich, und jeden Morgen stieg sie bereitwillig in den Sattel, begierig zu erfahren, welche Wunder in den vor ihr liegenden Ländern auf sie warteten. Selbst in den Nächten fand sie bisweilen Freude, und wenn sie nach wie vor aufschrie, wenn Drogo sie nahm, so doch nicht mehr nur vor Schmerz.
Am Fuße des Hügels wuchs das Gras hoch und biegsam. Danys Pferd fiel in den Trab, und sie ritt auf die Steppe hinaus, verlor sich im Grün, glücklich allein. Im Khalasar war sie nie allein. Khal Drogo kam erst zu ihr, wenn die Sonne untergegangen war, doch ihre Dienerinnen speisten und badeten sie und schliefen am Eingang zu ihrem Zelt, Drogos Blutreiter und die Männer ihres khas waren nie weit, und ihr Bruder blieb ein ungeliebter Schatten, Tag und Nacht. Dany konnte ihn oben auf dem Hügel hören, mit schriller Stimme schrie er Ser Jorah wütend an. Sie ritt vorwärts, ergab sich dem Dothrakischen Meer.
Das Grün verschlang sie. Die Luft war voller Düfte von Erde und Gras, vermischt mit dem Geruch des Pferdes und Danys Schweiß und dem Öl in ihrem Haar. Dothrakische Düfte. Plötzlich drängte es sie danach, den Boden unter ihren Füßen zu spüren, ihre Zehen in die dicke, schwarze Erde zu graben. Als sie sich aus ihrem Sattel schwang, ließ sie die Silberne grasen, während sie ihre hohen Stiefel auszog.
Viserys kam wie ein Sommersturm über sie, und sein Pferd bäumte sich auf, als er zu fest an dessen Zügeln riss. » Wag es nicht!«, schrie er sie an. »Du gibst mir Befehle? Mir ?« Er sprang von seinem Pferd und stolperte. Sein Gesicht war puterrot, als er auf die Beine kam. Er packte sie, schüttelte sie. »Hast du vergessen, wer du bist? Sieh dich an, sieh dich an!«
Dany musste nicht hinsehen. Sie war barfüßig, mit geöltem Haar, trug das dothrakische Reitleder und eine bemalte Weste, die eins ihrer Brautgeschenke gewesen war. Sie sah aus, als gehörte sie hierher. Viserys war schmutzig und verschwitzt in seiner Stadtkleidung aus Seide und Ketten.
Er schrie noch immer. »Du wirst dem Drachen nichts befehlen. Hast du mich verstanden? Ich bin der Lord der Sieben Königslande, ich werde keine Befehle von der Hure eines Reiterlords annehmen, hörst du, was ich sage?« Seine Hand fuhr unter ihre Weste, und seine Finger gruben sich schmerzhaft in ihre Brust. »Hörst du, was ich sage?«
Dany stieß ihn heftig von sich.
Viserys starrte sie an, und seine veilchenblauen Augen blickten ungläubig. Nie zuvor hatte sie sich ihm widersetzt. Zorn verzerrte seine Miene. Er würde ihr etwas antun, furchtbar wehtun, das wusste sie.
Krack.
Die Peitsche klang wie ein Blitzschlag. Sie rollte sich Viserys um den Hals und riss ihn rückwärts. Mit allen vieren von sich landete er im Gras, verdutzt und würgend. Die dothrakischen Reiter johlten, als er versuchte, sich zu befreien. Der mit der Peitsche, der junge Jhogo, schnarrte eine Frage hervor. Dany verstand seine Worte nicht, doch inzwischen war Irri da und auch Ser Jorah mit dem Rest ihres khas . »Jhogo fragt, ob Ihr seinen Tod wünscht, Khaleesi «, sagte Irri.
»Nein«, erwiderte Dany. »Nein.«
Das verstand Jhogo. Einer der anderen bellte einen Kommentar, und die Dothraki lachten. Irri erklärte ihr: »Quara meint, Ihr solltet sein Ohr einfordern, um ihn Respekt zu lehren. «
Ihr Bruder lag auf den Knien, seine Finger krallten sich unter die Lederschlinge, er heulte unverständlich und rang um Luft.
»Sagt ihnen, ich wünsche nicht, dass man ihm etwas antut«, sagte Dany.
Irri wiederholte die Worte auf Dothrakisch. Jhogo zog an seiner Peitsche und riss Viserys wie eine Marionette herum. Wieder landete er der Länge nach am Boden, von der ledernen Umarmung befreit, eine dünne Blutspur unter seinem Kinn, wo die Peitsche tief eingeschnitten hatte.
»Ich habe ihn gewarnt, dass so etwas geschehen würde, Mylady«, rechtfertigte sich Ser Jorah Mormont. »Ich habe ihm gesagt, dass er auf dem Hügel bleiben soll, ganz wie Ihr befohlen hattet.«
»Das weiß ich«, erwiderte Dany mit einem Blick auf Viserys. Er lag am Boden, sog lautstark Luft in seine Lungen, rotgesichtig und schluchzend. Er war ein
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